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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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zu helfen. Eduin glaubte nicht, dass jemand sie vermissen würde, besonders, wenn sie schon andere Wanderer getötet hatten. Niemand aus der Stadt, der irgendwie wichtig war, würde nach ihnen suchen. Wenn sie einfach nur verschwanden, würden ihre Nachbarn hier draußen wahrscheinlich annehmen, dass sie weitergezogen waren oder ihr letztes Opfer unklug ausgewählt hatten. Und Letzteres, dachte er, entsprach schließlich nur der Wahrheit.
   Nach einiger Zeit war Saravio in der Lage, Eduin zu helfen, die Leichen zum Fluss zu bringen. Das Ufer war abschüssig und schlammig und mit Wasserfarnen bewachsen. Die Leichen sanken unter die schlammige Oberfläche des Flusses. Selbst wenn ein Fischer oder jemand, der nach Treibgut suchte, sie am nächsten Morgen finden sollte, würde man ihnen nicht ansehen, wie sie gestorben waren. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass man Eduin und Saravio verhören würde, konnten sie immer noch behaupten, die Männer hätten ihnen Haferbrei und einen Schlafplatz angeboten und wären dann in der Nacht verschwunden. Was ebenfalls in gewisser Weise der Wahrheit entsprach.
   Als sie mühsam wieder das rutschige Ufer hinaufkletterten, dachte Eduin darüber nach, ob es angeraten wäre, noch vor dem Morgengrauen aufzubrechen, zumindest zu einem anderen Teil der Barackenstadt. Am Ende siegte jedoch der Gedanke an den Vorteil, den die Unterkunft und die Habe, die die beiden Männer zurückgelassen hatten, ihnen bieten würde. Der Kochtopf war zwar dünn und verbeult, aber aus Metall und damit zu wertvoll, als dass sie ihn einfach stehen lassen durften.
   Am nächsten Morgen schreckte Eduin beim ersten Geräusch im Lager hoch, die Nerven aufs Äußerste gereizt, die Augen brennend vom Schlafmangel. Er schloss die Finger um den Griff des Messers, das nun ihm gehörte. Dunst hing über dem östlichen Himmel, aber in der Barackensiedlung rührten sich bereits einige Bewohner. Aus der Nachbarhütte drang der Geruch von gekochten Zwiebeln.
   Niemand kam näher oder störte sie, und niemand bemerkte ihn und Saravio, als sie sich auf den Weg zu den gestreiften Stangen machten, um dort Arbeit zu suchen.



15
    Eines Nachmittags, als der Frühling schon in den Sommer überging, war Eduin nach der Arbeit auf dem Weg zu der Hütte, die nun ihr Zuhause geworden war. Er hatte einen halben Laib Brot in ein Stück Tuch gewickelt und drückte ihn an die Brust. Die leere Hand ballte er zu einer Faust, so fest, dass sich die Nägel tief genug in die Handflächen bohrten, um die Haut zu verletzen. Er hieß den körperlichen Schmerz willkommen. Dieser Schmerz allein war echt, nicht die Müdigkeit, die ihm bis in die Knochen drang, und auch nicht der Hunger und die Ansammlung von Zelten und schäbigen Hütten. Auch nicht der säuerliche Geruch und das ausdruckslose Glitzern in den Augen der Menschen, an denen er vorbeikam. Ebenso wenig wie das Flüstern in seinem Kopf. Schmerz. Nur Schmerz.
   Er hatte sein Ziel beinahe erreicht. Am Ende des schmutzigen Wegs stand die Hütte, die er und Saravio mit einer Reihe von Kesselflickern und Hirten teilten, die sich nichts Besseres leisten konnten. Die paar Münzen und die Lebensmittel, die sie im Austausch für Schlafplätze erhielten, halfen ihnen ein wenig, besonders an den nur allzu häufigen Tagen, an denen Saravio das Bett nicht verlassen konnte. Eduin konzentrierte sich auf den vertrauten Umriss des durchhängenden Dachs und der notdürftigen Wände. Saravio würde dort sein. An diesem Abend oder am nächsten würde Eduin den Punkt erreichen, an dem er nicht mehr weiterkonnte, an dem nichts mehr von seinem Durchhaltevermögen und seiner Willenskraft geblieben war, und dann würde er Saravio bitten, wieder einmal zu singen. Bei dem Gedanken daran bebte sein Magen, und er bekam einen säuerlichen, abgestandenen Geschmack in den Mund.
   Er hatte Zuflucht an diesem Ort gefunden, auf der untersten Stufe der Existenz. Während ein Zehntag in den nächsten überging, war er tiefer in den Staub gesunken, bis er manchmal nicht einmal wusste, wieso er hier war und wovor er sich versteckte. Er hatte nichts, das irgendjemand wollte, abgesehen von diesen geheimen, verschämten Augenblicken des Wohlbefindens.
   Das und das gnadenlose Flüstern in seinem Kopf.
   Töte… töte sie alle .
   Töten? Er hatte keine Macht zu töten, nicht einmal sich selbst. Er brauchte all seine Kraft, um noch einen weiteren Tag durchzuhalten, und dann noch einen.
   Eduin war es

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