Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
schon von ihnen gehört, von den Frauen, die im Umgang mit Waffen ausgebildet waren, sich als Söldnerinnen verdingten, mit wilder Inbrunst jedem ergeben, dem sie sich verpflichtet hatten, und das Gesetz in ihre eigenen Hände nahmen.
Er hatte sogar schon einige gesehen, die sich in Dreiergruppen auf den Straßen von Thendara bewegten, grimmig und reserviert in ihren blutroten Westen. Goldene Ringe funkelten an ihren Ohren, sichtbar unter dem kurz geschnittenen Haar. Er begann zu erzählen, wie unschicklich sie sich benahmen, und dann wurde ihm klar, wie gut seine Schwester dieser Beschreibung entsprach. Bis auf den Ohrring, Symbol eines Eides, den sie sich gegenseitig gaben, und ihrer Kleidung hätte sie als eine von ihnen durchgehen können.
»Ich glaube, in Thendara gibt es ein Haus mit solchen Frauen«, sagte er. »Ich kann Rafaels Männer bitten, dich dorthin zu eskortieren, wenn du das wirklich willst.«
Sie lachte, ein überraschend fröhlicher Laut. »Mein lieber Bruder, ich brauche keine Eskorte, so wenig, wie ich einen Gemahl brauche. Ich habe diese Männer gefragt, ob ich als einer der ihren reisen darf. Es könnte ein Weilchen dauern, bis sie wieder nach Thendara kommen, aber inzwischen kann ich mir die Fähigkeiten aneignen, die ich benötigen werde, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
»So gut kannst du kämpfen?« Sicher, sie hatte Lotrell überwältigt, aber wie sollte sie es an Stärke mit einem Mann aufnehmen?
»So gut kann ich schießen. Was den Schwertkampf angeht, so habe ich noch Jahre nachzuholen, die ich mit dem Dekorieren von Blumen und mit Nähen verbrachte, während die Jungs mit Holzschwertern aufeinander eindroschen. Ich erwarte nicht, jemals so stark wie ein Mann zu werden, aber Verstohlenheit und Flinkheit kann diesen Nachteil leicht wieder ausgleichen.«
Coryn musste unwillkürlich grinsen. »Wie ich sehe, kannst du mir viel beibringen. Wenn du dir die Ohren durchstochen hast und eine Furcht einflößende Kriegerin geworden bist, wirst du mir dann noch erlauben, dich kleine Schwester zu nennen?«
»Du Dummkopf, natürlich! Und du wirst immer mein rechthaberischer Bruder bleiben.« Sie schlang die Arme um seinen Hals, und für einen Augenblick ließ sie die Abschirmung fallen, und er sah die Schwester, die er liebte, von einem Feuer erfüllt, das er nicht begriff, und doch war sie noch immer ein herzensguter und sanfter Mensch. Er wünschte sich um alles in der Welt, dass er ungeschehen machen könnte, was man ihr angetan hatte, aber dann wurde ihm klar, dass er das nicht einmal erwähnen durfte, wenn er ihr nicht die Kraft rauben wollte, die sie so mühsam aufgebaut hatte.
Sie sprachen nicht mehr über diese Angelegenheit, sondern trennten sich in bestem Einvernehmen. Er ging nach Neskaya, und sie machte sich mit einem Kontingent bewaffneter Männer auf den Weg zu Hastur.
33
Coryns zweite Ankunft in Neskaya war im Vergleich zu seiner ersten ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sein Pferd lahmte, und er fühlte sich wie zerschlagen, weil er sich und das Reittier den ganzen Weg über erbarmungslos angetrieben hatte. Die vielen Meilen waren ohne jeden Zwischenfall verlaufen, nur die Ungeduld in ihm war ständig gestiegen. Als sein Pferd den letzten Hang abwärts trottete, ragten vor ihm wieder die spitzen Türme aus dem durchscheinenden hellblauen Stein in den Himmel und leuchteten schwach. Wie beim ersten Mal verschlug ihm die Schönheit der klaren Linien die Sprache, angefangen vom gewölbten Eingangstor bis hin zu den Fenstern, in denen das Licht der untergehenden Sonne loderte. Bei diesem Anblick erwärmte sich sein Herz.
Einer der jüngeren Novizen rief laut: »Coryn ist wieder zu Hause!«, und rannte los, um die Nachricht überall zu verkünden.
Ja, dachte er, zu Hause. Dieser Ort war sein Zuhause, mehr als Verdanta und sogar noch mehr als Tramontana. Er hatte sich seinen Platz hier wahrlich verdient.
Schon nach wenigen Minuten kamen die Arbeiter herausgelaufen, um ihn willkommen zu heißen, jedenfalls jene, die wach waren und nicht schliefen, weil sie eine anstrengende Nacht an den Relais verbracht hatten. Nur wenige wagten es, mehr als seinen Ärmel zu berühren, doch die Herzlichkeit ihres Empfangs erfüllte ihn mit tiefer Freude. Während er jeden Einzelnen von ihnen begrüßte, nahm er flüchtig Verbindung mit ihrem Geist auf.
Hätte seine hart erworbene Turmdisziplin ihn nicht daran gehindert, er hätte sie wohl alle gerührt
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