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Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Titel: Dark Swan: Schattenkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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über deine Kinder reden«, sagte er. »Es heißt, sie sind zu früh gekommen.«
    Ich deutete auf meinen Bauch. »Offensichtlich.«
    »Und sie sind am Leben?« Die klinisch-distanzierte Art, wie er das fragte, war ein Schock.
    »Ja. Sie sind am Leben, und es geht ihnen gut.«
    Kiyo seufzte bestürzt. Hätte er »Mist« gesagt, ich hätte ihm an Ort und Stelle eine verpasst. Stattdessen sagte er: »Eugenie, du musst dir doch darüber im Klaren sein, wie gefährlich sie sind. Besonders der Junge.«
    »Nein. Darüber bin ich mir ganz und gar nicht im Klaren. Ich weiß nur, dass es unschuldige Kinder sind, die ihr Leben noch vor sich haben; ein Leben, das sie selbst gestalten werden und nicht irgendeine Prophezeiung, und ich habe vor, ihnen einen guten, glücklichen Start zu geben.«
    »Das klingt nett, aber auch naiv. Ich bin mir sicher, dein Vater hat auch mal als unschuldiges Kind angefangen. Aber was ist aus ihm geworden!«
    Zorn loderte in mir auf, deutlich heißer als das Küchenfeuer. »Sie sind nicht wie er. Ich auch nicht. Und nichts, was du sagen kannst, wird mich vom Gegenteil überzeugen. Das hat nicht funktioniert, als ich schwanger gewesen bin. Und es wird auch jetzt nicht funktionieren.«
    Wieder holte er tief Luft; er schien sehr um einen ruhigen und vernünftigen Eindruck bemüht zu sein. »Es geht mir nicht darum, grausam zu sein. Ich möchte das alles nicht. Ich versuche nur, dieser Welt und der Menschenwelt einen Haufen Leid und Zerstörung zu ersparen.«
    »Du möchtest nicht grausam sein?«, rief ich. »Du zielst auf nichts anderes als den Tod eines Kindes ab – eines Säuglings! Und weshalb? Wegen einer Prophezeiung, die wahrscheinlich ohnehin nicht stimmt? Die beiden werden nicht einmal wissen, dass es die Anderswelt überhaupt gibt! Sie haben mit alldem hier nichts zu tun, und ich bin fest entschlossen, dass das auch so bleibt.«
    In seinen Augen zeigte sich eine Spur von Verärgerung. Vielleicht funktionierte das Aggressionsbewältigungstraining, das er anscheinend absolviert hatte, ja doch nicht so gut. »Genau diese Einstellung haben alle, wenn sie versuchen, das Eintreffen einer Prophezeiung zu verhindern. Du kennst die alten Geschichten doch. So zu tun, als ob es eine Prophezeiung nicht gibt, führt dazu, dass sie wahr wird. Das Schicksal erfüllt sich immer auf eine Weise, mit der man nicht rechnet.«
    »Unsere Handlungen und Entscheidungen formen unsere Schicksale«, knurrte ich. »Ansonsten kann man ja gleich in die Grube springen. Ich kann nicht fassen, dass dir das nicht in den Kopf will! Du warst doch früher immer so vernünftig – jedenfalls bevor du beschlossen hast, deine eigenen Kinder umzubringen. Dir steht es überhaupt nicht zu, zu sagen, dass mein Sohn hier das Monster ist.«
    Das hatte gesessen, und darauf hatte ich ja auch abgezielt. Ein seltsamer Ausdruck, aus dem ich nicht recht schlau wurde, trat in sein Gesicht. Er drückte weder ein schlechtes Gewissen noch Ärger aus, wie ich erwartet hätte. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, öffnete sich ohne Anklopfen die Tür, und Dorian kam hereinspaziert, als würde er hier schon seit Jahren ein und aus gehen.
    »Ja, so was«, sagte er munter. »Ich hoffe, ich habe euch nicht bei irgendetwas unterbrochen. Ich kam nur gerade vorbei und dachte, ich schaue einmal, ob deine charmante rustikale Behausung irgendwelches Flickwerk benötigt. Meine Magie eignet sich hervorragend zum Beschwören von Steinen und Erde für kleine Ausbesserungsarbeiten an Haus und Hof.«
    Er hatte diesen typischen harmlosen Blick und Tonfall drauf, aber ich ließ mich keine Sekunde lang täuschen. Dorian schaute nicht zufällig vorbei. Er hatte entweder gesehen, wie Kiyo hier hereingekommen war, oder jemand hatte es ihm erzählt. Mein Verdacht bestätigte sich, als Dorian seine Hände so auf die Hüften legte, dass seine Robe aufklaffte und das Schwert an seiner Seite enthüllte.
    »Es ist alles bestens«, sagte ich mit einem schmalen Lächeln. »Kiyo hat mir nur wieder mal erklärt, warum mein Sohn ein Schrecken ist, vor dem es sich zu fürchten gilt.«
    Dorian riss spöttisch die Augen auf. »Klein-Thundro? Ein Schrecken? Wohl kaum, es sei denn, wir reden hier von Windeln.«
    Kiyo entglitt seine harte Miene für einen Moment. »Moment mal. Du hast deinen Sohn Thundro genannt?«
    Ein lauter Schrei zerriss die Nacht und verhinderte, dass ich antwortete. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Es hatte weder nach Mensch noch nach Feinem geklungen.

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