Darkover 06 - Die Flamme von Hali
… eine ältere Frau, deren Gesicht von Flammen verzehrt wurde…
… ein Mann, der sich über einen Relais-Schirm beugte…
… ein Kind, dessen Begabung noch frisch und unausgebildet war…
… die Stimme eines Bewahrers: Lass mich gehen, Lewis-Mikhail, es gibt für keinen von uns noch Hoffnung…
… und dann ein plötzliches Anwachsen der Macht, als sich ihnen ein ausgebildeter Kreis nach dem anderen anschloss…
Dyannis sammelte die konzentrierte geistige Kraft und veränderte ihre Resonanz. Wie Wasser, wie die Wolken des Hali-Sees, wurde sie zu einem ungemein empfindsamen Medium zur Vermittlung von Laran -Eindrücken. Erst dann öffnete sie ihre vereinten geistigen Sphären körperlichem Empfinden und den Emotionen.
Schmerz tobte durch die Einheit. Eduin wurde schwindlig, aber er machte weiter. Überall in Hali taten alle das Gleiche, ließen alles, was sie empfanden, in die Hände ihrer Bewahrerin fließen. Obwohl das Feuer sich in ihr eigenes Fleisch fraß, hielt Dyannis stand. Die Intensität wurde größer, als der Kreis zu einem Schmelzofen wurde.
Mit einer einzigen, ausgreifenden Bewegung ließ Dyannis die aufgestaute Kraft los.
Aufflackerndes Licht… , sengende Schmerzen, vollkommen unerträglich… Flammen, die sich nach innen fraßen und alles verschlangen… Höher aufflackerndes Feuer, Rauch… , einstürzende Wände… Stimmen, gellend und klagend… Tod regnete vom Himmel… , der Körper einer Frau, der aufflackerte wie eine Fackel, der Geruch von brennendem Haar, verkohlten Knochen…
Wie ein Feuerball aus Schmerz und Entsetzen fegte die mentale Botschaft in alle Richtungen. Eduin bewegte sich mit ihr, spürte ihren Eindruck in jedem verwundbaren Geist.
In der Stadt Hali und überall in den Venza-Hügeln schrie jeder, der auch nur eine Spur von Laran hatte, voller Qualen. In Thendara brach Königin Maura schreiend in den Armen des erschütterten Carolin zusammen. Eine Leronis in einem grünen Umhang, die einen Weg entlangritt, brachte ihr Pferd mit einem Ruck am Zügel zum Stehen, und Schmerz zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Auf der Ebene von Arilinn schauderten Laran -Arbeiter und waren kurzfristig geblendet. Jemand schluchzte: »Tod, Tod fällt vom Himmel… , das Feuer… , die Schreie… «
Triumph stieg in Eduin auf, aber schon bald verschwand diese Empfindung wieder. Für jeden Geist, den sie erreichten, gab es noch unzählige, die außerhalb ihrer Reichweite lagen. Diese ursprüngliche Botschaft hatte viele erreicht, aber die Hundert Königreiche erstreckten sich weit. Schon begann der Kreis, den Dyannis geschaffen hatte, zu zerbrechen. Raimons Geist schwieg, eine quälende Leere. Andere lebten noch, verloren aber schnell die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und offen zu bleiben. Herzen stotterten, Lungen füllten sich mit Rauch, Gedanken trübten sich.
Sie würden niemals Dalereuth erreichen, das Zuhause der illegalen Kreise, die Haftfeuer und Schlimmeres für jeden kleinen Fürsten herstellten, der genug zahlte, oder Temora an der Küste, oder das ferne Aldaran. Diese Reiche würden sich ungehindert durch den Vertrag und durch Skrupel aufs Tiefland stürzen. Die Herrschaft der Hasturs würde ein Ende finden, die Leronyn nicht imstande sein, ihren Herrn zu verteidigen, und an seine Stelle würde erheblich schlimmere Tyrannei treten.
Nein, er wollte es nicht wahrhaben. Was immer er getan hatte, um diese Katastrophe zu verursachen, er musste es rückgängig machen, und mehr als das.
In der Überwelt stand er auf und trat von Dyannis weg. Sie folgte ihm mit leeren Augen, denn sie hatte selbst so gut wie keine Kraft mehr.
Es gab eine Machtquelle, die er vielleicht in Anspruch nehmen konnte. Er konnte sie allerdings nicht beherrschen, er konnte nur bitten.
Im nächsten Augenblick stand Naotalba vor ihm in einem sich auflösenden Nebel; Wind ließ ihren Umhang wehen. Als ihre Züge klarer wurden, erkannte er die helle Haut, den geschwungenen Haaransatz, das Gewand von der Farbe eines mondlosen Himmels.
Wortlos kniete er vor ihr nieder.
»Was willst du von mir, Eduin Deslucido?« In ihrer Stimme lag nichts mehr von der früheren Grausamkeit. Nein, Naotalba klang müde, beinahe bekümmert.
Was immer sie gewesen war, er hatte sie zu einem Geschöpf voller Hass und Zerstörung gemacht. Er hatte ihr menschliches Herz herausgerissen und nur die Bitterkeit der Rache zurückgelassen. Dann hatte er
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