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DARKNET

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Titel: DARKNET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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außerdem, du bist mein Zeuge. Das war
vor
YouTube. Ich hatte diese Idee
vor
YouTube.»
    «Damals hatte man noch Wählverbindung, Liang.»
    «Darum geht’s nicht. Ich lag goldrichtig.»
    «Und trotzdem bist du jetzt hier und arbeitest für die Regierung.»
    Shen verdrehte die Augen. «Ich arbeite nicht für die Regierung, oder jedenfalls
habe
ich nicht für die Regierung gearbeitet, bis irgendein Arschloch angefangen hat, an unseren Netzwerken herumzumanipulieren, und sie mich reaktiviert haben.» Er salutierte. «Hauptmann Shen, wenn ich bitten darf.»
    «Ein Cyber-Kriegführungsbataillon der Volksbefreiungsarmee? Das klingt beunruhigend konformistisch für den Shen Liang, den ich kannte.»
    Shen nickte grimmig und nahm einen großen Schluck von seinem Martini. «Na ja, Jon, ich habe mich in Amerika ordentlich in die Scheiße geritten. Danach musste ich hierher zurück, und ich war
so was
von aus dem Ruder gelaufen. Um da rauszukommen, brauchte ich mächtige Freunde, und zwar schnell. Ich musste mehr als herausragend sein.»
    «Und so kam’s, dass du an der Militärakademie für Telekommunikation in Wuhan gelandet bist?»
    Shen hörte mitten im Paffen inne und sah Ross mit verengten Augen an. Er nahm den Zigarillo aus dem Mund. «Woher zum Teufel weißt du das?»
    «Und dann bei der Abteilung allgemeines Militärgerät, wo du westliche Router-Chipsets modifiziert hast?»
    Shen machte eine Bewegung, als wollte er Ross den Mund zuhalten. «Hältst du bitte die Klappe? Bist du verrückt oder was? Woher zum Teufel weißt du das?»
    «Wir stehen an einem Scheideweg, Liang.»
    «1999 ist vorbei, Jon. Das Internet ist kein Spielzeug mehr. Netzwerktechnologie ist jetzt Macht – die Sorte Macht, mit der man die Welt beherrscht. Das ist eine todernste Sache. Hör auf, so kindisch zu sein.»
    «Wir hatten eine tolle Zeit damals. Weißt du noch, wie wir dachten, die Technologie würde die Welt verändern?»
    «Tja, sie hat’s aber nicht getan. Unsere Eltern hatten recht, Jon. Es ist erschreckend, wie recht sie hatten. Nichts ändert sich. Nur die Gesichter.»
    «Ich bedaure es, dass du so denkst. Ich meine mich zu erinnern, dass du große Hoffnungen in eine Demokratisierung Chinas gesetzt hast.»
    Shen funkelte ihn nur wütend an, da die Bedienung mit Ross’ Drink zurückkam. Beide schwiegen, bis sie wieder weg war.
    Shen schüttelte den Kopf und langte nach einem Aschenbecher. «Ich weiß nicht, wovon du redest. Und außerdem
haben
wir in China Demokratie. Die Leute können mit ihrem Geld abstimmen, genau wie in Amerika.»
    «Aber wenn nur Geld bestimmt, haben die Leute ohne Geld keine Stimme.»
    «Na ja, die intelligenteren Leute machen meistens auch Geld, also sehe ich nicht, wo das Problem ist.»
    «Was passiert, wenn dir jemand dein Geld wegnimmt?»
    Shen sah Ross argwöhnisch an.
    Ross fuhr fort: «Davon reden wir doch, oder? Jemand hat dir gedroht, deine Firma zu konfiszieren, wenn du nicht spurst. Lebt so ein freier Mensch, Liang? In Angst vor den Mächtigen?»
    «Freiheit wird überbewertet. In einem Iglu in der Antarktis kannst du in absoluter Freiheit verhungern. Die Wirtschaft macht das Leben der Menschen besser, nicht die Demokratie. Die Welt ist voller dysfunktionaler Demokratien, die von wahlberechtigten Idioten paralysiert werden.»
    «Liang –»
    «Jon, weißt du, dass laut der Weltbank im Jahr 1980 über die Hälfte aller Chinesen in Armut lebten? Und weißt du, wie viele es jetzt sind? Magst du raten? Vier Prozent, Ross.
Vier
. Das hat die wirtschaftliche Entwicklung bewirkt, nicht die Demokratie.»
    Ross nickte. «Aber das ist doch der Deal, oder nicht? Sie bieten euch wirtschaftliche Entwicklung im Tausch dafür, dass ihr kein politisches Mitspracherecht habt – aber diese wirtschaftliche Entwicklung ist hohl und nicht nachhaltig. Hast du in letzter Zeit die Märkte verfolgt? Es knackt im Gebälk. Glaub mir, am Ende wirst du merken, dass sie die ganze Macht haben und du nicht zählst. Wohlstand ist kein Wohlstand, wenn er einem einfach genommen werden kann.»
    «Und Amerika findest du besser? Den Wohlstand dort? Die schulden uns mehr Geld, als es auf der Welt gibt. Amerika ist erledigt. Warum hilfst du denen?»
    Ross runzelte die Stirn. Um die Frage erst mal zu verdauen, nahm er einen Schluck von seinem Drink, ehe er sagte: «Ich – ihnen helfen? Wovon redest du?»
    «Fang gar nicht erst an. Du weißt genau, was ich meine.»
    Ross nickte. «Dann hast du mich also hierherbringen lassen, weil ihr

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