Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
dass dabei etwas herauskommt.“
„Jetzt werden Sie mal nicht rührselig“, sagte er auf seine nassforsche Art. „Dafür haben Sie noch Zeit, wenn Sie die Rechnung sehen.“
Wir legten auf. Macho oder nicht, mit Enrique hatte mir Roland einen guten Tipp gegeben… was es wieder einmal umso trauriger machte, dass ich mit meinen Eltern nichts mehr zu tun hatte. Na ja. Daran konnte ich im Moment nichts ändern, nicht mit den ganzen anderen Problemen gerade. Und jetzt gab es immerhin eine Sache, die ich abschließen konnte.
Ich schnappte mir meinen Zauberstab, schloss die Augen und sandte einen kleinen Rufzauber aus, der Deanna galt. Ich hatte keine Kontrolle über sie, aber sie hatte ja schon mal auf mein Rufen reagiert– zumal sie ja die ganze Zeit darauf wartete. Nach mehreren Minuten ohne Ergebnis gab ich auf. Wahrscheinlich kam sie nicht, weil sie die traurige Wahrheit schon wusste. So erpicht, wie sie auf Antworten gewesen war, hätte es mich nicht überrascht, wenn sie Enrique während seiner Ermittlungen gefolgt wäre. Oder vielleicht hatte sie selbst herausgefunden, was ihr Mann getan hatte. Wenn ja, dann war sie jetzt hoffentlich zur Unterwelt weitergezogen, um Frieden zu finden, anstatt ruhelos und traurig in dieser Welt zu bleiben. Es gab hier schon genug Leid.
In den nächsten Tagen gab ich mir alle Mühe, mich von der Anderswelt fernzuhalten. Will schaute immer wieder vorbei, und Jasmine und ich fingen mit alltäglichen, aber vergnüglichen Aktivitäten an, wie ins Kino zu gehen und ihr Kleidung zu kaufen. Tim und Lara ließen sich oft blicken, nach wie vor ineinander verknallt, und Kiyo kehrte mit Nachrichten aus der Anderswelt zurück und versicherte mir, dass meine Leute im Vogelbeerland gut vorankamen. Nachts kam er in mein Bett, und ich stellte fest, dass die Rückkehr zu unserem heftigen Sexleben sehr dabei half, meine Gedanken von der langen Liste meiner Probleme abzulenken.
Aber schließlich musste ich mich fügen. Ich fühlte mich zu sehr zu meinen Ländern hingezogen, und selbst Kiyo gab zu, dass ich das Vogelbeerland besuchen musste, um die frische und fragile Verbindung zwischen uns zu stärken. Zu diesem Zeitpunkt musste ich nicht mehr gedrängt werden. Das sagte mir auch schon mein Körper. Ich fühlte mich immer noch schwach und ausgelaugt, und meine Träume waren voller Kakteen und Kirschbäume.
Jasmine nahm ich mit. Unsere Beziehung war mir noch nicht stabil genug, um sie allein zu lassen. Mit ins Vogelbeerland kommen wollte sie aber nicht, sondern bestand darauf, bis zu meiner Rückkehr im Dornenland zu bleiben. Ich hatte nichts dagegen; dort war sie sicher. Kiyo wollte mitkommen, und Shaya fing uns ab, bevor wir aufbrechen konnten.
„Es gibt noch einiges, das Ihr wissen solltet“, sagte sie unbehaglich. Ihre Nervosität war wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass ich es nicht leiden konnte, mit den alltäglichen Problemen der Verwaltung eines Königreichs behelligt zu werden– beziehungsweise zweier Königreiche. Die Sorge in ihren Augen sprach außerdem dafür, dass mir nicht gefallen würde, was sie zu sagen hatte.
Ich seufzte. „Leg los.“
„Ich… ich habe mehrmals von König Dorian gehört.“
Kiyo bewegte sich unruhig neben mir, und ich spürte das vertraute Prickeln von Zorn mein Rückgrat hinunterlaufen. Die ganzen Erinnerungen an Dorians Lügen und Betrügereien kehrten zurück. Es schmerzte mich umso mehr, weil er letztendlich genau das bekommen hatte, was er wollte: Die Eisenkrone war zum Einsatz gekommen. Jetzt fand er wahrscheinlich, dass ich mir noch mehr Länder holen sollte.
„Was will er denn noch?“, fragte ich. „Der Krieg ist vorbei. Wir sind keine Alliierten mehr.“
„Nun, genau darum geht es. Da Ihr in diesem Krieg Verbündete seid– wart–, ist er der Meinung, dass ihm ein Anteil an den Früchten Eures Sieges zusteht.“
„Er… was?“ Mein Zorn nahm zu. „Ihm steht überhaupt nichts zu. Ich war es, die gewonnen und die Krone benutzt hat.“
Sie nickte und machte immer noch den Eindruck, dass sie lieber ganz woanders gewesen wäre. „Ja… Aber er argumentiert, dass er es war, der Euch ausgesandt hat, die Krone zu holen. Und dass ebenso viele seiner wie Eurer Soldaten ihr Leben lassen mussten.“
Der letzte Punkt brachte mich zum Schweigen. Seine Soldaten hatten an der Seite von meinen gekämpft. Die Familien seines Volkes betrauerten die Gefallenen ebenso sehr wie die meines Volkes… und wofür waren sie gestorben? Um gegen
Weitere Kostenlose Bücher