Darkover 05 - Zandrus Schmiede
verlassen, sei er nun König oder Bewahrer. Es sind häufig unsere Ideale und das Ehrgefühl, auf dem jene beruhen, und nicht die Launen unseres Wesens, die uns zu weisen Entschlüssen führen.«
»Ideale! Ehre!«, sagte Eduin. »Seht doch, wohin sie uns gebracht haben!«
Varzil dachte an den König, der derzeit auf dem Hastur-Thron saß, älter als ein gewöhnlicher Mensch wurde, weil Brauch und Recht das zuließen.
»Dann brauchen wir neue«, sagte Carolin geduldig. »Gesetze und Verträge, die auf dem Besten unseres Wesens beruhen - auf Ehre und nicht auf Angst.«
Rakhal lachte. »Du warst immer schon optimistischer, als gut für dich ist, Carlo. Du liebst die Ehre vielleicht mehr als alles andere, aber das hält dich nachts auch nicht warm. Ebenso wenig wie sie das Königreich zusammenhalten wird, wenn wir das nächste Mal in den Krieg ziehen. Dafür brauchst du Haftfeuer und scharfen Stahl und keine leeren Worte.«
»Mögen die Götter gewähren, dass so etwas noch lange nicht geschieht«, sagte Carolin. »Und wenn, wäre es dann nicht besser, wenn Männer von Ehre an unserer Seite ständen?«
Varzil schaute Rakhal an, als sähe er ihn zum ersten Mal. Er will den Thron. Er liebt Carlo und will ihm nicht schaden, aber tief im Herzen hält er sich für den besseren König.
Er fragte sich, wie lange diese Liebe andauern würde, wenn Felix Hastur erst im Grab lag.
Für den Rest des Tages bekam Varzil Carolin nicht mehr zu sehen. Stattdessen nahm er sein Mittagessen mit Eduin ein. Sie trafen einander zufällig in der Küche, wo einer der Unterköche Schalen voll dicker Bohnensuppe mit Wintergemüse und große Stücke Brot vom Vortag austeilte, das er knusprig geröstet und mit duftendem weichem Käse bestrichen hatte. Es war genau die Art herzhafter Mahlzeit, die Lunilla ihnen gereicht hätte, wenn sie an einem windigen Winternachmittag in ihrer Küche erschienen wären. Sie saßen zusammen an einem Holztisch, dessen Oberfläche vom vielen Schrubben seidig war.
Eduin hatte die geliehene Höflingskleidung gegen die warmen, praktischen Sachen eingetauscht, die er für gewöhnlich trug. Er sah einfacher und ehrlicher aus, und Varzil verspürte so etwas wie Zuneigung zu ihm. Als sie sich während der Mahlzeit unterhielten, kam es ihm so vor, als strengte sich Eduin besonders an, freundlich zu sein, und Varzil war nicht sicher, ob es wegen seiner Verliebtheit in Dyannis war oder weil er Varzils Unterstützung in der Frage der Macht der Türme wollte. Es war eine gefährliche Idee, wie sie beide wussten. Ein Bewahrer mochte über jedes Gesetz außer dem eigenen erhaben sein, aber ein geringerer Arbeiter, selbst ein Unterbewahrer, war ebenso wie jeder andere der Justiz des Königs unterworfen. Was Eduin vorgeschlagen hatte, konnte man leicht als Verrat interpretieren…
»Ich werde froh sein, wenn wir wieder zu Hause sind«, sagte Varzil. »Bankette sind gut und schön, aber Lunillas Essen fehlt mir.«
»Es wird auch gut tun, wieder richtig zu arbeiten«, erklärte Eduin und blies auf einen dampfenden Löffel Suppe. »Ich hatte ein paar Ferientage bei den Großen und Mächtigen. Ich habe den Hof in all seinem Glanz gesehen. Um ehrlich zu sein: Arilinn ist mir lieber, wo ich mir keine Gedanken machen muss, ob meine Kleidung auch modisch genug ist. Dennoch… « Er machte eine Geste mit seinem Löffel. »Ich bin froh, es einmal erlebt zu haben.«
Sie trennten sich nach der Mahlzeit, und jeder ging eigenen Aktivitäten nach. Da der Sturm des Morgens sich immer noch nicht vollkommen beruhigt hatte, gab es über die üblichen höfischen Vergnügungen hinaus wenig zu tun. Varzil, der nicht viel für Tanzstunden oder Damen übrig hatte, die endlose Balladen über unglückselige Liebende sangen, wünschte sich, er könnte wieder nach Hali reiten.
Eduin hatte Recht gehabt: Es würde gut tun, sich nützlich zu fühlen. Außer den Arbeiten, die in Kreisen geleistet wurden, und der Heilung von Kranken und Verwundeten, die zu den Türmen gebracht wurden, gab es auch noch die Archive. Hali brauchte ständig Bibliothekare, die sich um die alten Dokumente kümmerten oder jene kopierten, die vom Alter und den Elementen beschädigt waren. Dennoch, das Wetter würde nicht erlauben, dass er dorthin ritt. Am Ende ging Varzil wieder in die Küche und von dort zum Destillationsraum, wo eine gehetzte Kräuterfrau und ihre Helferin ein weiteres Paar williger Hände zu schätzen wussten. Er verbrachte einen angenehmen Nachmittag bei
Weitere Kostenlose Bücher