Darkover 05 - Zandrus Schmiede
können wir sie retten?« Varzil zwang die Worte durch einen Hals, der plötzlich sehr trocken geworden war.
Fidelis legte den Kopf nachdenklich schief. Wenn wir noch nicht zu spät dran sind, ist es vielleicht möglich, etwas dagegen zu tun. Obwohl heute niemand viel Erfahrung mit solchen Behandlungen hat. Die Techniken aus der Zeit des Chaos sind verloren gegangen. Man betrachtet die Menschen, die von dieser Krankheit betroffen sind, für gewöhnlich als dem Tode geweiht, selbst wenn sie immer noch aufrecht gehen können. Ich habe gehört, dass einige, die die Vergiftung des Drycreek überstanden haben und unverletzt schienen, zehn jähre später an Tumoren oder der Schwindsucht gestorben sind. Als sie Heilung in einem Turm suchten, konnten wir nichts mehr tun. Vielleicht, wenn wir es früher gewusst hätten…
Wenn wir es für unsere Verantwortung gehalten hätten, es herauszufinden, erklang Austers mentale Stimme.
»Wer weiß?«, fragte er sich dann laut, als er das Zimmer betrat. Seine Augen reflektierten das Licht der Kugeln, die an den Wänden hingen, als wären es Flammen. Seine äußere Erscheinung mit seinen breiten Schultern, dem rötlich grauen Bart und diesen strahlenden Augen war Ehrfurcht gebietend. Aber es war sein Mantel aus Energie, der das Zimmer erfüllte. Auster ging zum Feldbett des Mädchens. »Knochenwasser-Staub ist eine Kriegswaffe. Wenn die Leute nicht genug Verstand haben, das vergiftete Land zu meiden, müssen wir dennoch versuchen, sie vor ihrer eigenen Dummheit zu retten.«
Varzil konnte keinen Ausdruck in der Stimme des Bewahrers erkennen. Sagte Auster damit, es sei gerechtfertigt und akzeptabel, Knochenwasser zu benutzen, und die Schuld der Opfer, wenn sie ihre Familien, wenn auch ohne es zu wissen, diesem Gift aussetzten? Varzil hatte die Gesichter der Eltern gesehen, die Schuldgefühle in ihren Blicken. Sie liebten ihre Kinder nicht weniger, als sein eigener Vater ihn liebte, und sie waren verzweifelt und heimatlos gewesen…
Zusammen untersuchten Fidelis und Auster alle Patienten. Das meiste davon geschah im Geist, aber hin und wieder stellte Auster eine Frage über eine Einzelheit. Cerriana schloss sich ihnen an und lauschte schweigend. Inzwischen waren auch Lerrys und die beiden anderen hereingekommen und setzten sich auf die Bänke.
Als Letzter kam Eduin, der direkt an seinen Platz ging, ohne Varzil auch nur einen Blick zu gönnen. Sie hatten seit dem Vorfall im Obstgarten nur ein paar Worte gewechselt, denn für gewöhnlich arbeiteten und studierten sie getrennt. Nun bemerkte Varzil keinerlei Feindseligkeit bei dem Älteren, nur eine Haltung ernster Konzentration. Vielleicht hatte Eduin seinen Ausbruch bereut und erkannte nun, dass Varzil seine Stellung im Turm und seine Freundschaft mit Carolin nicht bedrohte. Varzil nahm sich vor, die Arbeit dieses Abends ebenso unparteiisch anzugehen.
Auster schien die kleinen Patienten nicht vollkommen zu verlassen, wenn er sich zum nächsten begab. Stattdessen sah es aus, als trüge er jeden mit sich, als webte er einen Teil von ihnen in ein großes Ganzes ein, wie in das Netz eines Fischers. Er tat dies mit solcher Klarheit und mit so sicherer Berührung, dass Varzil fühlte, wie sein eigener Herzschlag sicherer wurde, sein Bewusstsein klarer. Selbst das Licht schien heller zu werden.
Als Auster an jedem Feldbett gewesen war und mit jedem Patienten gesprochen hatte, hatte sich auch der Kreis versammelt. Sie begannen bereits, eine Einheit des Geistes zu schaffen. Fidelis setzte sich auf seinen ungepolsterten Stuhl, und Varzil, direkt neben ihm, saß Auster gegenüber.
Varzil schloss die Augen und begann mit den Atemübungen, die ihn auf die Rhythmen seines eigenen Körpers einstimmen würden. Ein bestimmtes Gefühl breitete sich in ihm aus, das, wie er nun wusste, auf einen angemessen empfänglichen Geist hinwies.
Die Melodie zog sich durch seinen Hinterkopf, ein Heben und Senken wie die kleinen Wellen eines Flusses. Varzil stellte sich vor, dass er in einem Boot lag, wie er es als Kind getan hatte, und sich den Fluss entlangtragen ließ; er beobachtete die Zweige und Blätter, die über ihm vorbeizogen, den hypnotischen Wechsel von Schatten und blendender Helligkeit. Eine Stunde oder einen Herzschlag später bemerkte er andere Boote, die nun alle seltsam durchsichtig wurden und neben dem seinen einherglitten. So geschickt wie ein Webmeister brachte Auster seinen Kreis zusammen.
Varzil war noch nie zuvor Teil eines richtigen
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