Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
umarmt. Stattdessen spürte er, wie Tränen in seinen Augen aufstiegen. Er kannte diese Leute besser, als er seine Familie jemals gekannt hatte, hatte kennen lernen können. Ihr Respekt und ihre Zuneigung zu ihm zeigten sich in jeder ihrer Gesten, selbst in ihrer Zurückhaltung. In seiner mentalen Wahrnehmung sah er, wie sie ihm geistig herzlich die Hände schüttelten.
Kurz darauf kam Bernardo mit leicht geröteten Augen herab geeilt. Sein Gesicht war völlig eingefallen, doch sein Schritt war so sicher wie eh und je und seine Stimme nicht minder entschlossen.
»Bringst du uns Neuigkeiten aus Thendara? Bist du erfolgreich gewesen?«
»Neuigkeiten gibt es allerdings, und ob ich erfolgreich war oder nicht, wird sich erst noch herausstellen«, antwortete Coryn düster.
»Dann tritt näher und lass hören.« Bernardo schritt zu seinen Privatgemächern voran. An der Besprechung nahmen auch Mac als erfahrener Techniker und die schlanke, grauäugige Demiana teil, die fähigste Überwacherin des Turmes.
Mehrere Stunden lang lauschten sie Coryns Geschichte. Da er schwach mit Bernardo und den anderen verbunden war, spürte er den Widerhall des Entsetzens der anderen in seinem Körper, als er von der Schlacht mit Belisar Deslucidos Truppen berichtete.
»Knochenwasser-Staub… «, flüsterte Demiana so leise und zitternd, dass Coryn ein Schauer über den Rücken lief. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob sie die Worte wirklich ausgesprochen hatte. Sie saß mit gesenktem Kopf vor ihm, das Gesicht in der Dunkelheit verborgen, die Schultern steif vor Anspannung.
»W… wir dachten… « Mac setzte erst stockend an, dann sprudelte es förmlich aus ihm heraus. »Haftfeuer ist schon grauenhaft genug, aber es ist wenigstens mit natürlichem Feuer verwandt. Wir stellen es aus Elementen her, die wir tief in der Erde finden. Es brennt sich durch Haut und Knochen, frisst sich immer weiter, bis es keine Nahrung mehr findet, aber wenn es seine schreckliche Arbeit verrichtet hat, erlischt es wie jedes andere Feuer. Man bewegt sich auf sicherem Boden. Haftfeuer erwacht nicht wieder zum Leben, um Jahre später Unschuldige zu quälen. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Ganz anders diese Knochenwasser-Plage. Jedenfalls haben uns das jene berichtet, die früher schon damit zu tun hatten.«
»Sie lügen nicht«, bestätigte Coryn, »wie ich von Caitlin aus Hali weiß, der zu misstrauen ich nicht den geringsten Grund habe.«
»Sie muss es wissen«, sagte Bernardo. »Wenn es irgendwo eine Frau gibt, die in der Lage ist, die Arbeit eines Bewahrers zu verrichten, dann ist es Caitlin Elhalyn. Knochenwasser-Staub vergiftet das Land in solchem Maße, dass noch viele Jahre später niemand es sicher durchqueren oder etwas essen kann, was dort gewachsen ist oder dort geweidet hat. Abgesehen davon könnten sich künftig noch weitere schreckliche Gefahren zeigen. Wir können nur beten, dass wir nie mit ihnen konfrontiert werden.«
»Aber dieser Deslucido hat es angewandt… in Anwesenheit seiner eigenen Leute, auf Land, das er als sein Eigentum beansprucht… «, gab Demiana mit leiser, kaum vernehmlicher Stimme zu bedenken. Sie hob den Kopf, ihre Augen schwammen in Tränen. »Warum? Wie kann er so etwas nur tun?«
»Weil… weil er es eben kann!« Coryn bemerkte, dass er Caitlins Worte mit unerwarteter Heftigkeit wiederholte. »Weil ihn niemand aufhält und weil sein Tun keinerlei Folgen hat, abgesehen von dem Verlust an Soldaten, die jederzeit wieder ersetzt werden können.«
»Sicher wird sein Volk sich gegen ihn erheben, sobald es davon erfährt«, erwiderte sie. »Ein König ist dazu verpflichtet, diejenigen zu schützen, die ihm untertan sind, oder nicht?«
Coryn hatte sich noch nie für jemanden gehalten, der sich mit weltlichen Dingen besonders gut auskannte, aber Demianas Naivität versetzte selbst ihn in Erstaunen. Er war einst in dem gleichen Glauben aufgewachsen, denn sein Vater war ein gerechter Herrscher gewesen, der sich seiner Verantwortung stets bewusst war. Leider hatte er seither die Erfahrung machen müssen, dass Macht nur allzu selten mit der entsprechenden Verantwortlichkeit einhergeht.
»Wer weiß schon, ob in den von Deslucido beherrschten Ländern die Wahrheit gesagt wird?«, fragte Coryn. »Gut möglich, dass er die Schuld Lord Hastur in die Schuhe schiebt, ohne dass ihm jemand widerspricht.«
»Aber Verdanta ist wieder unabhängig«, gab Mac zu bedenken und sah Coryn ins Gesicht. »Andere eroberte Königreiche
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