Dark Village 02 - Dreht euch nicht um
nicht irgendwie verändert gewirkt, jedenfalls nicht so deutlich, dass man daraus hätte schließen können, wie das Gespräch mit Viksveen verlaufen war.
Ich will nicht an Vilde denken.
Trine bremste und stieg vom Fahrrad. Sie stand auf dem Bürgersteig und überlegte. Dann kramte sie ihr Handy aus der Sporttasche.
Sie rief Tryms SMS auf und tippte rasch eine Antwort:
Freu mich.
18
Sie sahen fern. Ihre Mutter war gegangen, Yngve war bei einem Kumpel und musste erst um halb neun zu Hause sein. Vilde und Charlene saßen im Wohnzimmer und guckten CNN. Charlene wollte über die USA auf dem Laufenden bleiben.
Jetzt warf sie Vilde einen langen Blick zu.
„What’s the matter?“
„Nichts.“
Vilde schüttelte den Kopf. Ihr fiel wieder ein, was sie vor ein paar Tagen zu Trine gesagt hatte, als sie sich im Wald gestritten hatten: Glaubst du etwa, ich wäre lesbisch? Glaubst du, ich renne durch die Gegend und bin scharf auf jedes Mädchen, das mir in die Quere kommt? Ich will mit dir zusammen sein, Trine, mit dir. Es geht um dich.
Es hatte schon neulich irgendwie schief geklungen und jetzt tat es das noch mehr. Es war, als ob das mit Trine – die Küsse, die Leidenschaft – etwas in ihr freigesprengt hätte. Plötzlich be trachtete sie alle Mädchen mit anderen Augen.
Trine hatte eine Explosion in ihr ausgelöst, und diese Explosion hatte eine Lawine ins Rollen gebracht, die zu Tal donnerte und dabei immer größer wurde. Sie war außer Kontrolle geraten und das verwirrte Vilde und machte sie wütend auf sich selbst. Es war, als ob die starke und beinahe ständige Lust ihre Gefühle für Trine abwertete. Es war doch etwas Besonderes gewesen, das mit Trine – etwas Einzigartiges. Aber jetzt wirkte es billig und nuttig, weil sie auf jede zweite Frau abfuhr, die ihr über den Weg lief.
Glaubst du, ich renne durch die Gegend und bin scharf auf jedes Mädchen, das mir in die Quere kommt? Ja, offensichtlich war sie das.
Jedenfalls kam es ihr so vor. Erst Trine im Wald, dann die Viksveen im Kopierraum und jetzt Charlene, sweet Charlene .
„Come on“, sagte Charlene. „I can see that it’s …“
„Es ist nichts!“
Aber Vilde hörte selbst, wie heiser ihre Stimme war. Sie wandte sich ab. In ihrem Kopf pochte es und sie spürte einen Druck hinter den Augen. Tränen stiegen in ihr auf. Ausgerech net jetzt, und sie konnte nichts dagegen tun.
„He-ey“, sagte Charlene.
Vilde hörte, dass Charlene vom Sofa aufstand. Sie drehte sich zu ihr um und sah sie durch einen Tränenschleier auf sich zu kommen.
„Es ist nichts“, schniefte sie. „ Shit, ich weiß auch nicht, wieso ich heule. Das ist einfach so gekommen.“
Charlene ging neben ihr in die Hocke. Vilde hatte die Beine hochgezogen. Charlene lehnte sich an sie, stützte sich auf Vildes Oberschenkel, blickte ihr ins Gesicht.
„Vilde“, sagte sie fast ohne Akzent.
„Ja.“ Vilde wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von der Wange.
„We can talk“, sagte Charlene. Sie hob eine Hand und strich vorsichtig eine Haarsträhne aus Vildes Gesicht.
„Nee.“
„Come on. Vilde.“
„Ich bin …“ Vilde zuckte hilflos die Schultern. „Fucked up.“
„But why?“ Charlene legte die Handflächen an Vildes Wan gen. „If it’s about your mother …“
„No, no.“ Vilde schniefte.
„You sure?“
„I don’t care about Mama.“
„Of course you care.“ Charlene hielt Vildes Gesicht immer noch zwischen den Händen. Ihre Finger waren warm und stark. Vilde spürte den intensiven Drang, sich ihr mit Haut und Haar hinzugeben.
„Es ist so viel passiert“, flüsterte Vilde. „In den letzten Tagen. So … so vieles, was ich früher nicht für möglich gehalten hätte.“
„Life can be really hard.“ Charlene lächelte tröstend und kam näher, immer näher, bis ihre Nasen sich berührten. Sie rieb ihre Nasenspitze an Vildes und lachte leise. „You’ll make it, honey. Don’t worry. You’ll be all right.“
Vilde konnte nicht sprechen. Charlenes Lippen waren groß und rot und feucht. Ihr Atem war frisch und warm. Vilde schloss die Augen. Küss mich! Halt mich fest und hab mich lieb! Liebe mich!
Doch dann zog Charlene sich zurück – und der intime Mo ment war vorüber. Die knisternde Nähe war weg.
Vilde musste etwas sagen, um ihre Enttäuschung zu überspie len. „Es … es geht schon besser.“
Charlene lächelte leicht, ein bisschen anders als sonst. Und flüsterte: „That’s good, Wild. That’s good.“
19
Nick wirkte
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