Darkover 06 - Die Flamme von Hali
ihr dunkler Umhang verschwanden im Nichts.
Mit einem Aufschrei fiel Eduin auf die Knie. Dyannis eilte an seine Seite. Er drückte beide Hände auf den Bauch, als wollte er die Blutung aufhalten. Aber als sie näher kam, hob er die Hände, und man konnte sehen, dass die Haut unter dem zerfetzten Hemd unverletzt war. Er blickte staunend zu ihr auf. Sein Mund bewegte sich, aber keine Worte drangen hervor.
Dyannis empfand kein Mitleid für ihn; nein, ihr Begreifen wurde zu Zorn. »Du hast von dem Angriff gewusst, bevor er begann! Du… du musst die Luftwagen geschickt haben!«
Er zuckte bei ihren Worten zusammen, wandte sich aber nicht ab. In diesem Augenblick sah sie die Bitterkeit von Jahren, die noch bis in Zeiten zurückreichte, bevor sie ihn gekannt hatte. Sie sah, aber sie verstand diese Besessenheit nicht. Eine Kette von Taten, wie widerwärtige Perlen auf einer Seidenschnur, reichte weit in die Vergangenheit. Sie hörte eine Stimme wie das Gleiten von Schlangenschuppen über Stein, die flüsterte: Du hast es geschworen. T-t-töte…
Sie sah eine Königin auf ihrem Thron, ein bleiches Mädchen mit dunklen Augen und verzückter Miene, die sturmumtoste Landschaft eines einstmals begabten Geistes, einen alten Mann im Gewand eines Arztes, der in Ketten weggeführt wurde… und weiter hinten den Hali-See und eine Armee von Bettlern, die kurz davor stand anzugreifen…
»Warum?«, rief sie. »Warum hast du so etwas getan? Warum hast du einen ganzen Turm zerstört?«
»Ich wollte den Turm nicht zerstören, nur eine einzige Person, die sich dort aufhielt.« Seine Stimme war unendlich düster.
Ihr wurde kalt. Hatte er sie all diese Jahre so sehr gehasst?
»Nein, nicht dich!«, rief Eduin. »Niemals dich. Es war Varzils Tod, den ich anstrebte, und zu meiner Verdammnis habe ich damit auch deinen bewirkt.«
»Aber Varzil ist nicht mehr hier!«, sagte Dyannis. »Er befindet sich seit ein paar Tagen auf einer geheimen Mission.«
»Dann war alles umsonst.«
Sie schob diesen Gedanken beiseite. »Warum wolltest du Varzil töten? Was hat er dir getan?«
Es ging doch sicher nicht um die Versuche ihres Bruders vor so vielen Jahren, ihre beginnende Romanze zu verhindern? Sie hatte sich ohnehin gegen Varzils Anordnungen gewehrt und sich Hals über Kopf in die Affäre gestürzt. Zeit, Entfernung und eine geheimnisvolle Veränderung Eduins hatten sie beendet, nicht Varzils Einmischung.
Dann rann ein eisiger Gedanke durch ihren Kopf. Sie erinnerte sich, wie Varzil mit ihr vor den Trümmern des Turms von Cedestri gesessen und sich an seine verlorene Liebe erinnert hatte. Sie konnte seine Worte beinahe hören, die immer noch so schrecklich waren wie damals, als er sie zum ersten Mal gesprochen hatte.
» Felicia war eine Hastur, und Eduin hat versucht, sie umzubringen - er hat sie umgebracht. Eduin hat auch versucht, Carolin zu töten, einen anderen Hastur, und versagt, und dafür hasst er mich wahrscheinlich noch mehr .«
»Du hasstest Varzil, weil er dir im Weg war, als du zuerst Carolin Hastur und dann Felicia aus dem Turm von Hestral töten wolltest«, sagte Dyannis. Sie sah in seinen Augen, dass sie Recht hatte.
Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Er zitterte. Sie hätte ihn am liebsten geschlagen, wollte ihm wehtun. Aber er versuchte nicht einmal, sich zu verteidigen, weder mit Worten noch mit Gesten. Er hielt sich für vollkommen verdammt, für unwiderruflich verloren, und sie, für die er alles opfern wollte, würde seine Richterin und Scharfrichterin sein.
Sie setzte sich vor ihm auf den Boden. Ihr Zorn versickerte. »Warum?«, wiederholte sie. »Warum hasst du die Hasturs so sehr?«
»Felicia war die Tochter der Hexenkönigin Taniquel«, sagte er. »Und Carlo - die Götter mögen mir vergeben, ich habe versucht, ihn umzubringen, obwohl ich ihn liebte - war der Erbe des Throns von König Rafael. Gemeinsam haben sie meine Familie zerstört.«
»Natürlich! Naotalba hat dich mit Deslucido angesprochen, nicht mit MacEarn. Wie kann das sein? Alle hielten diese Familie für ausgestorben. Ich verstehe nun, dass sie sich geirrt haben. Aber der Krieg gegen König Damian ging schon Jahre vor deiner Geburt zu Ende.«
Er nickte. »Wie du schon erraten hast, bin ich das einzige überlebende Mitglied dieser einstmals großen Familie. Nach dem letzten Kampf wurden mein Onkel und mein Vetter hingerichtet, aber nicht mein Vater, der Laranzu Rumail
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