Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
hinterher.
Draußen auf der Veranda sahen wir staunend zu, wie es schüttete und Blitze den Himmel zerrissen. Ein starker Wind kam auf, und wir wurden klatschnass, aber das war allen egal. Charles lachte und trat von der Veranda hinunter, hielt die Hände zum Himmel hinauf.
»Das bringt meinen Garten aber mal richtig in Ordnung«, verkündete er.
Evan wandte sich staunend zu mir um. »Du hattest recht. Sie hat gesagt, dass es so kommen würde, Tante Candy. Heute Nachmittag – der Himmel war strahlend blau, und sie hat geschworen, dass ein Gewitter unterwegs war.«
Candace lächelte und sah wieder zu Charles, ohne zu begreifen, woher ich das gewusst hatte. »Manche Leute haben wohl einfach ein Gespür fürs Wetter.«
»Wenn Sie wüssten … «, flüsterte ich.
Kapitel 9
Trotz unserer Vermutung, dass mein Handeln wahrscheinlich unbemerkt geblieben war, verbrachte ich die nächste Woche wie auf glühenden Kohlen. Ich zuckte vor jedem Schatten zusammen und rechnete jeden Moment damit, dass gedungene Mörder aus der Anderswelt durchs Fenster platzten. Candace gab sich locker und cool wie immer, aber mir fiel auf, dass sie ebenfalls wachsamer war. Eines Abends kam eine Freundin von ihr vorbei, ein Hutzelweib mit einem dermaßen heftigen Dialekt, dass ich kaum etwas verstand. Candace behauptete, dass ihre Freundin nur auf einen Tee vorbeischaute, aber später spazierten sie im Garten herum. Ich habe Candace nie danach gefragt, aber ich gehe davon aus, dass ihre Freundin eine Hexe war, die ein paar Schutzzauber für uns gelegt hat.
Meine Sorgen erwiesen sich von Tag zu Tag als weniger begründet, und dieses langsame und gemütliche Leben ging weiter. Selbst der Kundendienst für Candace ging mir inzwischen leichter von der Hand, weil ich einfach lernte, mit der Dummheit mancher Leute klarzukommen. Am meisten machte mir insgesamt wohl meine Sehnsucht nach meinen Königreichen zu schaffen. Oft wachte ich mitten in der Nacht auf und hatte Tränen in den Augen. Dann dachte ich an den reinen, frischen Duft der Wüsten des Dornenlandes oder an die sanft geschwungenen Hügel des Vogelbeerlandes. Es war größtenteils immer noch mein eigenes Sehnen, aber manchmal spürte ich auch so etwas wie ein leises Flüstern, als würde ich allmählich auch den Landen fehlen.
Zu meiner Überraschung ertappte ich mich auch dabei, Sehnsucht nach Dorian zu haben. Seit dem Beginn meiner Schwangerschaft hatte ich ihn praktisch jede Woche in der Anderswelt gesehen. Ohne seine spöttischen und geistreichen Bemerkungen kam ich mir komisch vor; es fehlte mir etwas. Noch komischer war, dass wir, von der letzten idyllischen Woche einmal abgesehen, kaum Zeit als Paar oder Freizeit miteinander verbracht hatten. Es hatte immer Arbeit gegeben; wir hatten Pläne für unsere Reiche geschmiedet und überlegt, wie wir Maiwenn und Kiyo am besten einen Strich durch die Rechnung machen konnten. Trotzdem hatte ich mich total daran gewöhnt, dass er dabei war. Trotz unserer persönlichen Differenzen arbeiteten wir als Team prima zusammen.
Ab und zu plagten mich auch Gedanken an ihn, mit denen ich mehr Schwierigkeiten hatte. Wenn ich nachts im Bett lag und unter der Hitze Alabamas schwitzte, ertappte ich mich dabei, weiter in meinen Erinnerungen zurückzugehen – bis zu der Zeit, als wir ein Paar gewesen waren. Meine Schwangerschaft brachte mich rasch an den Punkt, wo Sex das Letzte gewesen wäre, das ich angenehm gefunden hätte. Aber in meiner Erinnerung ging das immer noch ganz locker. Es hatte etliche Nächte im Dornenland gegeben, da war Dorian bei mir gewesen, und wir hatten in ganz ähnlicher Hitze im Bett gelegen, verschwitzt und ruhelos. Selbst dann hatten wir nicht die Hände voneinander lassen können. Seine Haut hatte sich an meiner angefühlt wie Feuer, wenn er sich in mir bewegte, und ebenso heiß war sein Mund gewesen, wo immer er mich berührte. Die Hitze um uns herum war irrelevant gewesen gegen die zwischen uns.
Die Erinnerung an diese Nächte quälte nicht nur meinen Körper. Sie quälte auch meinen Verstand. Ich war immer noch nicht darüber hinweg, wie wir uns voneinander verabschiedet hatten. Dorian empfindet immer noch etwas für mich. Er liebt mich vielleicht sogar.
Was empfand ich dabei? Was empfand ich für ihn?
Das Wetter in Huntsville blieb zwar sommerlich, aber die Ferien näherten sich ihrem Ende, und dann fing für Evan wieder das Unterrichten an. Er verbrachte jetzt mehr Zeit mit mir, immer noch auf diese höfliche,
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