Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
nachdachte, machte es das nur noch schlimmer. Aber ich wusste, dass ich jetzt auch gehen musste. Ich musste hier raus – und ich wusste genau, wohin. Ich musste in mein Königreich zurückkehren.
Kapitel 27
Als ich ins Dornenland zum Schloss überwechselte, saß zu meiner Überraschung Nia neben meinem Kaninchen-Briefbeschwerer auf dem Boden. Sie hatte die Knie angezogen und das – anscheinend tränenüberströmte – Gesicht auf die Knie gelegt. Aber als sie mich sah, leuchteten ihre Augen auf wie die Sonne, wenn sie hinter den Wolken hervorbricht.
»Eure Majestät!« Sie sprang auf. »Manche haben gesagt … sie haben gesagt, dass Ihr nicht wieder zurückkehren würdet. Aber ich wusste es. Ich wusste, dass Ihr zurückkommen würdet.«
Die Ergebenheit in ihrem Blick war erschreckend. Nia war auch bloß ein Dienstmädchen, das Dorian mir überlassen hatte, und ich hätte mir nie träumen lassen, dass sie mir eine solche Verehrung entgegenbrachte.
»Natürlich bin ich zurückgekommen«, sagte ich sanft. »Warum denn auch nicht?«
Sie senkte den Blick. »Weil doch so viel passiert ist und … nun ja, wegen Königin Katrice. Manche haben angenommen, dass Ihr uns im Stich lassen und in der Welt der Menschen bleiben würdet.«
Ich ersparte mir den Hinweis, dass es mich umbringen würde, dieses Land im Stich zu lassen. Mich beschäftigte etwas anderes. »Die Leute dachten … sie dachten, ich löse mal eben einen Krieg aus und verkrümele mich dann einfach?«
»Ich hab gewusst, dass Ihr das nicht tun würdet«, sagte sie voller Leidenschaft. »Ich wusste es.«
Ich bedachte sie mit einem beruhigenden Lächeln, hatte aber selbst einen Knoten im Bauch. »Bring mich zu Shaya und Rurik.«
Mein Kommen überraschte die beiden, aber irgendetwas sagte mir, dass sie ebenfalls nicht an meiner Rückkehr gezweifelt hatten. Aus Shayas mitfühlendem Blick schloss ich, dass inzwischen alle wussten, was Leith mir angetan hatte. Zu meiner Verblüffung war es Rurik, aus dessen Reaktion ich den größten Trost zog. Er stellte mein Erscheinen nicht infrage. Er drückte nicht sein Mitgefühl aus. Er kam einfach gleich zur Sache.
»Wir haben während Eurer Abwesenheit so viele Soldaten zusammengezogen, wie wir konnten. Ein Teil davon lagert draußen, und Dorian hat zugesagt, Verstärkung zu schicken – sein Heer ist um einiges größer. Der Großteil Eurer Truppen liegt in Highmore. Wir werden entscheiden müssen, wie wir sie am besten aufteilen.«
Einen Moment lang wurde mir richtig schwindelig, während er weiter Militärtaktik herunterratterte. Was ging denn hier ab? Was tat ich hier? Ich war ein Mädchen aus Tucson und in einem Viertel der Mittelschicht aufgewachsen. Wieso in aller Welt stand ich jetzt hier und ließ mir von einem Elfenkrieger erklären, wie man einen Krieg führt?
Ich hob eine Hand. »Moment mal … bevor du weiterredest. Gibt es … gibt es irgendeine Möglichkeit, das Ganze zu vermeiden?« Mir fiel wieder ein, was Kiyo gesagt hatte, und ich stellte diese Frage nur ungern. »Lässt sich irgendwie der Frieden wiederherstellen?«
Rurik riss die Augen auf, war erst entsetzt und dann zornig. »Frieden? Nach allem, was …«
Nun bremste ihn auch Shaya mit einer Geste. »Ja, tatsächlich hat Katrice Euch einen sehr ausführlichen Brief in dieser Sache geschickt.«
»Dann … dann könnten wir ihr verständlich machen, dass es …« Nur ein Unfall gewesen war? Wohl kaum. »Ich meine, könnte Katrice den Streit vielleicht einfach beilegen, wo doch Leith das Ganze angefangen hat?«
Shaya räusperte sich unbehaglich, und Rurik schien gleich zu platzen. »Nun ja«, begann sie, »nicht ganz. Für ihren Verzicht auf Kriegshandlungen verlangt Katrice, dass wir ihr unser Königreich unterordnen, und sie hat sehr detailliert dargestellt, welche Tributzahlungen und Steuern sie dafür erwartet. Außerdem … außerdem sollt Ihr anstelle ihres Sohnes nunmehr ihren Neffen heiraten, sodass das Dornenreich über diesen Zweig der Familie an sie gebunden wird. Wenn ich es richtig verstehe, hat sie Dorian eine ähnliche Forderungsliste übermittelt – nur ohne den Teil mit dem Neffen –, und er hat sie wohl recht … ähm … unverblümt zurückgewiesen.«
Ich starrte sie mit offenem Mund an. So etwas hatte mir nicht vorgeschwebt. Wie konnte Katrice nach dem, was Leith mir angetan hatte, solche Forderungen stellen? Wie konnte sie so tun, als wäre ich es, die etwas falsch gemacht hatte? Ja, ich konnte mir durchaus
Weitere Kostenlose Bücher