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Darkover 03 - Herrin der Falken

Titel: Darkover 03 - Herrin der Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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auszuspähen?«
    Nach ihren letzten Flugerfahrungen war es ihr unangenehm. Aber als der Vogel aufstieg und sie ihn im Geist begleitete, widerfuhr ihr nichts von der beunruhigenden Desorientierung. Mit unendlicher Erleichterung stellte sie fest, daß es genauso war, als fliege sie mit Preciosa. Sie sah auf merkwürdige Weise doppelt, doch das war alles. Durch die Augen des Vogels, hundertmal schärfer als ihre eigenen, sah sie, daß Carolins Armee einen halben Tagesritt hinter ihrer kleinen Vorhut war, und sie spürte – ohne es als Eindringen zu empfinden –, daß Ranald ihrem Geist die Position entnahm und an Carolin weitermeldete.
    »Wir werden hier lagern und auf sie warten«, bestimmte Maura. »Wir sind alle müde, und unsere Falkenmeisterin braucht Ruhe.«
    Ich sollte es nicht zulassen, daß sie mich verhätscheln. Ich will nicht, daß Ruyven oder Orain oder Carolin selbst denkt, weil ich eine Frau bin, müsse ich geschont werden. Orain wird mich respektieren, wenn ich so tüchtig wie ein Mann bin…
    Lord Ranald gähnte: »Auch ich fühle mich nach diesen Tagen scharfen Reitens, als sei ich rückwärts einen Wasserfall hochgezogen worden. Die Ruhe wird mir guttun. Und die Vögel brauchen keine zusätzliche Bewegung.« Er wies die Soldaten an, das Lager aufzuschlagen.

6.
    Daß die Armee sich näherte, erkannte Romilly nicht aus dem, was sie hörte, obwohl sie, wenn sie in dem Zelt, das sie mit Domna Maura teilte, scharf horchte, in der Erde ein leises, fernes Dröhnen vernahm, erzeugt von einer großen Kolonne marschierender Männer. Den Ausschlag gab jedoch die wachsende Gewißheit in ihrem Geist, das Gefühl der Einheit, eine vertraute Verbundenheit…
    Sonnenstern. Ihr Geist war in dem schwarzen Hengst, umgeben von ihm. Es war, als reite der König in der Mitte seiner Getreuen nicht auf Sonnensterns, sondern auf ihrem Rücken. Für einen Augenblick verirrten sich ihre Gedanken zu ihm, um durch seine Augen mit Liebe und Zuneigung Orain anzusehen. Einmal hatte sie sie zusammen erblickt, als sie sich unbeobachtet glaubten, und sie hatte sich gewünscht, solch einen Freund zu haben. Nun teilte sie kurz die schnelle, unbewußte Berührung zwischen dem König und seinem geschworenen Mann, nicht sexueller Natur, sondern tiefer als das, eine Verbundenheit, die in Geist und Herz bis auf ihre Kinderzeit zurückging und sogar irgendwie ein Bild ihrer ersten Begegnung einschloß, kleine Jungen, noch keine vier Jahre alt… alle drei Dimensionen der Zeit, wie sie sich Sonnensterns als Fohlen bewußt war, das auf den Hügeln seines Heimatlandes umhersprang…
    Sie riß sich von dem ausgedehnten Kontakt los und kehrte erschüttert und erschrocken in ihren eigenen Körper zurück. Sie wußte nicht, was geschah, aber sie nahm an, daß sich eine neue Dimension ihres Laran von selbst öffnete. Was brauchte sie überhaupt einen Turm?
    Am Morgen, als sie in der Nähe der Vögel zu tun hatte, empfing sie Bruchstücke und Reste der optischen Wahrnehmungen, die sie gestern auf ihrem gemeinsamen Flug gemacht hatte. Der erste Mensch, den sie sah, war Jandria. Nachdem die beiden Schwertfrauen sich mit einer Umarmung begrüßt hatten, sagte Jandria: »Wir haben deine Botschaft durch die Vögel erhalten. Er selbst hat es mir erzählt.« So sprach sie in seiner Abwesenheit immer von König Carolin. »Du machst deine Sache gut, Romilly. Und ich habe von den Schwertfrauen hier für dich die Erlaubnis erwirkt, daß du weiterhin Lady Mauras Zelt bewohnen darfst, wenn du willst. Ich werde sie aufsuchen und mit ihr reden; wir haben uns als Mädchen gekannt.“
    Romilly hielt den Mund – sie hatte längst gemerkt, daß Jandria einen höheren Rang einnahm, als es anfangs den Anschein hatte, auch wenn sie keinen Anspruch mehr darauf erhob, seit sie der Schwesternschaft beigetreten war. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit den Vögeln zu. Irgendwo in ihrem Rücken hörte sie die beiden Frauen miteinander sprechen. Es gab ihr einen kleinen Stich, den sie als Eifersucht erkannte.
    Und ich habe keine Freundin, keinen Liebhaber, ich bin allein, so allein wie ein Mönch in seiner einsamen Zelle in den Eishöhlen von Nevarsin… Aber was dachte sie da? Gerade jetzt war ihr Kopf erfüllt von dem Bild des großen Hengstes, der im Sonnenschein dahingaloppierte, und Carolin saß auf seinem Rücken… 
    Sie machte ihre Verbeugung, noch bevor sie in des Königs Gesicht aufblickte. Und dann war sie sich nicht sicher, ob sie Carolin oder Sonnenstern, dessen

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