Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Haight-Ashbury vorbei bis zu dieser ummauerten Festung.
Ihrem Zuhause.
Ein elektronisch gesteuertes Tor schwang auf, und das riesige Herrenhaus mit Dutzenden von Fenstern in den Backsteinmauern schimmerte im Zwielicht. Alte Rhododendren und Azaleen säumten wie Wachposten die gepflasterten Wege und Steinstufen zu einer Eingangstür, die vertraut wirkte.
Die Erleichterung trieb ihr Tränen in die Augen. »Ich erinnere mich«, flüsterte sie und kam sich vor wie eine sentimentale Närrin.
»Tatsächlich?« Alex lächelte breit, doch in seinem Blick lag nicht viel Wärme, so, als ob er ihr nicht recht traute.
»Glaubst du, ich sage das nur so?«
»Nein, natürlich nicht.« Er nahm ihre Hand und verschränkte die Finger mit ihren. Doch das kurze Hochgefühl, die Hoffnung, dass ihr Gedächtnis zurückkehrte, verflüchtigte sich, als Lars den Wagen in eine Tiefgarage lenkte und Marla nichts wiedererkannte. Ein silberner Jaguar war dort abgestellt, und es blieb noch Platz für ein zweites Fahrzeug, offenbar für ihren Wagen.
»Wo ist …?«
»Dein Porsche ist in der Werkstatt, sie warten noch auf ein Ersatzteil.«
»Ich habe einen Porsche gefahren?«
»Ja«, sagte Alex. »Und du wirst ihn bald wieder fahren. Sobald du ganz gesund bist und wir den Wagen zurückbekommen. Aber vielleicht solltest du noch eine Weile warten … wegen des Unfalls.«
Sie schluckte krampfhaft. Schauderte. Wenn sie doch nur diese eine Nacht noch einmal erleben könnte! »Wenn Träume Flügel kriegen …«
»Wie bitte?«, fragte Alex.
»Oh, nichts. Nur etwas, das meine Mutter zu sagen pflegte …« Ja! Ihre Mutter, sie hatte eine verschwommene Vorstellung von ihrer Mutter – aber nicht deutlich genug.
»Du erinnerst dich an sie?«
»Ja … Nein, nicht richtig, aber das wird schon.«
Alex griff in seine Tasche nach den Zigaretten.
»Du hast gesagt, sie ist gestorben«, sagte Marla.
»Ja. Schon vor Jahren.«
Schade, dachte sie. Im Augenblick hätte sie eine Mutter brauchen können. Und deine Kinder auch. Geh lieber ins Haus und kümmere dich um sie. Ihr Herz schlug schneller, wenn sie an das Baby dachte. Sie sehnte sich danach, es in den Arm zu nehmen, und dabei erinnerte sie sich nicht einmal an sein kleines Gesichtchen.
Der Gedanke war entmutigend, und sie verdrängte ihn. Lars schaltete den Motor aus, lief um den Bentley herum und öffnete ihr die Tür. Er bot ihr die Hand, als sie ausstieg und in der Garage, die schwach nach Diesel, Öl und Staub roch, stehen blieb. Sie kam sich dumm und unbeholfen vor, als hätte sie seine Hilfe nie zuvor angenommen.
Aber warum sollte sie auch? Wahrscheinlich war sie bisher immer selbst gefahren.
»Danke«, flüsterte sie automatisch und bemerkte einen Ausdruck des Erstaunens in seinen weit auseinanderstehenden Augen.
»Da drüben – der Lift«, erinnerte Alex sie, als ihr Blick über die Betonwände der Tiefgarage wanderte. Sie betrachtete die Radkappen und Werkzeuge, die in einem angrenzenden Raum über einer Werkbank hingen, und hatte das nagende Gefühl, noch niemals hier gewesen zu sein.
Aber du erinnerst dich an das Haus! Wirklich! Mach dir keine Gedanken. »Möchtest du gleich in dein Zimmer gehen und dich ein wenig ausruhen?«, fragte Alex, doch sie schüttelte den Kopf.
»Ich möchte mein Baby sehen.« Marla folgte ihm zum Lift.
»Der Kleine schläft wahrscheinlich.«
»Aber ich will ihn sehen. Sofort.« Sie sah ihrem Mann fest in die Augen. »Das verstehst du doch sicher, oder?«
»Natürlich. Ich dachte nur, du wolltest dich vielleicht erst einmal an das Haus gewöhnen, dich wieder mit allem vertraut machen, bevor du James siehst und …« In diesem Moment öffneten sich die Aufzugtüren. Er drückte seine Zigarette in einem Behälter in der Garage aus, und sie traten in die Kabine.
»Und was?«
»Nichts.« Er presste die Lippen zusammen wie in unterdrückter Wut.
»Du wolltest noch etwas sagen«, bohrte Marla weiter. Ihre Kiefer schmerzten.
»Es könnte dir weh tun, falls du ihn nicht erkennen solltest«, sagte Alex langsam, als spräche er mit einem Kind. »Oder umgekehrt, wenn er dir gegenüber fremdelt … Ich wollte nur dein Bestes.«
»Ich weiß selbst, was das Beste für mich ist«, fuhr sie ihn an. Sie war es leid, dass alle sie behandelten wie eine empfindliche Treibhausblume, auch wenn sie sich gegen die Liftwand lehnen musste, weil sie bereits wieder erschöpft war. Verdammt noch mal. Sie wusste nicht viel über sich selbst, war jedoch überzeugt,
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