Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
»Wegen Roland?«
»Nein.« Er richtete sich auf und machte für einen Testlauf den Fernseher an. »Wegen des Babys. Ähm, der Babys.«
»Was hat das denn damit zu tun?«
Da alles zu seiner Zufriedenheit funktionierte, wandte er sich um und betrachtete mich mit einem sanften Lächeln. »Die beiden sind ganz vernarrt in Kinder, und in Babys erst recht. Sie können selber keine bekommen – und sie haben es wirklich versucht. Sie haben ganz schön was durchgemacht, und obwohl sie sich jetzt einigermaßen damit abgefunden haben, weiß ich, dass es ihnen manchmal noch wehtut.«
»Davon wusste ich gar nichts«, sagte ich leise und legte eine Hand auf meinen Bauch. »Ich komm mir irgendwie blöd vor. Vielleicht sollte ich besser nicht hier sein … «
»Nun sag doch nicht so was. Die beiden sind nicht verbittert. Wie ich schon sagte, es sind gute Menschen, und dass du Zwillinge bekommst, hat die beiden richtig gefreut. Du könntest hierbleiben, solange du Lust hast, und die beiden würden sich einfach nur freuen. Sie würden alles für dich tun – und für die Kinder.« Seine Worte erinnerten mich unangenehm an Dorians ständiges Gerede darüber, was er alles für mich tun würde.
Ich fragte mich, ob Roland wusste, dass die Reeds keine Kinder kriegen konnten, und mich deshalb hier untergebracht hatte. Glaubte er, dass sie in ihrer Lage nur umso besser auf mich aufpassen würden?
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe einfach das Gefühl … keine Ahnung. Es überwältigt mich einfach total. Ich glaube nicht, dass ich mich bei den beiden je revanchieren kann.«
»Akzeptiere es einfach und lass dich von den beiden bemuttern«, sagte Evan mit einem Augenzwinkern. »Damit revanchierst du dich genug, glaub mir.« Er ging zur Tür und unterdrückte ein Gähnen. »Ich bin hundemüde und muss los, aber ich rufe dich demnächst mal an für den Fall, dass du dir das Space Center ansehen willst. Und falls nicht, dann sag es einfach. Lass dir von Candace keinen Druck machen.«
»Nein«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Es klingt lustig.«
Evan ging, und der Rest des Haushalts machte Feierabend. Bevor Charles und Candace schlafen gingen, rissen sie sich beide ein Bein aus, um sicherzustellen, dass es mir an nichts fehlte. Ich versicherte ihnen, dass alles gut war, und schloss endlich die Tür meines kleinen Zimmers. Mit einem Seufzen streckte ich mich auf meinem Bett aus.
»Was habe ich getan?«, fragte ich leise und starrte zu den Kiefernholzbrettern hinauf. Eben war ich noch die Königin eines Reiches in der Anderswelt gewesen, die Heere befehligte und mächtige Zauber wirkte. Und nun hockte ich draußen auf dem Land und war der Liebling einer herzensguten Familie, deren einzige Motivation Freundlichkeit gegenüber ihren Mitmenschen war. Es ließ mich verwirrt und unsicher darüber zurück, was genau ich eigentlich von der Welt wollte. Und komischerweise kam ich mir zum ersten Mal, seit ich die Anderswelt verlassen und meine verrückte Reise angetreten hatte, allein vor. Ich hatte ein Leben hinter mir gelassen, das zwar gefährlich war, das ich aber kannte und mochte. Nun lebte ich in einer viel überschaubareren Welt … aber ich fragte mich, ob ich je das Gefühl haben würde, dazuzugehören.
Auf einmal sah ich wieder Dorians Gesicht vor mir, und ich schob ihn mit Nachdruck beiseite.
Ein winziges Flattern in meinem Bauch ließ mich hochschrecken. Ungläubig saß ich da, sah mich verdattert um. Was war das? War das etwa … ? Vorsichtig legte ich eine Hand auf meinen Bauch und wartete auf eine Reaktion. Es kam keine. Ich versuchte, mich zu erinnern, was die Ärztin über Kindsbewegungen gesagt hatte. Mir fiel ihr Fischvergleich ein und vor allem ihre Bemerkung, dass es sich nicht so anfühlen würde, als ob etwas versuchen würde, sich einen Weg ins Freie zu treten.
Als nichts weiter passierte, legte ich mich wieder hin. Das konnte alles Mögliche gewesen sein. Zu viel Schmorbraten. Ein zuckender Muskel. Ich war schon fast davon überzeugt, dass ich mir das Ganze nur eingebildet hatte, da ließ mich ein anderes Flattern an einer anderen Stelle in meinem Bauch große Augen machen. Ich hielt schon den Atem an, dann sagte ich mir, dass das für keinen von uns gesund sein würde.
Ich setzte keine Magie ein, sondern dehnte meine Sinne aus, sodass ich die Luft und das Wasser um mich herum spüren konnte. Ich konnte das Summen der Insekten hören und die Blätter der Bäume draußen vor meinem Fenster riechen. Die
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