Dark Village - Niemand ist ohne Schuld
die Schultern gelegt und sahen glücklich aus.
Trines Wand.
Benedicte stand davor und wartete auf die anderen. Es war traurig zu sehen, wie das Blumenmeer langsam verwelkte. Gleichzeitig hatte es aber auch was Befreiendes. Es war ein Zeichen dafür, dass alles irgendwann ein Ende hatte, dass es nicht mehr ewig so sein würde wie jetzt. Alles veränderte sich – und vielleicht wurde es ja auch wieder besser.
„Nicht hier“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Benedicte drehte sich um und schaute in das Gesicht von Vilde. Nora stand direkt hinter ihr.
„Ach“, sagte Benedicte überrascht, „ich dachte nur …“
„Wir gehen raus.“ Vilde marschierte los, ohne eine Antwort abzuwarten.
Nora und Benedicte tauschten einen Blick. Benedicte schnitt eine Grimasse: Wenn sie meint … Sie folgten Vilde hinaus auf den Schulhof.
„Ich hab Lust auf eine Kippe.“ Vilde wandte sich der Raucherecke zu.
„Warte.“ Benedicte hielt Vilde zurück. „Ich muss euch erst was sagen.“
Vilde kniff die Augen zusammen. „Was?“
Die Leute drängelten sich an ihnen vorbei.
„Wir können nicht auf der Treppe stehen bleiben“, sagte Nora.
„Kommt.“ Benedicte deutete auf ein ungestörtes Fleckchen am Rande des Schulhofs.
„Okay“, sagte Vilde. „Was liegt an?“
„Du“, sagte Benedicte und griff nach dem Ärmel von Vildes Lederjacke. „Wir müssen reden. Alle drei. Heute Abend.“
„Hah!“ Vilde grinste.
„Doch“, sagte Benedicte. „Es ist wichtig.“
„Ich muss jetzt eine rauchen.“
„Vilde, du kannst doch wohl noch einen Moment warten.“
„Was geht dich das an?“ Vilde machte sich los. „Was ist denn mit dir? Was ist …“
„Nick war dabei, als die Viksveen gestorben ist“, platzte es aus Benedicte heraus.
„Hä?“, machte Nora.
„Nick?“, fragte Vilde. Woher zum Teufel wusste Benedicte davon?
„Ja, Nick“, sagte Benedicte. „Nick aus unserer Klasse. Dein Nick, Nora. Ich habe ja gesagt, dass du dich vor ihm in Acht nehmen sollst.“
3
„Hier haben wir also Trine.“
Der Ermittlungsleiter trat zur Seite, damit alle die Tafel hinter ihm sehen konnten, an der vier Bilder von Trine hingen. Ein Porträt, das anlässlich ihrer Konfirmation gemacht worden war, und drei von ihrer nackten Leiche. Gesicht, Rumpf und der ganze Körper.
„Machen wir es kurz: Wie Sie wissen, hat die Obduktion drei Dinge ergeben. Erstens: Aufgrund eines Beruhigungsmittels im Körper wurde Trine bewusstlos. Zweitens: Sie lebte noch, als sie in der Folie in den See geworfen wurde. Sie starb an Sauerstoffmangel, vermutlich, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Und drittens: Sie wurde nicht missbraucht, geschlagen oder auf irgendeine andere Art misshandelt. Die Hämatome an den Oberarmen, der Hüfte und den Unterschenkeln stammen vom Klebeband, mit dem die Plastikfolie fest umwickelt wurde. Unter anderem sind es diese blauen Flecken, die verraten, dass sie lebte, als sie verpackt wurde. Der Blutkreislauf war noch intakt. Das Blut im Mundwinkel stammt von einer kleinen Bisswunde in der Mundhöhle.“ Der Ermittlungsleiter sah sich um. „Ich möchte an dieser Stelle nicht ausschließen, dass Trines Tod ein Unfall gewesen sein könnte.“ Er räusperte sich. „Wir sind der Meinung, dass Trine verabredet war. Mit wem, wissen wir nicht, ebenso wenig, welche Rolle die betreffende Person in ihrem Leben spielte. Aber gehen wir mal davon aus, es war ihr Freund oder zumindest jemand, an dem sie Interesse hatte. Er muss älter als sie sein, er hat Zugang zu Tabletten und einem Auto. Die beiden treffen sich im Wald und vergnügen sich. Sie schlafen nicht miteinander, kuscheln nur ein bisschen. Er hat ein paar Pillen dabei, und sie hat Lust, sie auszuprobieren. Und dann passiert es: Sie verträgt die Tabletten nicht und wird ohnmächtig. Erst findet er das vielleicht lustig, als sie jedoch nicht wieder aufwacht, macht er sich Sorgen. Er versucht, ihren Puls zu fühlen, aber bei einem Menschen, der tief bewusstlos ist, geht das nicht so einfach. Er findet keinen Puls und glaubt, dass sie tot ist, dass er ihr eine Überdosis verabreicht hat. Er gerät in Panik. Er ist mit dem Auto gekommen und hat zufällig Plastikfolie und Klebeband dabei. Vielleicht arbeitet er im Baugewerbe oder renoviert gerade bei sich zu Hause. Er zieht sie aus, weil er fürchtet, Fasern an ihren Kleidern zu hinterlassen, dann rollt er sie in die Folie, klebt das Ganze zu und wirft sie ins Wasser. Ihre Kleider nimmt er mit,
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