Darkover 05 - Zandrus Schmiede
Auster. Sie waren jetzt allein im Zimmer, bis auf Eduin, der in der Tür stand. »Wenn du dich ausgeruht hast, möchte ich, dass du mit regulärer Kreisarbeit beginnst und bei mir Privatunterricht nimmst. Du hast Talente, die wir noch nicht einmal begonnen haben zu erforschen.«
Varzil war nicht sicher, wie er reagieren sollte. In seinen wildesten Phantasien hätte er sich so etwas nicht vorstellen können. Etwas tief in ihm sehnte sich danach, in den Kreis zurückzukehren, in diese Welt, die er nicht in Worte fassen konnte. Zu der Einheit und der Freude dieser Stunden.
»Guter Junge«, sagte Auster, als geschähe so etwas jeden Tag. »Jetzt iss und ruh dich aus.«
Varzil ging hinter Auster und Fidelis den Gang entlang. Eduin schloss sich den beiden an und sagte ein paar leise Worte zu dem Bewahrer.
»Ja, da hast du durchaus Recht«, antwortete Auster, als sie die Treppe erreichten. »Ich werde jemanden schicken, der sich darum kümmert, wenn es an der Zeit ist.«
Eduin blieb stehen, als Varzil näher kam, und Varzil hatte den flüchtigen Eindruck, dass dies dessen wirklicher Grund gewesen war, hinter den anderen zurückzubleiben.
»Du hast dich für dein erstes Mal gut geschlagen«, sagte Eduin wohlwollend. Seine Miene war freundlich, trotz der bleichen Haut und der Ringe unter den Augen. Varzil nahm an, dass er selbst nicht besser aussah. »Ich… « Eduin hielt inne und schien sich sammeln zu müssen. »Ich habe dich am Anfang falsch eingeschätzt. Wir haben hier hin und wieder Gören aus kleineren Häusern ohne jede Begabung, die aber unbedingt in einen Turm wollen. Es ist reine Zeitverschwendung. Aber… « Nun zögerte er, als müsse er seine Worte mit großer Sorgfalt wählen. »Du hast deine Fähigkeiten gezeigt. Ich… « Seine Stimme verklang, aber nicht, bevor Varzil seinen letzten Gedanken auffangen konnte. Ich habe mich geirrt, was dich angeht.
Einen Augenblick lang war Varzil versucht zu sagen: Und ich habe mich über dich geirrt. Ja, Eduin war unhöflich gewesen, doch das ließ sich leicht verzeihen. Aber er hatte Varzil auch gedroht und versucht zu verhindern, dass er sich mit Carolin anfreundete.
Eduins Angebot war großzügig, besonders, wenn man die Situation bedachte. Carolin hätte ihm sicher geraten, im Zweifelsfall für den Angeklagten zu entscheiden. Also würde Varzil um Carolins willen sein Bestes tun.
Er nickte und murmelte: »Schon gut.«
10
Ein Jahr später kam der Schnee erst spät nach Arilinn. Der Herbst hatte sich lange hingezogen, frostige Morgen waren zu träger Hitze geschmolzen. Auf den Ebenen trocknete das Gras zu blassem Gold. Bauern brachten ihre Ernte ein und ruhten sich dann erfreut in dem milden Wetter aus. Mehrere Hochzeiten, die ursprünglich für den nächsten Frühling geplant gewesen waren, wurden schon jetzt gefeiert, und zwar draußen. Die Familien dankten für die andauernde Fruchtbarkeit der Göttin Evanda. Ein paar Klatschbasen drunten in der Stadt schworen, dass der kommende Winter schrecklich werden würde, aber kaum einer interessierte sich für ihre Warnungen, als sich das Mittwinterfest näherte. An dem Morgen, als Varzil nach Hali und zum Hof der Hasturs aufbrechen sollte, leuchtete der Schnee wie von einem eigenen inneren Licht. Der Winter war erst im letzten Zehntag eingebrochen, mit fallenden Temperaturen und immer wieder neuem Schnee. Dennoch, in Stadt und Turm herrschte weiterhin ein gewisses Wohlgefühl. Die Getreidespeicher und Silos waren voll, das Vieh war fett, die allgemeine Laune gut.
Varzil trat durch den Schleier und ging die Straße entlang zu dem kleinen Flugfeld. In wenig mehr als einem kurzen Jahr hatte er sich von einem verlegenen Neuankömmling zum aufgehenden Stern, zum Stolz von Arilinn, entwickelt. Er war so rasch vorangekommen, dass man ihn nicht wie üblich zunächst als Überwacher ausbildete und dann die weitere Entwicklung nehmen ließ, sondern Auster hatte beschlossen, direkt mit seiner Ausbildung zum Unterbewahrer zu beginnen. Es gab Gerüchte, dass sich Auster lange geweigert hatte, einen Nachfolger zu bestimmen; jetzt witzelte er, dass er nur auf den richtigen Schüler gewartet hatte.
Carolin, dessen Zeit in Arilinn zu Ende ging, würde an den Hof seines Onkels König Felix in Hali zurückkehren. Als Teil der Mittwinterfestlichkeiten und auch, um den Abschied noch ein wenig hinauszuzögern, hatte er gebeten, Varzil und Eduin für ein paar Tage mitnehmen zu dürfen.
Varzil hätte sich nie träumen lassen, dass
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