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Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Titel: Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die gesamte Familie hatte sich um einen mit kostbarem Leinen, Porzellan, Kristall und Silber gedeckten Tisch versammelt. Kerzen brannten, leise Musik spielte, und ein Tafelaufsatz mit frisch geschnittenen Rosen, Iris und Maßliebchen stand unter dem Kronleuchter, dessen Licht gedimmt war. Alex saß am Kopf der Tafel, sie ihm gegenüber. Zu der einen Seite saß Cissy neben ihrer Großmutter, auf der anderen hatte Nick Platz genommen und sie mit einem kalten Blick bedacht, um dann inmitten des Klangs von Besteck und leiser Musik widerwillig, wie es schien, die Unterhaltung über sich ergehen zu lassen. Schmorrippchen, Petersilienkartoffeln, dünne Spargelstangen waren auf den Tellern angerichtet, und die Düfte mischten sich zu einem köstlichen Aroma.
    Marla fühlte sich völlig fehl am Platz mit ihrem Schälchen extra für sie zubereiteter Fischcremesuppe. Es war die erste förmliche Mahlzeit, die sie mit der Familie einnahm, und alles erschien ihr so verkehrt. Vielleicht lag es an der Amnesie oder an den Medikamenten, die sie einnahm, überlegte sie, bereit, alles anzunehmen, was ihr Gefühl der Absonderung von dieser, ihrer, Familie erklären konnte. Vielleicht holte sie der Verfolgungswahn wieder ein. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie an das Treffen mit Nick im Garten dachte und daran, wie sie sich gewünscht hatte, er möge sie küssen.
    Unbeholfen löffelte sie ihre Fischcremesuppe, und ihr Magen, der ohnehin vor Nervosität ganz verkrampft war, wollte rebellieren.
    Die Unterhaltung war gestelzt, furchtbar steif. Alex hatte das Thema Börse und seine Geschäfte angeschnitten, während Eugenia auf Cahill House und ihre Probleme bei der Suche nach einer Aufsicht zu sprechen kam. Cissy blieb weitgehend still und ertrug alles mit gequälten Seufzern und gelangweilter Miene. Marla konnte es ihr nicht verübeln. Nick beschränkte seine Kommentare auf einsilbige Antworten und widmete sich seinen Schmorrippchen.
    Du hattest mal was mit ihr. Das hatte Alex gesagt. Sie waren ein Liebespaar gewesen. Sie spürte, wie ihre Wangen bei der Vorstellung glühten. Zwar erinnerte sie sich nicht daran, mit Nick geschlafen zu haben, vor ihrem inneren Auge blitzte auch keine Erinnerung an seinen nackten Körper auf, aber vorstellen konnte sie es sich sehr gut. Er hatte etwas an sich, das sie unwiderstehlich fand. Mit seinem auf unkonventionelle Weise guten Aussehen, dem wettergegerbten Gesicht und dem geistreichen, geradezu respektlosen Sinn für Humor wirkte er verteufelt sexy auf Marla, und sie hasste sich zugleich selbst dafür. Bestimmt lag es an den Medikamenten, an ihrem verwirrten Zustand, an dieser verdammten Amnesie, die ihr Denken beeinträchtigte, und doch – als sie seine harten Züge betrachtete, die über hohen Wangenknochen gespannte sonnenbraune Haut, die breite Stirn und das kantige Kinn, da spürte sie den gleichen Sog wie vorher im Garten und noch früher im Krankenhauszimmer.
    Sie aß noch einen Löffel Suppe, versuchte, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren, und wagte keinen Blick mehr in Nicks Richtung. Ihr Magen knurrte beim Anblick richtigen Essens, und sie konnte es kaum noch erwarten, endlich die Drähte im Kiefer loszuwerden. Nur noch ein Tag.
    »Mutter sagt, du hast Cherise und ihren Mann zu uns eingeladen«, bemerkte Alex schließlich von der anderen Seite der flackernden Kerzen her.
    »Ganz recht. Sie hat angerufen. Sie kommen morgen her.«
    »Hältst du das für klug?« Alex trennte den Fettrand von seinen Rippchen ab. Er schnitt ein Stück Fleisch ab und tunkte es in Meerrettich.
    »Du weißt, wie ich über Besuch denke«, erwiderte Marla.
    »Aber … nun ja, Cherise und Montgomery … wir sind nicht gerade mit ihnen befreundet.«
    »Aber verwandt.«
    Eugenia legte ihre Gabel nieder. »Es hat böses Blut gegeben, verstehst du.«
    »Ach du Scheiße.« Cissy trank einen großen Schluck aus ihrem Kristallkelch, in dem Eiswürfel und eine Zitronenscheibe schwammen.
    »Wir sprechen später darüber«, sagte Alex mit einem Blick zu seiner Tochter.
    »Ja, ja, natürlich.« Eugenia errötete. »Dieses Thema müssen wir wahrhaftig nicht bei Tisch diskutieren.«
    »Warum nicht?«, fragte Nick.
    »Cissy möchte sicher nichts davon hören.« Eugenia lächelte gezwungen und griff nach ihrem Weinglas.
    »Genau«, stimmte Alex seiner Mutter zu.
    »Ich finde es gut, dass sie kommen«, bemerkte Nick, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, und das Blau seiner Augen wirkte dunkler im sanften Licht.

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