Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
ich mich auf den Beifahrersitz plumpsen ließ, fielen mir auf der Rückbank ein paar vertraute Werkzeuge auf. Ein Silberathame lag neben einer Wildledertasche, aus der ein weiterer Messergriff ragte, der garantiert zu einem Eisenathame gehörte. Außerdem lag dort noch eine Halskette aus ungeschliffenen Rauchquarzperlen. Ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Candaces lebhafter Südstaatencharme bedeutete in keiner Weise, dass sie im Einsatz nicht eine absolut tödliche Schamanin war, die jedes Wesen bekämpfen konnte, das sich mit uns anlegte. Es hätte mich wenig überrascht, irgendwo im Auto auch noch eine Pistole und einen Zauberstab zu finden.
Als sie sich hinters Steuer setzte, hatte sie sich von dem Schock erholt und nahm ihren frisch-fröhlichen Konversationsstil bald wieder auf. Ich überließ ihr das Reden gern. Es gab mir Gelegenheit, die Aussicht in mich aufzunehmen, während wir zu ihrem Haus fuhren. Der Flughafen lag ein bisschen außerhalb, und sie und ihr Mann lebten noch weiter draußen, wobei sie mir versicherte, dass man in einer guten halben Stunde in der Innenstadt war. Das war ganz ähnlich wie bei meinem eigenen Haus in den Ausläufern der Catalina Mountains in der Nähe von Tucson, und wieder regte sich in mir dieses Gefühl der Sicherheit, was diesen neuen Schauplatz anging.
Während wir uns vom Flughafen und den dichter besiedelten Gegenden entfernten, fiel mir auf, dass die Bäume zwar grün blieben, dass Gras und Sträucher aber braun wurden. Candace erklärte, dass sie gerade eine Dürre durchmachten. So sehr ich das trockene Klima, in dem ich aufgewachsen war, auch liebte – es gefiel mir gar nicht, dass das Land um uns herum so schrecklich nach Wasser dürstete. Es würde meine magischen Fähigkeiten nicht sonderlich beanspruchen, wenn ich mal eben einen Regenschauer heraufbeschwor … doch nein. Ich durfte keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Diese Wetterbedingungen waren hier normal im Sommer; das Land würde auch ohne meine Hilfe überleben. Kümmere dich einfach nur um dich selbst, Eugenie , schalt ich mich.
Die Straße, in der Candace und ihr Mann wohnten, lag in einer sehr bewaldeten Gegend. Sie hatte Nachbarn, das ja, aber die wohnten so weit voneinander entfernt, dass man das Gefühl hatte, dass jedes Haus an der Straße in seinem eigenen privaten Wald stand. Ich hatte mich inzwischen an das üppige Vogelbeerland gewöhnt, aber meine Burg befand sich auf gerodetem Gebiet, und dass ich hier riesige Bäume neben den Häusern sah, war meilenweit von dem entfernt, womit ich aufgewachsen war.
»Es ist wunderschön hier«, sagte ich, als wir ausstiegen. Sie nahm ihr Waffenarsenal von der Rückbank und lehnte jede Hilfe mit meinem Koffer ab. Überall waren Schatten und Zwielicht, aber die Fenster des kleinen Hauses erhellten die Dunkelheit.
»Nicht wahr?«, sagte sie und bedeutete mir, ihr zu folgen. »Wir wohnen hier jetzt seit fünfzehn Jahren.« Sie stieg die Stufen zu der Holzveranda hinauf, die sogar mit einer Hollywoodschaukel für zwei ausgestattet war. Eine Fliegentür hielt die Insekten draußen und ließ Abendluft hinein, damit das Haus abkühlte. Candaces Gedanken schienen sich in ähnlichen Bahnen zu bewegen, denn sie warf mir einen bedauernden Blick zu. »Keine Klimaanlage. Es kann ganz schön heiß werden hier drin.«
»Das bin ich gewöhnt«, versicherte ich ihr. Verglichen mit meinen Burgen war die Belüftung hier ultramodern. Fliegengitter wären der Renner im Dornenland gewesen, wenn ich nur hätte austüfteln können, wie sie sich mit den dortigen Mitteln herstellen ließen.
Drinnen lernte ich Candaces Mann kennen, Charles. Er war groß und schlaksig und hatte blonde Haare, die schon ein bisschen Weiß zeigten. Seine blauen Augen blickten freundlich, und seine ruhige Art stellte einen ziemlichen Kontrast zu Candaces Lebhaftigkeit dar. Aber während ich sie nun miteinander erlebte, wurde mir schnell klar, dass sie einander auf sehr harmonische Weise ergänzten. Sie drückte ihm meinen Koffer in die Hand, während sie nach dem Schmorbraten sah – der anscheinend nicht zu Asche geworden war.
Er führte mich zu einem Zimmer im ersten Stock mit Kiefernholzwänden und Dachbalken, die sich unter der Decke kreuzten. In der einen Ecke stand ein Doppelbett mit einer blau-weißen Steppdecke, aber bevor ich noch großartig ein Werturteil über das Landleben fällen konnte, fiel mir an der gegenüberliegenden Wand ein Flachbildschirm auf. So viel zum Thema
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