Darkover 03 - Herrin der Falken
schwarze Mähne der Berg-wind zauste, ihre Reverenz erwiesen hatte. Carolin sprang aus dem Sattel und begrüßte sie freundlich.
»Schwertfrau Romilly, ich bin selbst gekommen, um Euch meinen Dank für Eure Botschaft auszusprechen, Euch und Euren Gefährten bei den Kundschaftervögeln. Wir ziehen morgen gegen Rakhals Armee, und ich habe meiner Verwandten Maura gelobt, sie brauche an einer Schlacht gegen ihren Verwandten nicht teilzunehmen. Deshalb müßt Ihr und der Laranzu die Arbeit tun.« Er lächelte ihr zu. »Komm, Kind, du warst doch nicht stumm, als du mit mir nach Nevarsin geritten bist. Damals hast du mich ›Onkel‹ genannt.«
Romilly platzte heraus: »Ich tat es in Unwissenheit, Sir. Es war kein Mangel an Respekt, ich hielt Euch für Carlo vom Blauen See…«
»Das bin ich auch«, fiel Carolin lächelnd ein. »Carlo ist der Name aus meiner Kinderzeit, so wie mein kleiner Cousin Caryl genannt wird. Und meine Mutter schenkte mir das Landgut ›Blauer See‹, als ich eine Junge von fünfzehn war. Zwar war ich nicht, für was du mich hieltest, aber bei dir war es ebenso. Denn ich hielt dich für einen Stalljungen, irgendeinen MacAran-Bastard, und nicht für eine Leronis, als die ich dich jetzt antreffe.“
Romilly wußte, trotz ihrer Jungenkleidung hatte er sie ziemlich bald durchschaut und aus seinen eigenen Gründen darüber geschwiegen. Dieses Schweigen hatte es Orain erlaubt, mit ihr Freundschaft zu schließen, und dafür war sie dankbar. Sie begann: »Euer Majestät…«
Er winkte ab. »Ich halte nichts von Zeremonien unter Freunden, Romilly, und ich habe nicht vergessen, daß ich ohne dich das Frühstück des Banshees geworden wäre. Du wirst also die Kundschaftervögel fliegen lassen, um meine Ratgeber über Rakhals – oder Lyondris – Vorbereitungen zur Schlacht zu unterrichten?«
»Es wird mir eine Ehre sein, Sir.«
»Gut. Nun muß ich mit meiner Verwandten reden und sie von ihrer Angst befreien«, sagte er. »Ich glaube, auch Dame Jandria empfindet immer noch Liebe für Lyondri…«
»Für den Mann, der er war«, erklang Jandrias leise Stimme vom Zelteingang her, »nicht für den Mann, der er ist, Carlo. Es widerstrebt mir, die Hand gegen ihn zu erheben, aber ich werde auch keinen Finger rühren, um sein Schicksal aufzuhalten. Hätte ich genug Laran, wäre ich heute unter deinen Leroni, um gegen den Mann zu kämpfen, der er geworden ist. Ist in ihm noch genug von dem alten Lyondri übrig, daß er erkennt, was er heute ist, wird er um einen sauberen Tod beten.«
Mauras Augen waren tränennaß. Sie sagte: »Carlo, ich habe geschworen, daß ich weder Hand noch Laran gegen meine Hastur-Verwandten gebrauchen werde. Ich bin eine Elhalyn, und sie sind Blut von meinem Blut. Aber wie Jandria werde ich dich auch nicht daran hindern, zu tun, was du mußt.« Sie trat an die Reck, auf der Temperentia saß, und beugte ihren Kopf vor dem Vogel, und Romilly wußte, sie tat es, weil sie weinte. Dieser Krieg stellt Bruder gegen Schwester und Vater gegen Sohn,.. Was kommt es darauf an, welcher Schurke auf dem Thron sitzt oder welcher größere Schurke versucht, ihn hinunterzustoßen …? Sie war sich nicht sicher, ob es Ruyvens Gedanke war, den sie hörte, oder ob ihr Vater in ihrer Erinnerung sprach, denn es schien, als existiere die Zeit nicht mehr.
Carolin sah sie beide traurig an. »Ich habe geschworen, mein Volk zu schützen, und wenn ein Hastur diesen Eid bricht, schütze ich es auch vor ihm. Ich wünschte, ich könnte euch klarmachen, wie wenig mich nach Rakhals Thron gelüstet und wie gern ich ihn ihm abtreten würde, wollte er mein Volk nur behandeln wie ein echter König, es achtend und schützend…«
Es war, als spräche er zu sich selbst, und später konnte Romilly nicht entscheiden, ob er laut gesprochen oder ob sie es sich eingebildet hatte. Ihr Laran spielte ihr seltsame Streiche. Es kam ihr vor, als sei ihr Gehirn zu klein, um alles aufzunehmen, was sich hineindrängen wollte, sie fühlte sich gereckt, vergewaltigt, vollgestopft mit Fremdartigkeit, der Kopf drohte ihr zu platzen. Sie fragte Carolin: »Darf ich meinen guten Freund begrüßen, Euer Pferd, mein Lord?«
»Wirklich, ich glaube, er vermißt dich«, antwortete Carolin. Sie ging zu Sonnenstern, dessen Zügel Carolin um eine Stange geschlungen hatte, und warf dem Pferd die Arme um den Hals. Du bist das Reittier eines Königs, und trotzdem bist du mein, sagte sie, nicht in Worten, und spürte Sonnensterns Antwort in ihrem Geist.
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