Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Swan - Mead, R: Dark Swan

Dark Swan - Mead, R: Dark Swan

Titel: Dark Swan - Mead, R: Dark Swan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
Vom Netzwerk:
heute weder noch mal loszuziehen noch so zu tun, als ob ich etwas Produktives täte. Ich wollte in die Sauna und anschließend im Schlafanzug schlechte Fernsehsendungen gucken und dabei Milky Way futtern. Das klang nach einem brauchbaren Plan, und ich setzte ihn entschlossen in die Tat um.
    Zwanzig Minuten später saß ich im heißen Dampf und war in Feuchtigkeit gehüllt. Das lockerte wunderbar die Muskeln, ließ mich aber umso mehr merken, wie sehr ich sie strapaziert hatte. Wenigstens hatte ich es lebend wieder rausgeschafft. Was eigentlich ein Wunder war, wenn man bedachte, dass die Aktion ansonsten auf ganzer Linie eine Katastrophe gewesen war.
    Ich hatte keine Lust, groß darüber nachzudenken, auch nicht über Mom und Roland, aber es ließ sich schwer vermeiden. Zum Teil glaubt e – hofft e – ich immer noch, dass alles ein Missverständnis war. Schließlich war es doch nur Gerede. Aber natürlich bezweifelte ich irgendwie, dass meine Eltern sich das alles ausgedacht hatten. Aber im Ernst. Wo war der Gentest? Wo die Beweisfotos? Ich hatte nichts Greifbares. Nichts, was ich sehen und glauben konnte.
    Außer meine Erinnerungen. Die Roland aber zu meinem Schutz vergraben hatte. Hypnose war in unserem Gewerbe nichts Ungewöhn­liches. Sie stellte einfach einen anderen Bewusstseinszustand her. Scha­manen, die als religiöse Führer und Heiler arbeiteten, wendeten bei ihren Anhängern und Patienten vergleichbare Techniken an, um Körper und Geist zu heilen. Roland und ich als „Freiberufler“ hatten da wenig Verwendung für. Unser Kontakt mit der Welt der Geister war meist körperlicher und direkter. Aber ein paar Heilungen und Seelenrückholungen hatte ich gemacht, die Grundlagen kannte ich also.
    Ich lehnte den Kopf an die Wand, schloss die Augen und dachte an das Tattoo von Selene auf meinem Rücken. Sie war meine irdi­sche Verbindung, sie erdete meinen Körper, meine Seele und meinen Geist in dieser Welt. Ich konzentrierte mich auf ihr Bild und das, was sie ­repräsentierte, dann wechselte ich langsam meinen Bewusstseinszustand. Anstatt auf eine andere Ebene zu gleiten, wechselte ich nach innen, hinein in die entlegenen Bereiche meines Selbst, die tief im Unterbewusstsein verborgen lagen.
    In Wirklichkeit dauerte es wahrscheinlich gar nicht so lange, aber in diesem Zustand zog es sich furchtbar lang hin. Ich ging meine Erinnerungen durch, meine heimlichen Wahrheiten. All das, was mich zu Eugenie Markham machte. Ich achtete auf alles, was mit Blitzen zusammenhing, weil ich darauf baute, dass die nicht zu übersehen waren. Wenn ich von einem Blitz getroffen worden war, konnte das wohl kaum spurlos vergraben bleiben.
    Dort. Ein schwaches Ziehen. Ich stürzte mich darauf, versuchte es zu ergreifen, an die damit verbundene Erinnerung zu kommen. Schwierig. Der Eindruck entglitt mir immer wieder, wie ein Fisch, den man festzuhalten versuchte. Jedes Mal, wenn ich glaubte, ihn zu haben, flutschte er wieder weg. Roland hatte gute Arbeit geleistet. Ich nahm all meine Kraft zusammen und kämpfte mich durch die Schichten, kratzte und schuftete, bis ic h …
    … aufwachte und im Bett lag.
    Aber nicht in dem Bett bei mir zu Hause. Es war kleiner und mit einem rosa Deckbett versehen. Das Bett meiner Kindheit. Ich lag darin und sah zu einer Decke nach oben, an der Plastiksterne klebten. Genau solche, wie ich auch als Erwachsene noch besaß. Es war mitten in der Nacht, und ich konnte nicht schlafen. Dann hatte ich damals also auch schon an Schlaflosigkeit gelitten. Diesmal jedoch war es anders. Es war nicht mein aufgewühlter Verstand, der mich wach hielt. Irgendwo dort draußen rief eine Stimme nach mir. Nein, eigentlich keine Stimme, es war mehr eine Anziehungskraft. Eine Kraft, der ich mich nicht wider­setzen konnte.
    Ich stieg aus dem Bett, schlüpfte mit den Füßen in ein paar schmuddelige Turnschuhe und zog eine dünne Jacke über meinen Schlafanzug. Ich ging in den Flur. Die Tür zu Moms und Rolands Schlafzimmer war zu. Ich schlich so leise, wie ich konnte, daran vorbei, die Treppe hinab und aus dem Haus.
    Draußen war es immer noch warm. Wir hatten Hochsommer. Den Tag über waren es über achtunddreißig Grad gewesen; selbst jetzt war es noch sechsundzwanzig Grad warm. Ich ging unsere ruhige Straße hinunter, vorbei an all den vertrauten Autos und Häusern. Mit jedem Schritt wurde der Ruf lauter. Ich gehorchte ihm, meine Füße bewegten sich von allein. Er führte mich aus unserer Straße hinaus, aus unserem

Weitere Kostenlose Bücher