Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
Höchstwahrscheinlich wurde er durch einen Zusammenschluss zahlreicher Kräfte geschaffen, und selbst dann ließe sich ein so großer Zauber nicht ohne Weiteres über einen so langen Zeitraum aufrechterhalten. Diese Magie muss eine physische Komponente besitzen – also an Gegenstände geknüpft sein, die den magisch Begabten des Eibenlandes gestatten, sich mit den betroffenen Ländern zu verbinden.«
Den letzten Teil verstand ich nicht richtig, die anderen anscheinend aber schon. »Daran hatten wir bereits gedacht«, sagte Dorian. »Wir haben all diese scheußlichen Skulpturen zerstört, die die Botschafterin hiergelassen hat. Es hatte keine Auswirkung auf die Plage.«
Ich hatte gar nicht mehr an die geschmacklosen grün-weißen Ungetüme gedacht, die wir alle geschenkt bekommen hatten. Hinterher ist man immer schlauer, und so war mir plötzlich sonnenklar, was für perfekte trojanische Pferde diese Skulpturen abgegeben hätten. Varia hätte sie mit der Plage verknüpfen können, und wir hätten sie unwissentlich für ihren Besuch bereitgehalten, nur aus lauter hirnloser Etikette. Es wäre die perfekte Erklärung gewesen – nur standen Dorians Worte dazu im absoluten Widerspruch.
»Weil es nicht diese Gegenstände sind, die man mit dem Zauber verknüpft hat, Eichenkönig«, sagte Volusian. »Ein solcher Zauber erfordert viel Aufwand, und Varia und ihre Mitverschwörer würden die kritischen Komponenten wohl kaum dort lassen, wo Ihr an sie herankämet.«
»Und was sind nun die Komponenten?«, wollte Rurik wissen.
»Die Gegen geschenke«, hauchte ich. Ich hatte, ohne groß darüber nachzudenken, die Anweisung gegeben, der Botschafterin irgendein symbolisches Geschenk mitzugeben und das dann nicht weiterverfolgt. Und dementsprechend keine Ahnung, was meine Leute ihr mitgegeben hatten. »Ilania hat eine komplette Runde durch unsere Reiche gedreht und ihre kitschigen Plastiken verteilt, wodurch wir dann allesamt dazu verpflichtet waren, ihre Geschenke zu erwidern.« Ich wandte mich an Shaya. »Wir haben ihr doch eines mitgegeben, oder?«
Shaya blickte nachdenklich. »Ja. Wir haben ihr eine überaus kostbare Vase aus der ursprünglichen Kunstsammlung der Vogelbeerburg geschenkt. Später sagte sie, dass sie auch gern etwas Typisches aus dem Dornenland mitnehmen würde, ganz gleich wie klein, also habe ich auch das in die Wege geleitet. Sie hat sehr darauf Wert gelegt, dass es aus diesem Land stammt. Ich glaube, es war irgendein Kupferteller, aber das lässt sich herausfinden.«
»Ist nicht nötig«, sagte ich. »Entscheidend ist nur, dass wir ihr etwas mitgegeben haben. Und du auch, richtig?« Das war an Dorian gerichtet.
Er zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Ich schenke solchen Banalitäten keine Beachtung.«
Ich unterdrückte ein Augenrollen. Dorian kümmerte sich vielleicht nicht um die Alltagsangelegenheiten seines Hauses, aber es hatte garantiert irgendein kluger Diener dafür Sorge getragen, dass auf Seiten seiner Gnaden die Regeln der Etikette eingehalten wurden. Ich hätte sogar gewettet, dass sämtliche später von der Plage befallenen Monarchen es so gehalten hatten.
»Das ist es, oder?«, fragte ich Volusian. Langsam ergab sich ein Bild. »Mithilfe dieser Gegengeschenke wird der Zauber des Eibenlands aufrechterhalten. Sie sind mit unseren Reichen verbunden und wurden freiwillig hergegeben. Die Freiwilligkeit muss entscheidend sein, sonst hätte Iliania einfach irgendwelche Kleinigkeiten mitgehen lassen. Über diese Geschenke ist der Zauber mit unseren Landen verknüpft. Und solange Varia diese Gegenstände besitzt, kann sie auch die Plage andauern lassen.«
»Das wäre auch meine Vermutung, Herrin.«
»Also hält sie diese Gegenstände dort bestimmt sicher unter Verschluss.«
»Auch diese Annahme ist begründet, Herrin.«
»Würde eine Zerstörung der Gegenstände den Zauber brechen?«, fragte ich.
»Gewiss. Ohne tatsächliche Verbindung zu Euren Reichen hätte man im Eibenland keine Möglichkeit, den Zauber aus solcher Ferne aufrechtzuerhalten.«
Da ich wusste, dass es immer Potenzial für Infos gab, die zu liefern Volusian keine Lust hatte, zermarterte ich mir das Hirn nach weiteren relevanten Details. »Gibt es noch eine andere Möglichkeit, den Zauber zu brechen?«
»Ihr könntet die magisch Begabten töten oder handlungsunfähig machen.« Seine Wortwahl ließ Letzteres schlimmer klingen. »Die Talismane zu zerstören, dürfte jedoch die einfachste Lösung sein. Man wird sie alle an
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