Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
viel zu einfach und nur ein Mittel zum Zweck gewesen.
Marla war es, die er wollte. Und zwar schon immer.
»… Und dann habe ich getan, als würde ich schlafen, und als er hereinkam, habe ich versucht, ihn zu täuschen, so zu tun, als wüsste ich nicht, wovon er redete, als sei ich nie in seinem Büro gewesen«, erklärte Marla und setzte sich im Wohnzimmer aufs Sofa. Nick hatte Feuer im Kamin gemacht, stand, die leere Kaffeetasse in der Hand, mit dem Rücken zu den Flammen und sah Marla an. Sie hatten die Kaffeekanne bereits geleert, als das Haus sich zu regen begann. Die Köchin hantierte schon in der Küche, und bald würde Cissy aufstehen und zur Schule gehen. »Ich habe einiges in seinem Schreibtisch gefunden. Zum Beispiel eine Waffe. Ich habe sie an mich genommen und in meinem Zimmer unter der Matratze versteckt. Und dann noch eine Karteikarte mit Kylie Paris’ Adresse und Telefonnummer. Die habe ich ebenfalls eingesteckt. Und einen Krankenhausbericht über Marla Cahills Hysterektomie. Totaloperation«, ergänzte sie, und tausend Fragen geisterten ihr durch den Kopf, während der Kaffee ihre Lebensgeister weckte. »Sie liegt drei Jahre zurück.«
Nick sah sie wachsam an. »Dann bist du entweder nicht Marla Cahill, oder das Baby ist nicht deines.«
»James ist mein Kind«, versicherte Marla, ohne zu zögern. Ganz gleich, was kam, sie wusste mit absoluter Sicherheit, dass sie ihr Kind zur Welt gebracht hatte. Sie nahm einen Schluck von ihrem lauwarmen Kaffee und leerte die Tasse, bevor sie fortfuhr: »Und irgendwie ist Dr.Robertson in diese Sache verwickelt. Er wollte nicht zulassen, dass ich Marla Cahills Krankenberichte einsah, obwohl die Operation in Los Angeles in einer Privatklinik durchgeführt worden ist, nicht im Bayview. Doch in meiner Akte muss es eine Anmerkung geben oder irgendeine Bezugnahme darauf. Jedenfalls hat der Arzt mich, aus welchem Grund auch immer, nicht einmal einen kurzen Blick darauf werfen lassen.«
»Hol Kylies Adresse, wir fahren hin«, sagte Nick und rieb den dunklen Bartschatten auf Kinn und Wangen. Marla dachte an das leichte Kratzen seiner Bartstoppel, das sie noch vor einer knappen halben Stunde auf ihrer Haut gespürt hatte.
»Was ist mit der Pistole?« Sie schauderte bei dem Gedanken an die kalte, tödliche Waffe.
»Halte sie erst einmal versteckt. Damit sie Alex nicht in die Hände bekommt. Ob das Hausmädchen sie unter der Matratze findet?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Nicht einmal, wenn sie die Bettwäsche wechselt.«
»Gut.« Er ging in die Eingangshalle.
»Ohne das Baby gehe ich nicht, Nick. Ich kann das Risiko nicht eingehen, dass Alex womöglich versucht, seinen Sohn zu entführen.«
»Aus seinem eigenen Haus?«
»Egal von wo.« Marla blieb unerbittlich. Fest. In erster Linie galt es, ihr Kind zu beschützen. »Und wir müssen auch Cissy in Sicherheit bringen.«
»Vor Alex?«
»Und vor Gott weiß wem.« Marlas Magen krampfte sich zusammen, als sie an den Mann dachte, der angeblich ihr Gatte war. Nick hatte ihr mittlerweile vom schrumpfenden Vermögen von Cahill Limited berichtet, von Pam Delacroix’ Absicht, ein Buch zu schreiben, und von Julie Johnsons Verbindung zu Alex. Marla wusste nun auch, dass Alex dem Reverend die Schuld an dem Skandal zugeschoben und dann allen Betroffenen Schweigegeld gezahlt hatte. Es war nicht einmal auszuschließen, dass er hinter Charles Biggs’ Tod und den Anschlägen auf Marlas Leben steckte.
Sie hatte Grund genug zur Angst. Um ihr Leben. Um das ihres Sohnes. Um Nicks. »Du hast nie den Hass in seinem Gesicht erlebt. Die Art, wie er mich bedroht hat.«
»Dann nehmen wir James mit«, erklärte Nick sich einverstanden.
»Und wir warten, bis Cissy in der Schule ist. Ich denke, dort ist sie in Sicherheit«, sagte Marla vorausdenkend. »Eigentlich glaube ich nicht, dass sie in Gefahr ist. Was auch immer da im Busch ist, es hängt mit James zusammen. Und mit mir.«
Nick hielt ihren Blick fest. »Wegen des Testaments.«
»Was?« Marla gefiel nicht, in welche Richtung Nick zu denken schien.
»Der Kleine steht im Mittelpunkt dieser Sache, weil er den Großteil von Conrad Amhursts Vermögen erbt«, erklärte Nick, und Marla glaubte, die Totenglocke läuten zu hören.
»Das ist noch schlimmer, als ich dachte.« Sie stellte die leere Tasse auf dem Tisch ab. »Wenn du recht hast, dann ist James in Sicherheit, bis Dad – Conrad – stirbt. Und danach …«
»Er ist genauso überflüssig wie du«, vervollständigte
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