Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Dinge kümmern muss, als mir die Geschichten ungepflegter junger Frauen anzuhören«, sagte der Adlatus des Coridom. »Ich bin eine bedeutende Persönlichkeit. Ich muss Planungen durchführen, für Protokolle sorgen und Vorbereitungen treffen!«
Es bedurfte einer gewissen Überredungskunst, um ihn zu überzeugen, dass ihr gegenwärtiger Zustand der Erschöpfung und der Reise zuzuschreiben war, aber dass sie in der Burg einen legitimen Anspruch hatte, nahm er ihr nicht ab. Er beschloss, dass sie das Kind einer Bediensteten sei, die durch die romantischen Erzählungen ihrer Mutter größenwahnsinnigen Träumen erlegen war.
»Bitte«, sagte sie, »lasst mich mit jemandem sprechen, der für mich eintreten kann.«
Gerolamo, der Friedensmann und Hauptberater ihres Onkels, würde sich bestimmt an sie erinnern, doch als sie seinen Namen nannte, verfinsterte sich die Miene des Adlatus und wurde unduldsam. Da die Zeit allmählich knapp wurde, zermarterte sie sich das Gehirn nach einem Pferdehändler oder dem Gehilfen eines Kochs, der sie als Kind gekannt hatte. Jeder Name wurde als unbekannt abgetan oder mit der Bemerkung: »Ach, die alte Elfrieda ist schon vor drei Wintern verstorben«, oder: »Was sollte ein Gör wie du schon mit ihm zu schaffen haben?«, und schließlich: »Du hast mich jetzt genug Zeit gekostet. Fort mit dir!«
Erschöpfung mischte sich mit dem Geschmack schlecht gerösteten Jacos und dem Zittern in ihren Gliedern. Sie war nicht Belisars Bett entronnen und all diese Meilen gereist, an Deslucidos Soldaten vorbei, durch Fluten und Schneesturm, um von einem halb blinden Trottel so abgespeist zu werden!
»Mögen Zandrus Skorpione dich holen!«, schnaubte sie, schier am Ende ihrer Geduld. »Gibt es denn niemanden in der ganzen Burg, der sich nicht durch den äußeren Anschein trügen lässt?«
Die Wache mit den roten Haaren zuckte bei ihren Worten zusammen, wie von einem unsichtbaren Blitz getroffen. Nachdem der Mann ihr befohlen hatte, das Zimmer nicht zu verlassen, eilte er aus dem Zimmer. Taniquel war zu erschöpft, um Einwände zu erheben. Sie trank den letzten Rest ihres Jacos und überlegte, ob sie wohl die Kraft aufbrachte, durch die Küche und die Hintertreppe hinab zu fliehen. Der Adlatus rief zu ihrer Bewachung zwei Gesellen des Chefkochs herbei, die Art stämmiger junger Männer, die gewöhnlich die riesigen Bratenspieße der Burg drehten. Dann kümmerte er sich wieder um seine Geschäfte. Küchenmädchen mit Wannen voll Seifenlauge und Körben mit Gemüse gingen ein und aus, zusammen mit einem Pagen, der ihr in die großen Augen starrte, bevor er eilends seinen Botengang antrat, und eine Anzahl weiterer, von denen Taniquel nicht weiter Kenntnis nahm.
Nachdem sie ihrem Eindruck nach Stunden gewartet hatte, fand Taniquel sich in der Gegenwart einer schmächtig gebauten Frau wieder, deren einst gleißend rotes Haar nun ergraut war. Sie blinzelte und erkannte die Leronis, die vor so vielen Jahren ihr Laran geprüft hatte. Lady Caitlin Elhalyn Syrtis hätte selbst in Lumpen noch elegant gewirkt, sah jedoch fantastisch aus in ihrem strahlend blauen Wappenrock über dem Unterkleid aus fließender Spinnenseide in der gleichen Farbe, der das Funkeln des Sternensteins an ihrer Halskehle erst richtig zur Geltung brachte. Die Diener wichen respektvoll zurück, und der Adlatus, der wieder herbeigehetzt kam, wurde unter ihrem Blick kalkweiß und verstummte.
»Das ist in der Tat die Nichte des Königs.« Die Leronis brauchte Taniquel nicht anzusehen, um das zu erkennen. Eine flinke, federleichte mentale Berührung führte rasch zu dem Ausruf: »Mein liebes Kind, was ist denn nur geschehen?«
»Acosta ist Damian von Ambervale in die Hände gefallen«, entgegnete Taniquel. Es war zwar unhöflich von ihr, aber sie hatte einfach nicht mehr die Kraft, sich zu erheben. »König Padrik wurde erschlagen, die Burg eingenommen. Nur mir gelang die Flucht.«
»Gebt sofort dem König Bescheid!«
Der Adlatus setzte sich in Bewegung und verschwand eilig durch einen Korridor.
Der Blick der Leronis huschte zu Taniquels Bauch, der durch das wochenlange Hungern unterwegs ganz flach geworden war.
»Himmlische Evanda, wir dürfen keine Zeit verlieren! Ich muss dich gründlich untersuchen.«
Taniquel holte Luft, um zu antworten, und brach dann in Tränen aus, was sie sicher zu allerletzt beabsichtigt hatte. Die Leronis erteilte eine Anzahl Befehle, und kurz darauf wurde Taniquel eine Suite mit luxuriös eingerichteten
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