Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Grund, einem Boten ihres Verwandten zu misstrauen.
Carolins erster Impuls bestand darin, Langbein herumzureißen und nach Nevarsin zurückzugaloppieren. Aber er wusste, wie dumm das wäre, und er hielt inne. Er war kein Privatmann mehr, der sich solchen Impulsen hingeben konnte. Er trug das Schicksal von ganz Hastur auf seinen Schultern. Er hatte es in seinem Herzen geschworen.
Eine Verzögerung oder ein Umweg konnte sich als fatal erweisen. Wenn Orain bis hierher gekommen war, dann konnten Rakhals Schergen, oder noch schlimmer, Lyondris Metzger, nicht weit hinter ihm sein.
Wie konnte ich so blind sein, nicht zu erkennen, was Rakhal vorhatte?
Seine einzige Hoffnung - die einzige Hoffnung des Königreichs - lag in sofortiger Flucht. Je schneller er aus Lyondris Reichweite entkam, desto besser waren seine Chancen. »Ich kann dir keine Befehle geben, mein Freund, ich kann dich nur um etwas bitten, denn es wird dich in noch größere Gefahr bringen als bisher«, sagte Carolin.
»Mein Schwert und ich gehören dir.« Orain hielt sein Pferd fest am Zügel, und sein Gesicht wirkte noch hagerer als sonst. »Ich habe einmal einen Eid gegenüber Lyondri geleistet, aber er hat sich als ebenso unehrenhaft wie korrupt erwiesen. Ich breche meinen Schwur ihm gegenüber nicht, denn er hat bereits seinen Schwur dir gegenüber gebrochen, der sein König hätte sein sollen. Bitte mich um alles, was ich geben kann, Vai dom, und es gehört dir.«
»Dann geh, so schnell du kannst, nach Nevarsin und bring meine Söhne in Sicherheit.«
Orain runzelte die Stirn. »Zwei so kleine Jungen können in diesem Wetter nicht weit reiten, nicht einmal auf guten Pferden und mit warmer Kleidung.«
»Geht nach Hochgart, zum Sitz von Dom Valdrin Castamir. Ich vertraue auf seine Ehre und Integrität. Er wird uns nicht im Stich lassen. Ich treffe dich dort, wenn Kyrrdis das nächste Mal Idriel am Morgenhimmel grüßt, aber wenn ich nicht komme, musst du sie selbst über den Kadarin hinweg ins Wilde Land bringen. Wenn ich noch am Leben bin, werde ich dich dort finden. Pass gut auf sie auf.«
»Mit meinem Leben.« Orain verbeugte sich, dann sprang er aufs Pferd und galoppierte die Straße nach Nevarsin entlang.
Carolin beobachtete die Schneewolken, die Orains Pferd aufwirbelte. Die Loyalität eines solchen Mannes war ein unbezahlbares Geschenk. Er betete, dass er sich ihrer würdig erweisen würde.
Aber das kann ich nur, mahnte er sich, wenn ich am Leben bleibe.
»Also los.« Carolin stieg auf, und sein Pferd bäumte sich ein wenig auf, riss das Maul wie in einer Herausforderung zum Himmel hoch. »Reiten wir.«
Die schwarze Stute rutschte und stolperte auf dem felsigen Bergpfad, der zwischen massiven Felsen hindurchführte, die wie die nackten, zornigen Knochen der Erde aufragten. Die schlechteren Pferde der Wachen kämpften sich dahinter weiter, die Köpfe in stummem Dulden gesenkt. Schneeregen wurde ihnen von den wilden Bergwinden her ins Gesicht getrieben. Manchmal hörte Carolin das Heulen von Wölfen. Er wusste nicht, ob sie ihn als einen der Ihren willkommen hießen oder sich der Jagd anschlossen. Die Tage verschmolzen miteinander, und Carolin und seine Männer wurden den Wölfen immer ähnlicher, zottig, wachsam, vorsichtig. Sie erreichten das gebrochene Land, das zum Kadarin führte. Zweimal schon hatten sie Gesetzlose in die Flucht schlagen müssen, verzweifelte Männer, die Reisende überfielen. Eines der Pferde lahmte seit dem Angriff, und zwei Männer waren verwundet. Auf dem Weg war Carolin mehr als einmal mitten in der Nacht schweißgebadet erwacht. Er wünschte sich genug Laran, um die Gefahr zu identifizieren, denn es handelte sich um Gefahr. Sie suchen nach mir, dachte er. Lyondris Fährtensucher, Rakhals Leronyn.
Rakhal hatte die Türme in Hali und Tramontana unter seinem Befehl - mit der Macht ihrer Kreise, mit Haftfeuer und Spähervögeln und Bannsprüchen, um die Füße eines Pferdes zum Stehen zu bringen oder die Gedanken eines Mannes zu umwölken. Carolin dachte an seine Freunde und Verwandte, an Lady Liriel in Tramontana, an Dyannis Ridenow in Hali, die kleine Dyannis, mit der er beim Mittwinterfest vor so vielen Jahren getanzt hatte, und vor allem dachte er an Maura. Setzte sie schon in diesem Augenblick ihr Laran gegen ihn ein? Nein, das konnte er nicht glauben.
Nicht zum ersten Mal wünschte er sich Varzil an seiner Seite, mit seinem Mut und seiner Weisheit. Er erinnerte sich an den Angriff am Fluss auf dem Weg zum
Weitere Kostenlose Bücher