Darkover 05 - Zandrus Schmiede
im Turm zu entlassen, vorausgesetzt, dass sie schwören, sich auch keinem Angriff gegen ihn anzuschließen. Man hat mich ermächtigt, für Hali die gleiche Möglichkeit anzubieten.«
Eduin erinnerte sich daran, dass Maura Elhalyn, die sowohl Rakhal als auch Carolin seit ihrer Kindheit kannte, nun in Tramontana diente, ebenso wie Liriel Hastur.
»Warum sollte Rakhal einer solchen Sache zustimmen?«, fragte Marelie.
»Weil er kein Idiot ist«, erklärte Eduin hitzig. »Er weiß, dass er eine Rebellion riskiert, wenn er einen von uns zwingt, gegen Blutsbande und Gewissen zu handeln. Das kann er nicht riskieren, oder er wird bald überhaupt keinen Turm mehr haben, an den er sich wenden kann.«
Ein paar andere schauten ihn schockiert an, aber der Bewahrer nickte. Sie wussten beide, dass man innerhalb des Turms offen sprechen konnte.
Eine der Frauen sagte: »Ich kann keine solche Verbindung zu Prinz Carolin anführen, aber ich verabscheue es, in eine Fehde zwischen Brüdern hineingezogen zu werden.«
»Ja, heißt es nicht, wenn Verwandte sich streiten, haben nur die Feinde einen Vorteil?«, stellte ein anderer fest.
Eduin nickte und erinnerte sich an sein Gespräch mit Varzil über die Herrschaft über die Türme. Wie lange dieser Mittwinterbesuch im Schloss Hastur nun schon zurückzuliegen schien! Er war so jung gewesen, so naiv. Alle Leidenschaft, die er damals verspürt hatte, war in Vergessenheit geraten. Was zählte es, wer die Befehle gab, ob die Türme sich selbst verwalteten oder den Befehlen eines ignoranten Adligen folgten?
Eis klumpte sich in seinem Bauch zusammen. Sollten König und Turm doch tun, was sie wollten. Sollten sie einander zerstören. Nur eines zählte, und wenn Loyalität zu Rakhal ihm half, dieses Ziel zu erreichen, würde er tun, was notwendig war.
»Ist es denn sicher, dass man uns bitten wird, Haftfeuer und Lungenfäulesporen für Rakhal herzustellen?«, fragte Marelie. »Ich würde meine Fähigkeiten viel lieber zum Heilen als zum Töten einsetzen.«
»Ich werde tun, was ich kann, um dich friedlichen Aufgaben zuzuteilen«, versprach Dougal. »Obwohl ich fürchte, dass uns keine Wahl bleibt. Und du, Eduin, was ist deine Position? Ich weiß, dass Carolin Hastur während deiner Zeit in Arilinn war, und ich dachte, ihr wäret enge Freunde.«
Der Knoten aus Eis wurde fester. »Ja, ich kannte Carolin«, sagte Eduin, »und habe ein Mittwinterfest bei ihm in Hali als sein Gast verbracht. Aber ich maße mir nicht an zu entscheiden, wer auf dem Thron sitzen soll, nicht mehr, als es meine Sache ist, einem Bauern zu sagen, wo er seinen Weizen pflanzen soll, oder einen Hirten anzuweisen, wenn es ums Auslesen der Herde geht. Meine Verpflichtung besteht gegenüber dem Turm. Ich werde alle Arbeit erledigen, die man mir zuteilt.«
Dougal nickte. »Ich wünschte, es gäbe mehr Leronyn mit deinen klaren Loyalitäten, Eduin. Das würde die Welt so viel einfacher machen.«
Die Welt, dachte Eduin, als er in sein eigenes Zimmer zurückkehrte, war nicht einfach. Sie war kompliziert, häufig rätselhaft und stets gefährlich. Und Loyalität hatte nichts damit zu tun.
Dyannis war noch nicht zurückgekehrt, und der Sommer ging bereits in den Herbst über, als sich Eduin zum Turm von Hestral aufmachte. Zu seiner Überraschung sorgte ein königlicher Verwalter für ein Pferd und eine Eskorte. Die beiden Soldaten trugen Hastur-Farben mit einem Wappen, das sie als Angehörige von Lyondris Sondertruppe auswies.
Unterwegs legten die Wachen mehrmals Rast ein, um ein Herrenhaus in der Nähe aufzusuchen oder einen Wirt zu befragen. Eduin erkannte bald, dass sie nach Informationen über Carolin und seine Söhne suchten, oder über jene, die ihnen auf ihrer Flucht halfen. Aber solange sie ihn höflich behandelten und ihn nach Hestral brachten, ging es ihn nichts an, was sie sonst taten.
Sie erreichten Hestral spät am Nachmittag, als die Herbstsonne golden auf die wogenden Hügel fiel. Hier kreuzten zwei Handelsrouten den Hestral-Fluss und bildeten einen natürlichen Knotenpunkt. Die Stadt breitete sich aus bis hin zum Flusshafen, eine Ansammlung von ein- und zweistöckigen Gebäuden, viele im altmodischen Fachwerkstil errichtet, halb begraben unter Schwertefeu und mit vom Alter durchhängenden Dächern.
Auf einer Anhöhe lag eine schwer ummauerte Festung. Im Kontrast zur Lebhaftigkeit der Stadt mit ihren bunten Fähnchen und dem Gedränge von Menschen und Tieren hatte sie etwas Einsames, Brütendes an sich.
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