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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Freude füllt einem den Bauch nicht.«
   Eduin verzog das Gesicht. Wahrscheinlich war Varzil nie in Cedestri gewesen. Es war gefährlich, solche Dinge zu denken. Er sollte lieber glauben, dass Varzil ebenso wie Carolin für ihn für immer unerreichbar war, dass ihm nichts weiter blieb als das Leben, das er kannte.
   Du hast geschworen… , flüsterte es in seinem Kopf.
   »Als wir in Richtung Valeron gezogen sind«, fuhr Raynita fort, »haben wir mehr von diesem Krieg gesehen. Oh, es war schrecklich! Ein Luftwagen war vom Himmel geschossen worden, und überall gab es verbrannte Erde. Man konnte kleine Stücke des Wagens sehen, sogar Metallstücke.«
   »Verfluchte Zauberei«, murmelte Saravio.
   Das ließ Raynita innehalten, und sie warf Saravio einen seltsamen Blick zu. »Ja, genau das hat Tia auch gesagt. Sie hat uns verboten, in die Nähe der Stelle zu gehen, wo der Wagen abgestürzt war, und wir durften nicht einmal das Metall sammeln.«
   Die alte Frau wiegte sich hin und her und saugte die Luft durch ihre Zahnlücke ein. »An solchen Orten hängt der Tod sogar in der Atemluft. Man kann ihn nicht sehen und nicht berühren, aber er ist dennoch da.«
   »Sie hat Liam, unserem Helfer, solche Angst eingejagt, dass er eines Morgens davongerannt ist«, sagte Raynita zu Eduin in theatralischem Flüsterton.
   Nach der Mahlzeit holte der junge Jorge, der kaum ein Wort gesprochen hatte, eine kleine Laute aus dem Wagen und begann eine Melodie zu spielen. Raynita summte und klatschte leise dazu. Schon nach ein paar Tönen erkannte Eduin das Lied.
   O nein, nicht jetzt …

»Des Morgens steigt die Lerche auf,
Beginnt damit den Tageslauf… «

Langsam hin und her schwankend, begann Saravio zu singen. Eduin konnte ihn nicht aufhalten. Er machte sich auf die Laran -Vibration gefasst, die den Beginn der Manipulation seines Wohlbehagens anzeigte. Dann würde er verloren sein, gefangen zwischen krankem Vergessen und dem Zorn von Schuld und Qual, ohne sich auch nur im Schutz der Dunkelheit verbergen zu können. Diese Menschen, Raynita, Jorge und Tia , deren schwarzen Augen kaum etwas entging, würden erkennen, was er war…
   Aber warum zählte das noch? In all den Jahren auf den Straßen von Thendara hatte ihn nie interessiert, was andere von ihm hielten, und er hatte sich höchstens darauf konzentriert, nicht aufzufallen. Die Menschenmenge am See, Naotalbas gesichtslose Armee, war nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Zuvor, in Arilinn, hatte er seine Lehrer wegen der Belehrungen geschätzt, die ihm seinen Platz, seine Chance verschaffen würden. Varzil war ein Hindernis gewesen, und Carolin… Carolin hatte ihn geliebt wie einen Bruder, hatte zu ihm gehalten… Carolin musste sterben, Carolin musste immer noch sterben… Er musste sich diese Schwäche aus dem Herzen reißen, ein und für alle Mal .
   Eduin erlebte noch einmal den Augenblick, als Saravio ihn in Thendara aus der Gosse gezogen hatte, diesen Riss in der schwarzen Rüstung seines Alleinseins. Carolin war der Erste gewesen, der sie durchdrungen hatte, und dann Dyannis, und nun lag diese Schwäche in ihm bereit und wartete auf einen weiteren solchen Augenblick.
   Bei jeder anderen Gelegenheit hätte er vielleicht versucht, Saravios Botschaft auszublenden, seine Barrieren zu behalten. Aber nicht an diesem Abend. Nicht mit diesem Druck, der sich in den letzten Tagen unaufhörlich wieder aufgebaut hatte. Nicht mit der Erinnerung an Carolins Freundschaft so frisch in seinen Gedanken.
   »Flattert durch das Himmelsblau, und kehrt zurück, die Brust voll Tau.« Mit einer Stimme so klar wie Silberglöckchen antwortete Raynita Saravio. Sie lächelte und sah ihn an, aber er reagierte nicht, nicht einmal, als sie eine Diskantharmonie um seine Stimme wob.

»… und sie zwitschert und singt,
Flattert durch das Himmelsblau
Und kehrt zurück, die Flügel voll Tau .«

Eduin war auf alles gefasst, aber keine geistige Berührung erfolgte, keine Ekstase packte ihn mit gnadenlosem Griff. Es gab nur die Musik, süß und schlicht, die geübte Stimme des Mädchens, die sich über die von Saravio erhob, das Lautenspiel des Jungen, das Nicken der alten Frau im Rhythmus.
   Selbstverständlich, erkannte er nun. Diese Menschen verspürten nicht den tiefen Schmerz, der Saravios Gabe auslöste, sie waren einfach nur warmherzig und liebenswert. Und er selbst hatte auch nicht darum gebeten und sein eigenes Bedürfnis verborgen.
   - Jorge beendete das Lied

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