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Darkover 03 - Herrin der Falken

Titel: Darkover 03 - Herrin der Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Schweigen da, wo einmal ein geliebtes, wirkliches menschliches Wesen gelebt und geatmet hatte…
    Es herrschte keine Siegesfreude; Carolins Armee hatte zu große Verluste hinnehmen müssen. Ernst machten sich die Männer daran, die Toten zu begraben, den letzten sterbenden Pferden den Gnadenstoß zu geben. Ruyven ging mit den Heilern, die Verwundeten zu verbinden. Romilly, zu erschüttert, um sprechen zu können, stellte mit der Hilfe von Ruyvens kleinem Lehrling das Zelt auf. Der Junge hatte eine große Brandwunde am Arm von dem Haftfeuer, das auf die Armee niedergeregnet war. Drei Recks waren im Gepäck, aber nur ein Vogel saß dort allein, und Romilly wurde übel, als sie ihn atzte… der Aasgestank war jetzt überall. Sie brachte es nicht über sich, in dem kleinen Zelt zu schlafen, das sie mit Lady Maura geteilt hatte. Statt dessen suchte sie im ganzen Lager am Rand des Schlachtfelds nach dem Zelt der Schwesternschaft und kroch stumm zwischen die anderen Frauen. So viele Tote. Pferde und Vögel, die ein Teil ihres Lebens gewesen waren, in die sie während der Ausbildung soviel Zeit, Kraft und Liebe gesteckt hatte. Die Schwesternschaft hatte sie diese Pferde trainieren lassen, nicht
    damit sie lebten und dienten, sondern damit sie bei diesem sinnlosen Gemetzel starben. Und Clea, deren Leiche Jandria vom Feld weggetragen hatte. Zwei von der Schwesternschaft riefen Romilly zu: 
    »Schwester, bist du verwundet?« 
    »Nein«, antwortete Romilly benommen. Sie wußte es eigentlich gar nicht. Ihr Körper schmerzte so sehr von dem vielen Sterben, das über ihren weit offenen Geist hingezogen war. Jetzt erst stellte sie fest, daß sie kein Mal an ihrem Fleisch trug. »Hast du heilende Fähigkeiten?« Und als Romilly verneinte, forderten sie sie auf, beim Ausheben eines Grabes für Clea mitzuhelfen.
    »Eine Schwertfrau darf nicht zwischen Soldaten liegen. Wie sie im Leben war, so muß sie auch im Tod gesondert begraben werden.«
    Mit einem dumpfen Schmerz im Kopf fragte sich Romilly, was es Clea jetzt wohl noch darauf ankam, wo sie lag. Sie hatte sich gut verteidigt, sie hatte so viele ihrer Schwestern gelehrt, sich zu verteidigen, aber der letzte Angriff des Todes war überraschend gekommen. Nun lag sie kalt und steif da und sah sehr erstaunt aus. Ihr Gesicht war nicht entstellt. Romilly wollte nicht glauben, daß sie nicht gleich lachend aufspringen und sie auf dem falschen Fuß erwischen würde, wie sie es so viele Male getan hatte. Sie nahm die Schaufel, die eine der Schwertfrauen ihr in die Hand drückte. Die harte körperliche Arbeit, das Grab auszuheben, war ihr willkommen. Ohne das nahm sie zuviel Schmerz wahr, zu viele Verwundete, schreiend, stumm leidend oder stöhnend, und das alles teilte sich ihr mit. Sie versuchte, es auszuschließen, wie Ranald es sie gelehrt hatte, aber es war zu viel, zu viel…
    Draußen über dem Schlachtfeld kreisten dunkle Gestalten. Dann stürzte eine auf ein totes Pferd nieder, das bereits anschwoll, und stieß seinen Schnabel mit einem heiseren Freudenschrei hinein. Ein zweiter Vogel folgte und noch einer, und dann Dutzende, Hunderte… sie schmausten, sie riefen sich gegenseitig begeistert zu. Romilly fing einen Gedanken von irgendwoher auf, sie wußte nicht, ob von einer der Schwertfrauen neben ihr am Grab oder von jemandem, der sich außer Sicht in dem dunklen Lager befand: Die Niederlage der Menschen ist die Freude der Aasvögel; wo Menschen trauern, feiern die Kyorebni… Ihr wurde schlecht. Sie ließ die Schaufel fallen, versuchte, sie wieder aufzuheben, krümmte sich dann zusammen und erbrach sich. Sie hatte seit dem Morgen nichts gegessen, nichts kam hoch als ein bißchen grüner Schleim. Aber sie blieb so stehen, krank und erschöpft, zu krank, um auch nur zu weinen.
    Jandria kam und führte sie schweigend ins Zelt. Zwei Schwertfrauen verbanden die Wunden von drei anderen. Eine hatte Haftfeuer auf die Hand bekommen, das sich immer weiter nach innen fraß, eine zweite war bewußtlos von einem Schwerthieb über den Kopf, und die dritte hatte sich das Bein gebrochen, als ihr Pferd fiel und sich über sie wälzte. Eine Frau sah stirnrunzelnd auf, als Jandria Romilly hereinführte und auf eine Decke niederdrückte.
    »Sie ist nicht verwundet – sie sollte helfen, unsere Toten zu begraben!«
    Jandria erwiderte scharf: »Es gibt mehr als eine Art von Wunden!« Sie nahm Romilly in die Arme, wiegte sie, streichelte ihr Haar, tröstete sie. Das Mädchen spürte die Berührung

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