Darkover 06 - Die Flamme von Hali
mit einer Kaskade von Arpeggios. Raynita klatschte in die Hände. »Was meinst du, Tia? Sollen wir die beiden aufnehmen? Eduin kann mit den schwereren Aufbauten helfen, und Saravio hilft mir mit der einen oder anderen Ballade.«
Die alte Frau zog ihr Schultertuch fester um sich, obwohl die Nacht mild war. »Meine Enkelin mag euch«, sagte sie zwischen Eduin und Saravio hindurch. »Und da sie jung ist, hat sie es eilig. Es stimmt, wir brauchen zwei starke Arme, und eine zweite Männerstimme kann nichts schaden. Aber wir brauchen nichts zu überstürzen. Wenn ihr wollt, können wir euch, solange wir hier sind, Tag um Tag bezahlen. Und dann unterhalten wir uns noch einmal, wenn wir bereit sind weiterzuziehen.«
Den ganzen Sommer über blieben die Musiker in Robardins Fort. Eduin holte Wasser und Feuerholz, und Saravio sang mit Raynita. Sie spielten für die Kaufleute der Stadt und für die Reisenden und Händler, die vorbeikamen. Dann beschloss Tia, den Aufenthalt der Truppe zu verkürzen und weiterzuziehen bevor es Herbst wurde, denn Isoldir hatte die Grenzen geschlossen, und es gab weitere Gerüchte von Krieg. Sie würde ihre kleine Truppe für den Winter nach Valeron bringen. Das mildere Klima und der mächtige Aillard-Clan würden Zuflucht vor mehr als nur eine Art von Stürmen bieten.
Raynita lud sie beide ein mitzukommen, aber Saravio wirkte erstaunlich unwillig. Eduin saß mit ihm in ihrer kleinen Hütte, die im Lauf des Sommers immer schäbiger und enger geworden war. Nun war er nach jedem Tag draußen, den er mit Lachen und Musik verbrachte, weniger imstande, den Dreck und die Einsamkeit zu ertragen. Die Hütten und Zelte würden nach dem ersten Schneefall abgebaut werden, und Eduin glaubte nicht, dass er einen Winter hinter der Stadtmauer ertragen könnte, selbst wenn sie durch ein Wunder einen Platz finden würden. Das Angebot der Musiker schien die Rettung zu sein.
Als er Saravio fragte, was er dagegen hatte, erwiderte dieser schlicht: »Das da sind nicht Naotalbas Leute.«
»Wie meinst du das?«, fragte Eduin verblüfft.
Saravio war seit ihrer Flucht aus Thendara nachgiebig gewesen, aber er konnte störrisch sein, besonders, wenn er glaubte, dass er damit Naotalbas Willen folgte. Dennoch war er offener und aufmerksamer und manchmal beinahe fröhlich gewesen, seit er begonnen hatte, mit Raynita zu singen. Tias Eintöpfe und Kräutertees hatten dafür gesorgt, dass er ein wenig zugenommen hatte, und er lächelte auch hin und wieder über Jorges Possen.
»Es sind gute Menschen«, sagte Saravio. »Aber sie haben nichts mit Naotalba zu tun, und Naotalba nichts mit ihnen. Es zählt nicht, ob wir mit ihnen gehen oder hier bleiben. Aber… ich kann Naotalbas Stimme an diesem Ort nicht hören und ihre Hand nicht sehen. Sie kann uns nicht verlassen haben. Das würde sie nicht tun - sie hat es versprochen. Wir… wir haben doch nicht vollkommen versagt, oder? Damals am See? Sie würde sich deshalb doch nicht von uns abwenden?«
»Nein, nein«, erwiderte Eduin so überzeugend er konnte. »Naotalba steht treu zu uns, auch wenn alle anderen sich abwenden. Das weißt du, und deshalb hat sie dich zu ihrem Streiter bestimmt.« Die Worte brachen aus ihm heraus, ohne dass er darüber nachdenken musste. Er dachte daran, wie leicht der Kontakt zwischen ihm und Saravio und den Musikern zustande gekommen war, und zum ersten Mal schien es mehr als nur ein glücklicher Zufall gewesen zu sein.
Dann kam ihm ein weiterer Gedanke, und er nutzte ihn. »Vielleicht gibt es an diesem Ort ja etwas, das verhindert, dass wir Naotalbas Präsenz spüren«, sagte er. »Sie muss diese Musiker geschickt haben, damit sie uns von hier wegbringen. Erst wenn wir diese Stadt verlassen haben, werden wir erfahren, was Naotalba mit uns vorhat.«
Saravio strahlte. »Ja, so muss es sein. Naotalba hat viele Diener, und nicht alle von ihnen kennen ihren Glanz.« Danach arbeitete Saravio begeistert an der Vorbereitung für die Weiterreise. Sie verließen Robardins Fort zu Fuß hinter dem Wagen, zusammen mit Raynita und dem jungen Jorge, während Tia auf dem Kutschbock saß, so, als hätten sie immer zusammengehört.
16
Die Truppe schlug am Straßenrand in einem offenen Bereich zwischen zwei Hügelketten ein Lager auf, um dem alten Pferd ein wenig Ruhe zu gönnen. Eine dünne Wolkenschicht spannte sich über den Himmel und zerstreute das Nachmittagslicht. Steine, einige von ihnen so groß wie der Wagen, waren
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