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Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Titel: Dark Swan: Schattenkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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Augen. Die Lumpen, mit denen sie sich warm zu halten versuchte, taugten überhaupt nicht für dieses Wetter und offenbarten eine Figur, die hauptsächlich aus Knochen bestand. Außerdem fiel mir auf, dass ihr an der linken Hand zwei Finger fehlten, und ich fragte mich, ob sie ihr abgefroren waren. Die Hand war verbunden, was auf eine kürzliche Verletzung hindeutete.
    In diesem Moment wollte ich ihr so dringend etwas zu essen geben, dass meine Hände wie von selbst nach meinem Reisegepäck griffen. Mir fiel wieder ein, was Dorian gesagt hatte, und ich zwang mich dazu, vorauszudenken. Ihr etwas zu geben – und sei es ein Streifen Trockenfleisch – , schien mir keine große Sache zu sein. Aber was, wenn dieses Stück Fleisch jemanden von uns am Leben erhielt, wenn wir im Eibenland ankamen? Was, wenn dieses Stück den Unterschied machte, ob wir der Plage ein Ende setzten oder scheiterten?
    Ich fällte eine Entscheidung, griff in mein Gepäck – und zog einen Pullover hervor.
    »Hier. Nimm den.«
    Rhonas braune Augen wurden groß. »Herrin, das darf ich nicht. Er ist zu gut.«
    Gut? Er zählte zu den Sachen, die ich in einem Secondhandladen in Tucson aufgetrieben hatte, ein roter weihnachtlich gemusterter Pulli aus Wolle mit weißen Schneemännern darauf.
    »Ich bestehe darauf«, sagte ich mit meiner gebieterischsten Stimme. »Es stellt eine schwere Beleidigung der Königin dar, wenn du ihn nicht annimmst.«
    Mein Bluff funktionierte. Rhona schnappte sich den Pulli und presste ihn an ihre Brust. »Habt Dank, Mylady. Habt Dank«, sagte sie immer wieder und bewegte sich unter Verbeugungen rückwärts zur Tür. Als sie weg war, seufzte Jasmine.
    »Das hättest du nicht tun sollen. Wenn du ihn nun später brauchst?«
    »Ich hab noch ein paar andere. Und sie braucht ihn wesentlich dringender.« Als ich Jasmines skeptischen Blick sah, fügte ich hinzu: »Wie schaffst du es, das alles zu sehen und dich nicht davon fertigmachen zu lassen?«
    »Ich versuche, es eben nicht zu sehen«, sagte sie unverblümt. »Oder nicht darüber nachzudenken. Nur so habe ich die letzten Monate überstehen können.« Es klang brutal, aber dann wurde mir klar, dass ich ihre Argumentation verstehen konnte – und dass mir das gar nicht gefiel. Sie warf ihr Gepäck kurzerhand auf den Boden und streckte sich. »Ich geh mal ein bisschen rüber zu Pagiel.«
    Ich wusste, dass Pagiel für die Nacht eine eigene Hütte hatte, und fragte mich, ob ich versuchen sollte, die Anstandsdame zu spielen. Am Ende ließ ich sie gehen, ohne etwas zu sagen. Sie war über unsere gemeinsame Zeit hinweg immer verantwortungsbewusster geworden, und außerdem, wer war ich denn, dass ich ihr in diesen Zeiten ein bisschen Glück missgönnen wollte? Ich zog einen Stuhl so dicht an die Feuerstelle heran, wie es ging, und wärmte mich, während ich gleichzeitig versuchte, nicht in Grübeln darüber zu verfallen, was Isaac und Ivy wohl gerade machten.
    Es klopfte hinter mir, und ich rief »Herein«, ohne mich auch nur umzudrehen. Was dumm war, wie sich herausstellte.
    »Eugenie?«
    Ich sprang auf und wirbelte herum, als Kiyo eintrat. Ich hatte die meisten Waffen bereits abgelegt, aber ein Athame steckte noch in meinem Gürtel. Ich zog es und hielt es zwischen uns. »Keinen Schritt näher«, warnte ich ihn.
    Er schloss die Tür und streckte flehend die Hände vor. »Ich will keinen Ärger machen. Ich bin nur gekommen, um zu reden.«
    »Ich habe kein Interesse daran, mit dir zu reden. Ich will keine weiteren Beteuerungen hören, dass du nur mit auf die Reise gekommen bist, um uns zu helfen, und das Kriegsbeil begraben hast, um die Welt zu retten.«
    »Also deshalb bin ich jetzt eigentlich nicht gekommen.«
    »Ach. Dann willst du dich wohl dafür entschuldigen, dass du versucht hast, mich zu töten? Weil ich das nämlich auch nicht hören will.«
    »Deshalb bin ich auch nicht gekommen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
    Autsch. Ich hatte gemeint, dass ich nicht hören wollte, wie er rumbettelte, und tatsächlich konnte keine Entschuldigung wiedergutmachen, was er getan hatte. Trotzdem hätte der Versuch, Reue zu zeigen, irgendwie etwas, na ja, Anständiges gehabt. »Dann weiß ich wirklich nicht, warum du hier bist.« Ich setzte mich wieder auf den Stuhl und rückte ihn herum, damit ich Kiyo sehen konnte, und das Athame behielt ich in der Hand. Ich hatte nicht vor, in meiner Wachsamkeit nachzulassen, aber ich wollte kühles Selbstbewusstsein zeigen.
    »Ich wollte mit dir

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