Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Robe und der mit herrschaftlichem Hermelin gesäumte purpurne Brokat seine Gestalt hervor, die trotz ihres Alters noch anmutig wie die eines Tänzers war, von jener charismatischen Schönheit, die so viele Hastur-Männer aufwiesen. Er beugte sich vor, um sie als Verwandte zu umarmen. Das Haar seines ordentlich gestutzten Barts, die Stoppeln mit dem Silberfrost kratzten an ihrer Wange. Obwohl von durchschnittlicher Größe, wirkte er kleiner, als sie ihn in Erinnerung hatte.
»Teure Nichte, es bekümmert mich, dich unter solchen Umständen wieder hier willkommen zu heißen. Ich hatte gehofft, dass du in deinem neuen Zuhause ein langes und glückliches Leben führst. Nun teilt mir Caitlin mit, dass du die Kunde von Acostas Niederlage bringst.«
»Ach, Onkel!«, rief sie, als er sie zu einem gepolsterten Stuhl führte. »Acosta ist Damian Deslucido, diesem Sohn eines Trockenstadt-Banditen, in die Hände gefallen!« Sie holte tief Luft, erlangte ihre Fassung zurück und begann mit ihrer Geschichte.
Rafael ließ sich in seinem ungleich massiveren Stuhl nieder und blickte nachdenklich drein, als sie von dem Angriff und der Schlacht vor den Toren berichtete, der Falle und den Bannsprüchen, die Deslucidos Laranzu verhängt hatte. Hier unterbrach er sie und ließ sich in aller Ausführlichkeit das Luftwagen-Bombardement schildern. Als Reaktion auf seine eindringlichen Fragen durchsuchte Taniquel ihr Gedächtnis nach jeder Kleinigkeit, der Form und Anzahl der Luftwagen, ihrer Kennung und der Farbe der Flammen.
»Anfangs befürchtete ich, sie hätten Haftfeuer auf uns abgeworfen«, sagte sie, schaudernd bei dieser Erinnerung. »Doch die Flammen erloschen rasch wieder, weil das Holz so feucht war, als wäre es ganz normales Feuer.«
Rafael zog seine dunklen Brauen zusammen. »Da Deslucido Acosta regieren und nicht zerstören will, hat er sich nach Möglichkeit gehütet, die Burg zu beschädigen. Und der geistige Druck… Du sagst, jeder hätte Entsetzen bei der Vorstellung verspürt, die Tore zu öffnen… «
»Weißt du, die Tore mussten geschlossen bleiben, damit Padrik in der Falle saß.« Stockend setzte Taniquel ihre Erklärungen fort.
»Wenn ich doch nur früher gehandelt hätte, dann hätte Padrik noch siegen können.« Sie vernahm die Bitterkeit in ihren Worten.
Der König schüttelte den Kopf. »So große Schuld darfst du nicht auf dich laden. Du hast mehr als deinen Teil getan, indem du uns diese Neuigkeiten überbrachtest. Ich muss den Rat einberufen.«
Einen Moment lang wirkte er geistesabwesend, und Taniquel fiel ein, dass er sich als Hastur von Hastur schon lange besonders gegen den Gebrauch der schrecklicheren Laran-Waffen eingesetzt hatte. Seine Sorge ging weit über das kleine Reich seiner Nichte hinaus.
»Deslucido annektiert nun schon seit Jahren schwächere Königreiche«, fuhr er fort, »doch wir hatten angenommen, dass er sich inzwischen friedlicherer Mittel bedient. In einigen Fällen erreichte uns die Kunde von ehrenwerten Heiratsanträgen, in anderen Fällen ging es um das Fehlen eines legitimen Anwärters auf den Thron.«
»Das trifft in diesem Fall wohl kaum zu!«, sagte Taniquel mit einiger Inbrunst. »Onkel, ich bin mit Padriks Di Catenas-Sohn schwanger, dem gesetzmäßigen König Acostas. Damian Deslucido hat vielleicht die Gewalt über Burg Acosta an sich gerissen, doch den Thron kann er nicht rechtmäßig beanspruchen. Du musst meinen Sohn zum König ernennen und mich zur Regentin. Dann wird Acostas wahre Erbfolge wiederhergestellt!«
»Tani«, sagte er seufzend und schüttelte den Kopf, »das eigensinnige Mädchen, das wir kannten, ist zu einer ebenso eigensinnigen Königin herangewachsen.«
»Wir dürfen keine Zeit verlieren! Soweit wir wissen, wird Belisar Deslucido in diesem Moment, da wir miteinander sprechen, zum König gekrönt! Auch ohne mich als Königin wird sein Anspruch wachsen, je länger wir ihm erlauben, unangefochten weiterzumachen.«
»Beruhige dich, mein Kind.« Er sprach in diesem ruhigen Hastur-Befehlston, der jeden zum Schweigen gebracht hätte, selbst wenn Rafael nicht der König gewesen wäre. Sie rief sich in Erinnerung, dass er schon lange auf dem Thron saß und sich im Laufe dieser Zeit gegen mehr als eine Hand voll Widersacher behauptet hatte.
»Ich bin ganz Ohr, Onkel.«
»Zunächst einmal heiße ich dich in Thendara und an meinem Hof willkommen. Du wirst bei uns stets einen sicheren Hafen finden.« Und dazu ist es nicht nötig, dass du dich wie ein
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