Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
rausbekommen. Er kommt in einer Stadt in Texas raus, Yellow River.«
»In Texas, ja?« Damit hatte ich nicht gerechnet.
»Jepp. Und dort leben zwei Schamanen, die ihn im Auge behalten.«
»Zwei?« So zahlreich war unser Berufsstand nicht vertreten, da kamen gleich zwei in einer Region ziemlich überraschend – wenn man mal von dem Vater-und-Tochter-Team absah, das Roland und ich bildeten.
»Ist anscheinend ein großes Tor. Das Hindurchgehen kostet nicht viel Mühe, und man muss auch nicht besonders mächtig sein; entsprechend viel Aufmerksamkeit erfordert es.«
Interessant. Die Zugänglichkeit von Kreuzwegen variierte extrem. Die meisten erforderten mehr Macht, als ein normaler Mensch oder Feiner aufzuweisen hatte. Zum Glück. An bestimmten Tagen des Jahres jedoch – wie Beltane oder Samhain – wurden die Membranen zwischen den Welten dünner und erleichterten den Wechsel von der einen zur anderen. Das waren gefährliche Zeiten, die Roland und mich auf Trab hielten. Ein Tor, das quasi das ganze Jahr hindurch offen stand, war entsprechend gefährlicher.
Aber wenn es leicht zugänglich war, dann konnten diese Mädchen auch problemlos herüberkommen und sich Männer suchen, die ihnen Kinder machten. Bei der Vorstellung wurde mir ganz anders. Eine Generation halb texanischer, halb feiner Kinder. Gott steh uns bei.
»Eugenie?«, fragte Roland vorsichtig. »Was denkst du gerade?«
»Ich denke, dass ich die Namen dieser Schamanen brauche.«
Mein Engagement erfüllte ihn immer noch mit Sorge, aber ich glaube, er war froh, dass ich Kontakt zu ihnen aufnehmen wollte – zumal es Menschen waren. Er hakte noch mal nach, worum es eigentlich ging, aber ich hielt mich nach wie vor bedeckt. Ich dankte ihm ausdrücklich für die Informationen, dann legten wir auf.
Kiyo war während des Telefonats aufgestanden und duschte gerade. Während ich auf ihn wartete, fragte ich mich, wie ich weiter vorgehen sollte. Am besten kontaktierte ich diese Schamanen erst einmal und brachte in Erfahrung, ob sie kürzlich einen Zustrom von Feinenmädchen festgestellt hatten. Falls sich das bestätigen sollte, bräuchte ich mir weniger Sorgen über Räuberbanden oder irgendwelche Monster machen – allerdings befände ich mich dann auch in einem moralischen Dilemma, ob ich diese Mädchen nicht besser mit einem Fußtritt zurück in ihre eigene Welt schaffen sollte.
Ein Temperatursturz und ein Prickeln auf der Haut kündigten mir einen Überraschungsbesuch von Volusian an. Er materialisierte in der dunkelsten Zimmerecke. Seine Miene war so mürrisch und übelwollend wie immer.
»Na, das ist ja eine Freude«, sagte ich. »Wie schön, gleich morgens dein fröhliches Gesicht zu sehen. Was gibt’s?« Bei meiner letzten Rückkehr aus der Anderswelt hatte ich Volusian Anweisung gegeben, eventuelle Botschaften an mich zu überbringen. Trotz meines Spruches eben war ich nicht gerade erfreut, ihn zu sehen, weil es bedeutete, dass irgendetwas dringend meine Aufmerksamkeit erforderte.
»Der grobschlächtige Schwachkopf, der die Wache meiner Herrin befehligt, erbittet ihr Kommen«, sagte Volusian.
»Meinst du Rurik?«
»Ja, es sei denn, meine Herrin hat noch einen anderen grobschlächtigen Schwachkopf damit beauftragt, ihre Wache zu befehligen.«
»Hat er gesagt, warum?« Wenn es wieder um irgendwelche Handelsangelegenheiten ging, hätte eher Shaya nach mir gefragt.
»Er möchte Euch wissen lassen, dass eines der vermissten Mädchen wieder aufgetaucht ist.«
»Wie bitte?«
Ich sprang aus dem Bett und warf mir hastig ein paar Sachen über. Kiyo kehrte ins Zimmer zurück, erstaunlich sexy mit nassen Haaren, und sah mich verblüfft an. »Was ist los?«
»Es gibt eine Spur zu einem der Mädchen. Willst du mitkommen?«
Er schüttelte den Kopf und hielt seinen weißen Kittel hoch. »Geht nicht. Ich muss zur Arbeit.«
Ich war enttäuscht, weil ich ihn gern bei mir gehabt hätte. Andererseits war ich leider auch froh, dass er arbeiten ging und nicht schon wieder zu Maiwenn wollte. Also verabschiedeten wir uns mit einem langen Kuss voneinander – einem wirklich langen Kuss. Als wir uns schließlich voneinander losrissen, machte Volusian ein Gesicht, als hätte er nichts dagegengehabt, wenn seine Existenz auf der Stelle beendet gewesen wäre.
Ich schickte ihn schon mal vor und wechselte kurz danach über. Nia überschlug sich wieder schier, aber da ich es eilig hatte, Rurik zu finden, musste ich sie freundlich abwimmeln. Er saß gerade mit Shaya in
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