Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
»Vielleicht klärt sich dadurch manches auf.«
Alex runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Es gibt nur wieder Ärger, wie immer. Sogar als ich versucht habe, Cherises Mann zu helfen, und ihm einen Job in Cahill House gegeben habe …«
»Na, das ist doch Schnee von gestern«, fiel ihm Eugenia eisig ins Wort. Alex’ Miene verdüsterte sich.
»Eben.«
Nick schob seinen Teller von sich. Angespannte Sekunden verstrichen, und er sah aus, als wolle er aus dem Zimmer stürzen. Marla legte ihren Löffel ab und entschied, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für ihre Bitte war. »Sobald die Drähte aus meinem Kiefer entfernt worden sind, möchte ich meinen Dad besuchen«, verkündete sie.
Eugenia spießte gerade mit der Gabel ein Stückchen Kartoffel auf. Sie zuckte nicht mit der Wimper, doch Alex’ Kopf ruckte hoch. Er sah Marla aus schmalen Augen an. »Conrad? Warum?«
»Er ist immerhin mein Vater. Und vielleicht würde mir ein Besuch bei ihm helfen, mich wieder zu erinnern. Ich … Wie ich hörte, ist er sehr krank.«
»Ja, allerdings. Ich würde auch liebend gern mit der ganzen Familie nach Tiburon fahren und ihn besuchen. Besonders um ihm das Baby zu zeigen. Aber ich muss auch an ihn denken.« Alex schob seinen Teller von sich, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf die gefalteten Hände. »Wie würde der arme Kerl es wohl aufnehmen, wenn er dich in diesem Zustand zu sehen bekommt?«
Sie warf einen flüchtigen Blick in den geschliffenen Spiegel über der Anrichte, schreckte jedoch nicht zurück. Sie war auf dem Weg der Besserung. Die Blutergüsse verblassten, ihr schön frisiertes Haar schimmerte im Kerzenlicht. »Ich glaube … Ich glaube, er würde erleichtert sein zu sehen, dass es mir gutgeht.«
Eugenia spülte einen kleinen Bissen Fleisch mit einem Schluck Wein hinunter. »Ich könnte nach Tiburon rüberfahren. Aber nicht diese Woche, fürchte ich. Ich habe einiges zu erledigen und Konferenzen, aber vielleicht nächste Woche …«
»Ich kann ganz gut allein fahren«, sagte Marla. Sie war es leid, wie eine Invalide behandelt zu werden. Allmählich erschien ihr dieses Haus wie eine Art goldener Käfig, was natürlich lächerlich war. Aber sie wollte ihren Vater allein besuchen, ohne diese Familie um sich zu haben.
»Du kannst nicht fahren«, erinnerte Alex sie.
»Warum nicht?«
»Zum einen ist der Porsche in der Werkstatt, und zum anderen hast du bis vor kurzem im Koma gelegen …«
»Jetzt aber nicht mehr. Es besteht kein Anlass, deine Mutter mit meinen Angelegenheiten zu belästigen. Und du brauchst auch nicht eigens für mich diese Fahrt auf dich zu nehmen. Schließlich ist er mein Vater.« Marla musste sich sehr beherrschen, um nicht aus der Haut zu fahren. Hinter der Fassade der Höflichkeit, der leisen Musik, der flackernden Kerzen und des glänzenden Bestecks in diesem riesigen, düsteren Haus lauerte eine Anspannung, der sie sich nicht entziehen konnte. In den dunklen Winkeln verbargen sich Geheimnisse. »Und wenn du ein Problem damit hast, dass ich fahre, dann könnte Lars mich chauffieren.« Die Vorstellung behagte ihr nicht besonders, doch das spielte jetzt keine Rolle. Sie hatte das Bedürfnis, ihren Vater zu sehen, und zwar allein.
»Es würde mir nichts ausmachen«, versicherte ihre Schwiegermutter mit dem nachsichtigen Lächeln, das Marla allmählich auf die Nerven ging.
Da sie mit Zurückhaltung offenbar nicht weiterkam, beschloss sie, direkter zu werden. »Versteht doch, ich brauche Antworten auf meine Fragen. Ich möchte gesund werden, damit ich mich an … euch alle erinnern kann, und es ist Zeit, dass ich mich unabhängig mache. Ich möchte meine Freundinnen besuchen, den Club aufsuchen und, sobald die Drähte entfernt sind, essen gehen.« Sie wartete auf eine Reaktion, doch Eugenia schnitt ihr Rippchen und zog nur hinter der Brille die Augenbrauen ein wenig hoch. Alex warf seine Serviette auf den Tisch.
»Ja, natürlich. Sobald Phil sein Einverständnis gibt, kannst du tun und lassen, was du willst. Übrigens, hattest du nicht neulich Besuch von Joanna?«
»Ja, aber ich konnte mich nicht an sie erinnern.« Marla schaute in die Runde. Cissy griff noch einmal nach ihrem Wasserglas, und Nick sagte kein Wort. »Moment mal. Hat etwa irgendein Arzt mir Hausarrest erteilt?«
Eugenia seufzte und legte Messer und Gabel auf den Tellerrand. »Dr.Robertson will nur sichergehen, dass du dich nicht übernimmst. Und vergiss nicht, dein
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