Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Varzil.
»Was bist du doch für ein Träumer«, entgegnete Eduin. »Welcher Mann würde sein schärfstes Schwert wegwerfen und nur noch mit bloßen Händen kämpfen - besonders, wenn seine Feinde weiter mit Stahl bewaffnet sind? Ich sage, lasst es Carolin und Rakhal gegeneinander auf dem Schlachtfeld austragen, ein König ist so schlimm wie der andere. Unsere einzig wahre Hoffnung besteht darin, dass wir von den Türmen selber entscheiden, wie wir unsere Talente nutzen. Wir entscheiden, ob Haftfeuer hergestellt wird. Wir suchen uns die aus, denen wir es überlassen.«
Als Varzil seinen Weg ins Krankenzimmer fortsetzte, dachte er über diese Worte nach und fand, dass Eduin trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen Recht hatte. Wenn der Ehrenvertrag ein Erfolg werden sollte, mussten die Türme letzten Endes selber entscheiden.
39
Als das letzte Teilchen Haftfeuer in seine Bestandteile zerlegt und in die Tiefen der Erde geschickt und der Steinkeller von allen Überresten ihrer Aufgabe gereinigt worden war, begab Varzil sich wieder ins Matrixlabor. Er tat es mit einiger Sorge, denn die Zerstörung des Haftfeuers hatte seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Nun kehrten die starken Gefühle zurück, die er in Schach gehalten hatte.
Seine Gedanken wanderten immer wieder zu dem letzten Gespräch, das er mit Felicia über Relais geführt hatte. Er hatte sie gefragt, ob ihre früheren Ängste sich gelegt hatten. Von Anfang an hatte sie etwas Dunkles, Drohendes empfunden. Er hatte sie überzeugt, ihren eigenen Instinkten nicht zu vertrauen.
Ich bin schuld. Hätte ich bloß auf sie gehört… Sie vertraute mir, und ich habe sie verraten. Ich sah nur das, was ich sehen wollte… eine Bewahrerin… jemand, der Darkovers Antlitz verändern konnte…
Mach dir keine Vorwürfe, ereilte ihn ein Gedanke, von der mentalen Stimme gesprochen, die er so gut kannte. Es war meine Entscheidung, und ich allein trug das Risiko.
Das Schuldgefühl wich, aber nur für kurze Zeit. Er setzte sich neben Felicia, legte die Hände um ihren Ring und durchforschte ihr Gesicht nach einem möglichen Anzeichen von Leben.
Hätte ich bloß auf sie gehört…
Loryn hatte angeordnet, dass die Laborkammer versiegelt wurde, und niemand hatte das Siegel angerührt. Varzil stand lange Zeit in dem Raum und betrachtete das Matrix-Gitter. Es erhob sich wie ein unförmiger Klumpen auf der Mitte des Tisches, halb verkohlt, halb in sich zusammengesunken. Es war noch genug von der Struktur vorhanden, dass er die ursprüngliche Form erkennen konnte.
Es musste ein schönes Gebilde gewesen sein, auf Glasstützen gestellte Kristalle, die durch Drähte aus Kupfer und anderen Metallen verbunden waren, manche davon geflochten. Selbst im geschmolzenen Zustand fing sich darin noch das helle Glühen und zerbrach in zahlreiche kleine Regenbogen. Das farbige Licht erinnerte Varzil an den Schleier von Arilinn, geheimnisvoll in seiner Schönheit und zugleich beunruhigend.
Varzil trat näher und beugte sich vor, um den beschädigten Abschnitt zu betrachten. Metall und Glas hatten sich verformt und geschwärzt. Er schloss die Augen und erschuf gedanklich eine Sonde.
Zu seinem Erstaunen summte das Gitter als Reaktion auf sein Laran. Er folgte der Resonanz von Stein zu Stein und beobachtete, wie das Gebilde bestimmte mentale Schwingungen verstärkte und andere dämpfte. Viele Verbindungen funktionierten nicht mehr, aber er nutzte jene, die es noch gab.
Der Entwurf war genial, die Ausführung subtil und elegant. Doch während er Eduins Werk bewunderte, suchte Varzil nach einem Makel, einem Fehler.
Es musste einen Grund geben!
Aber er fand keinen. Der unbeschädigte Abschnitt des Gitters war perfekt.
Der Fehler musste bei Felicia gelegen haben. - Nein!, brauste Varzil auf. Das glaube ich nicht!
Unwillkürlich ballte er die Hände. Die Muskeln von Rücken und Schulter spannten sich wie vor einem Kampf. Seine Gedanken überschlugen sich, als zerrten sie an unsichtbaren Ketten.
Möge Zandru das alles verfluchen!
Er schlug mit den Fäusten auf den Tisch, sodass das Gitter erbebte. Pulver rieselte durch das offene Gebilde auf seine Füße. Ein Kristallsplitter bohrte sich in seinen Handballen. Der Schmerz brachte ihn wieder zu sich, und er wurde sich des mentalen Aufschreis bewusst, der noch in dem Zimmer widerhallte.
Mit einigen hektischen Atemstößen versuchte Varzil, seine Gefühle wieder in die Gewalt zu bekommen. Sein Geist klärte sich - gerade noch
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