Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
großen Kupfervorkommen nämlich. Nur konnten wir Kupfer natürlich nicht essen und verfügten über keinerlei bedeutende Nahrungsmittelquellen. Die Nutzpflanzen beider Reiche benötigten warmes Klima, und die Wildtiere des Dornenlands waren alle schlichtweg verendet. Im Vogelbeerland gab es einiges an Wild, das mit dem Winterwetter zurechtkam und der dortigen Bevölkerung etwas Fleisch lieferte, aber selbst diese Tiere waren am Verhungern. Da es wenig zu essen gab und sich niemand anders das reichlich vorhandene Kupfer leisten konnte, stellte der Handel mit dem Eibenland die einzige Option dar.
»Tut mir leid«, sagte Jasmine. »Ich wünschte, uns wäre eine andere Wahl geblieben – zumal diese Drecksbande wahrscheinlich für die ganze Misere verantwortlich ist.«
»Ist schon okay«, versicherte ich ihr. »Du musstest die Bevölkerung satt kriegen, und das Kupfer lag nur unnütz rum.«
In diesem Moment trat ein Diener ein und verkündete, dass einige Gäste eingetroffen waren: Dorian, Shaya, Rurik und Pagiel. »Wie haben sie es so schnell hierhergeschafft?«, fragte ich, während der Diener sie holen ging. Sicher, Jasmine hatte sie benachrichtigen lassen, aber selbst bei magischer Übermittlung mussten sie doch erst noch von Dorians Reich hierherkommen.
»Sie waren alle im Vogelbeerland«, erklärte Jasmine. Sie nickte Roland zu. »Er hat uns vorgewarnt, dass du demnächst hier aufkreuzen dürftest, darum hat Dorian sich dort aufgehalten. Und Pagiel hat er mitgebracht, weil er davon ausgeht, dass du dich einmal mit ihm unterhalten möchtest.«
»Da hat er recht«, sagte ich. Trotz seiner Launen hatte Dorian immer ein gutes Gespür dafür, was ich dachte.
Mein Herz machte einen Satz, als ich ihn erblickte. Nach der Trostlosigkeit der Plage bot Dorians Erscheinung einen Hauch von Leben und Aufregung. Er kam mit großer Geste hereingerauscht wie bei einem förmlichen Staatsbesuch. Den Mittelpunkt seiner typischen prächtigen, farbenfrohen Aufmachung bildete eine smaragdgrüne Samtrobe, die mit goldenen Stickereien verziert war. Sie passte zu seinen grünen Augen und ließ seine langen Haare aussehen wie eine Woge aus Feuer, was einem die Illusion von Wärme vermittelte. Weder er noch die anderen trugen schwere Überkleidung, also hatten sie sie wohl erst in einem Vorraum abgelegt. Wahrscheinlich war Dorian seine Winterkleidung nicht elegant genug.
Er sah mir einen Moment lang in die Augen, und mir schossen plötzlich tausend Gedanken durch den Kopf. Wie wir uns voneinander verabschiedet hatten. Die Erinnerungen an seinen Körper, die mich in diesen letzten Monaten verfolgt hatten. Wie er mir gefehlt hatte. Und auch das Wissen, dass er mich vielleicht wieder liebte.
»Die eigensinnige Königin ist zurückgekehrt«, sagte er, als ob diese anderen Aspekte gar keine Rolle spielten. Er bemerkte auf einen Blick, wofür Jasmine etwas länger gebraucht hatte. »Merklich reduziert.«
Er sagte es leichthin, aber ich spürte, dass er sich ebenfalls fragte, was aus meiner Schwangerschaft geworden war.
»Das liegt daran, dass ich ohne meine Kinder gekommen bin.« Obwohl ich es beiläufig sagte, tat es weh. »Sie sind vor einem Monat auf die Welt gekommen, und es geht ihnen gut.«
Shaya machte ein ehrfürchtiges Gesicht. »Im Ernst? Sie entwickeln sich gut, obwohl sie so früh geboren worden sind?« Sie schüttelte staunend den Kopf. »Menschenmedizin«, war alles, was sie dazu sagte. Seit wir uns kannten, hatte sie immer sehr deutliche Worte zu der »alles verdrehenden Technik« der Menschen gefunden, aber ich glaube, die jetzige Situation ließ sie noch einmal neu über eventuelle Vorteile nachdenken. Wobei sie sicher trotzdem noch nicht offen für Geschichten über Kaiserschnitte und Brutkästen war.
Ihr ehrfürchtiges Staunen wich rasch der Freude. Sie umarmte mich, und selbst Rurik tat es ihr nach. Dorian und Pagiel dagegen blieben distanziert, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen. Sobald die Begrüßungen erledigt waren und wir uns alle gesetzt hatten, lehnte Rurik sich zurück und seufzte zufrieden.
»Also dann«, sagte er. »Nun, da Ihr zurück seid, können wir uns diese Plage vom Hals schaffen.«
Da war es wieder. Ich verzog das Gesicht. »Warum denken alle, dass ausgerechnet ich das hinkriege?«
»Ihr seid die Tochter des Sturmkönigs«, erwiderte er. »Das Wetter gehorcht Euch.«
» Dieses Wetter nicht. Ich meine, die einzelnen Teilchen, ja, aber in seiner Gesamtheit? Dieser Zauber geht weit
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