Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
Floria war. Natürlich weiß mein Bruder Conn so wenig vom Stadtleben, daß er eine Frau, die einem anderen gehört, nicht einmal ansehen, geschweige denn verführen würde.
Für einen kurzen Augenblick schämte Alastair sich seiner Überheblichkeit. Conns ehrenhafte Einstellung ist kein Grund, auf ihn herabzusehen. Aber sollen die Moralvorstellungen dieses Jungen vom Lande etwa auch für mich gelten?
Der Himmel war nun so dunkel von Wolken, daß ein feuchter Wind sich erhob. Alastair hatte mit nacktem Oberkörper gearbeitet; jetzt erschauerte er und griff nach dem Hemd, das er sich um die Taille gebunden hatte. Es war naß vom Schweiß – nein, das waren Regentropfen, dick und weich und bisher noch in großen Abständen fallend … aber er stellte sich vor, wie sie schneller und schneller fielen…
Wieder ertönten Jubelrufe von den Reihen der Männer, Es begann so heftig zu regnen, daß sich Dampfwolken am Rand des brennenden Waldes erhoben. Alastair legte seine Hacke hin und sah erleichtert und befriedigt zum Himmel hinauf.
»Achtung!« brüllte jemand. Alastair drehte sich erschrocken um und sah, daß ein durchgebrannter Baum sich neigte und zu stürzen begann, und zu seinem Entsetzen schleppte Lenisa wenige Meter davon entfernt ihren Wassereimer. Noch ehe er wußte, was er tat, rannte Alastair durch die Feuerschneise. Er packte das Mädchen und riß es aus dem Bereich des fallenden Baumes… Aber nicht schnell genug. Der Baum krachte mit einem Lärm zu Boden, als sei das Ende der Welt gekommen, und riß eine Menge kleinerer Bäume und Unterholz mit sich. Lenisa und Alastair wurden darunter begraben. Er warf sich mit dem Mädchen in seinen Armen so weit wie möglich zur Seite und spürte ihren Körper unter sich, als die Welt über seinem Kopf zusammenbrach. Das letzte, was er hörte, war Juwels verzweifeltes Heulen.
XIII
Conn hatte das Feuer von weitem beobachtet und keine besondere Lust verspürt, sich Alastair aufzudrängen. Früher oder später mußte Alastair seinen eigenen Weg finden, mit Markos und den Leuten von Hammerfell zurechtzukommen. Wenn die Männer sahen, daß er unter ihnen seine Pflicht tat, einschließlich der Brandbekämpfung, eine Arbeit, die Conn seit seinem neunten Lebensjahr regelmäßig verrichtet hatte, würden sie ihn um so eher anerkennen.
Aber Lebensgefahr durchbricht alle Barrieren. Alastairs Panik, als er den Baum stürzen sah und Lenisa aus dem Weg riß, brach in Conns Geist ein, als stehe er selbst an dieser Stelle. Die erstickende Glut des lodernden Waldes und das Krachen des fallenden Riesen, ja, sogar Juwels verzweifeltes Heulen wurden von ihm empfunden, als geschehe das alles in dem Zimmer seiner Mutter. Er sprang auf, ohne gleich zu erkennen, daß das Hämmern seines Herzens und das durch seine Glieder schießende Adrenalin nicht wirklich etwas mit seinem eigenen Körper und seinem Gehirn zu tun hatten.
Allein der Gefahr war er sich bewußt, und erst als mehrere panikerfüllte Sekunden vergangen waren, wurde ihm klar, daß er im Dämmerlicht des Abends allein war und nur die Geräusche der Straßen Thendaras draußen hörte, das Bellen eines Hundes, das entfernte Rumpeln eines Wagens. Plötzlich war Alastair fort – tot oder besinnungslos -, und damit war die grauenhafte Situation aus Conns Bewußtsein ausgelöscht.
Conn wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Was war seinem Bruder zugestoßen?
So streng Conn ihn bisweilen beurteilt hatte, Alastair hatte sich durch seinen Heldenmut in Lebensgefahr gebracht – oder hatte es ihn das Leben gekostet? Vorsichtig suchte Conn nach dem unterbrochenen Rapport mit Alastair und fand Schmerz und Dunkelheit… wenigstens bedeutete der Schmerz, daß Alastair noch lebte. Er mochte schwer verletzt sein, aber er lebte.
Auf dem Fußboden winselte die kleine Kupfer unruhig. Vielleicht, dachte Conn, hatte auch sie etwas von ihrem abwesenden Herrn aufgefangen – oder Conns eigenes Erschrecken und Entsetzen.
»Ist ja gut, Mädchen.« Er streichelte den seidigen Kopf der jungen Hündin. »Ist ja gut. Ganz ruhig.« Kupfers große dunkle Augen sahen flehend zu ihm auf, und er dachte: Ja, ich muß zu ihm, so oder so, Markos wird mich dort brauchen.
Er war daran gewöhnt, eigene Entscheidungen zu fällen. So stopfte er Kleidung in eine Satteltasche und wollte gerade in die Küche gehen, um sich für die Reise mit Lebensmitteln zu versorgen, als ihm einfiel, daß er als Gast im Haus seiner Mutter lebte. Er brauchte sie zwar nicht gerade um
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