Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
Arm. »Ich habe eine Idee.« Er erklärte sie mir rasch.
Ich verzog das Gesicht. »Primitiv. Könnte aber klappen«, gab ich zu. »Welchen Baum?«
Wir sahen uns im Dorf um, und ich verfluchte die Nacht, da sie unsere Sichtweite einschränkte. »Diesen dort«, sagte Pagiel und zeigte dorthin. »Es ist der größte.«
»Okay.« Zu Jasmine und Dorian sagte ich: »Macht ihr beiden mal einfach weiter, damit dieses Vieh nicht merkt, was los ist.«
Ich zog die volle Kraft meiner Sturmmagie zusammen und zwang jedes Luftmolekül, das ich (bildlich gesprochen) in die Finger kriegen konnte, dazu, mir zu gehorchen. Neben mir spürte ich, wie auch Pagiel seine Luftmagie herbeirief. Sie fühlte sich ganz ähnlich an wie meine, und wir waren in der Lage, unsere Kräfte aufeinander abzustimmen. Als ich mit ihm verbunden war, staunte ich, wie stark er war. Vielleicht hätte es mich nicht überraschen sollen, da Jasmine auch ziemlich geschickt mit der Luft war. Ich war zwar stärker, aber durch seine Unterstützung kam ich mir fast gottgleich vor.
Gemeinsam rissen wir eine der toten Palmen aus dem Boden, und zwar so, dass die Wurzeln zurückblieben und eine abgesplitterte Spitze hinterließen. Selbst unter ihren ungewöhnlich großen Artgenossen war diese Palme noch ein Riese. Vorsichtig stimmten wir uns aufeinander ab und hoben die Palme mithilfe der Luft an und kippten sie so, dass sie parallel zum Boden in der Luft schwebte.
»Wir müssen dafür sorgen, dass das sitzt«, sagte ich. »Wir brauchen einen Windstoß von der Wucht eines Hurrikans oder Tornados; sonst wirft er dieses Vieh bloß um. Ziele und mach dich bereit. Auf drei?« Pagiel nickte knapp; sein Gesicht war voller Falten vor Anspannung, als er versuchte, in Sachen Magie mit mir mitzuhalten. »Eins. Zwei … « Die Luft knisterte vor Ladung, als ich mich bereitmachte, sie auf einen Schlag zu entfesseln. »Drei!«
Pagiel und ich ließen die Palme los. Sie schoss mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit auf das Vieh zu. Und sie war schwer. Der Stamm war zwar nicht geschärft wie eine Pfeilspitze, aber wenn etwas so Großes, so Schnelles und so Schweres einen trifft, dann richtet es auch Schaden an. Besonders, wenn es direkt auf die Brust gezielt ist.
Und mit dieser schroffen Spitze gelang es uns, die zähe Haut zu durchstoßen. Pagiels Hoffnung war es gewesen, dass die Palme das Vieh komplett durchbohrte, aber so gut waren wir nun auch wieder nicht. Trotzdem blieb der Stamm in der Brust des Viehs stecken, was vollauf reichte, um es zu töten. Der Sturm brüllte noch einmal, aber diesmal klang es völlig anders. Diesmal war es ein Todesröcheln. Es machte noch ein paar unsichere Schritte, dann fiel es um. Es zuckte ein paarmal und bewegte sich nicht mehr.
»Cool«, sagte Jasmine.
»Und jetzt«, bemerkte Kiyo wieder in seiner menschlichen Gestalt, »wissen wir auch, wie wir mit eventuell auftauchenden Vampiren fertig werden.«
Die Dörfler kamen aus ihren Hütten und hatten es eilig, sich die Überreste des Monsters anzusehen, das sie terrorisiert hatte. Ich sah zu Pagiel hinüber, der sichtlich zitterte. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
Er lächelte matt, aber seine Augen leuchteten. »Ja. Ich hatte keine Ahnung, dass ich so etwas kann. Ich meine, eigentlich war ich es auch gar nicht. Das meiste habt ja Ihr getan.«
»Du warst auch nicht so schlecht«, sagte ich. »Du hast mehr Kraft, als du denkst. Ich glaube nicht, dass ich den Stamm ohne dich in das Vieh reingekriegt hätte.« Pagiel strahlte.
Neben ihm machte Jasmine ein finsteres Gesicht. »Die sind ja so was von undankbar.« Sie zeigte zu den Dörflern. Sie standen alle um das gefallene Monster herum; wir sahen nur ein paar Rücken. »Nicht mal ein Dankeschön.«
»Sie sind zu sehr beschäftigt«, sagte Kiyo, der von uns allen die schärfsten Augen hatte.
»Womit denn?«, wollte Jasmine wissen.
Kiyo grinste sie an. »Mit Schlachten. Das Vieh gibt ihnen Fleisch für Wochen.«
Kapitel 15
Je weiter wir reisten, desto mehr lernten wir. Extreme Kälte und Hunger waren nicht die einzigen Probleme, vor die sich die Bewohner der Anderswelt gestellt sahen. Diese Welt wimmelte von allen möglichen Albtraumgeschöpfen, die den zivilisierten Königreichen in der Regel fernblieben. Ungeheuer, die an klimatische Kaltzonen angepasst waren, blieben normalerweise eher im Verborgenen, da die Monarchen es vorzogen, in ihren Reichen angenehme Lebensbedingungen zu schaffen.
Nun hatte sich das auf einen Schlag
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