Darkover 06 - Die Flamme von Hali
darüber verfügt?«
»Nur mein Vater und ich hatten sie in vollem Ausmaß. Mein Onkel, König Damian, und Prinz Belisar konnten es nur mithilfe meines Vaters tun.«
»Und die Hasturs… «
»Irgendwie müssen König Rafael und Königin Taniquel es herausgefunden haben. Aber sie dachten, Damian und Belisar wären die einzigen Überlebenden. Sie wussten nicht, dass mein Vater überlebt hatte - oder dass er für Damians Fähigkeit, den Wahrheitsbann zu neutralisieren, verantwortlich war.«
»Ah!« Es brach förmlich aus ihr heraus. Sie wusste nun, warum Rafael und Taniquel die Feinde getötet hatten: aus Angst um ihre gesamte Welt. Was bedeuteten schon die Leben zweier Männer im Vergleich mit den Grundlagen der Wahrheit?
Die Hasturs, Rafael und Taniquel, hatten die falschen Männer umgebracht. Und aus ihrer Tat war eine Rachsucht entstanden, die das Leben eines jeden, die sie berührte, verschlang. Es würde mit der Zerstörung von Hali auch nicht zu Ende sein. Sie sah plötzlich nur noch Schwarz vor sich, erblickte eine verkohlte, rauchende Landschaft.
Carolin würde nicht ruhen, bis er herausgefunden hatte, wer für diesen Angriff verantwortlich war, und das gesamte Land würde in Flammen aufgehen. Im Namen der Rechtschaffenheit würden Männer nach ihren mächtigsten Waffen greifen. Das Haftfeuer , das in diesem Augenblick bereits ihr Fleisch verzehrte, würde erst der Anfang sein.
45
Erst der Anfang…
Der Gedanke hallte durch Eduins Kopf. Er sah, wie Dyannis niedergeschlagen zusammensank. Ihr Gewand leuchtete wie rote Flammen. Schon bald würde das Haftfeuer sie verschlingen. Er streckte die Hand aus und betete darum, dass sein eigenes substanzloses Fleisch in Flammen aufgehen und mit dem ihren brennen würde.
Dyannis blickte auf, und er sah in ihren Augen eine unermüdliche Willenskraft. Sie war immer aufbrausend gewesen, aber nun war dieses Temperament verfeinert, gemeistert.
»Das darf nicht geschehen«, sagte sie angespannt. »Und es wird nicht geschehen. Eduin, ich bin so gut wie tot, ebenso wie alle anderen im Turm von Hali. Unser Tod darf nicht nutzlos sein.«
Was hatte sie vor? Wollte sie in den See nach dem Kataklysmus-Gerät greifen und ganz Darkover verbrennen?
»Die einzige Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass solche Waffen nie wieder verwendet werden, besteht darin, ihre Herstellung zu verhindern. Und die Einzigen die das tun können, sind wir Leronyn selbst. Denk doch nur, Eduin! Würdest du, würde ich oder sonst wer bereit sein, Haftfeuer oder Knochenwasserstaub herzustellen, wenn wir wirklich wüssten, was diese Waffen den Opfern antun? Wenn wir von Geist zu Geist mit unseren Mit- Leronyn verbunden wären, während wir sterben?«
Eduin schüttelte den Kopf. Er hatte einmal geglaubt, dass jene, die die schreckliche Macht der Laran -Waffen schufen, die Einzigen sein sollten, die darüber entscheiden dürften, wie sie eingesetzt wurden. Was Dyannis jedoch vorschlug war absurd. Sie hatte vor, die Agonie ihres eigenen Geistes und die ihrer Kollegen im Turm von Hali zu benutzen, um jeden, der über Laran verfügte, davon zu überzeugen, wie entsetzlich diese Waffen waren, die sie hergestellt hatten. Er staunte über ihren Mut, aber er wusste, dass es vergeblich sein würde.
»Es ist unmöglich«, sagte er. »Selbst über die Relais kannst du nicht so viele erreichen.«
Dyannis nahm seine Hände und sprach mit ruhiger Sicherheit. »Alleine kann ich das nicht. Aber gemeinsam, verbunden mit dem Kreis in Hali, werden wir es können.«
Sie war nicht mehr die unerfahrene Novizin, in die er sich als junger Mann verliebt hatte, und auch nicht die Matrix-Arbeiterin, die sich mit einem untergeordneten Platz im Kreis zufrieden gab, sie war nicht einmal mehr die Leronis , die den Drachen über dem Hali-See mithilfe ihres Zorns heraufbeschworen hatte.
Dyannis war eine Bewahrerin, mächtig und geschickt, und noch mehr: Sie erkannte in ihm die gleiche Kraft. Er wusste nicht, ob sie Recht hatte, ob er ihrem Vertrauen wirklich gerecht werden konnte. Er wusste nur, dass er es versuchen musste, wie er noch nie in seinem Leben etwas versucht hatte.
Eduin spürte, wie Dyannis seinen Geist in vollständige Verbindung mit ihrem brachte. Ihre geistige Berührung war anders als die jedes männlichen Bewahrers, den er je gekannt hatte, aber geschmeidig und lebendig. Sie nutzte seine Kraft und berührte dann die anderen im Turm von Hali.
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