Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
Wieso?«
Aurora gab ihr keine Antwort, sondern wich aus: »Nicht wichtig. Ich bezweifele, daß es etwas anderes als eine Halluzination war. Vielleicht habt ihr beide als einzige unter uns auf irgend etwas reagiert. Bei Ysayes Veranlagung zu Allergien kann ich mir das gut vorstellen. Und bei dir könnte die Attacke die Form einer Euphorie angenommen haben.«
Wieder las Elizabeth Gedanken, diesmal die von Aurora, und sie waren nicht so deutlich. Etwas in dem Sinne, Ysaye bestehe darauf, Ryan Evans habe ihr, Elizabeth, eine Droge eingegeben! Mit der Absicht, sie zu verführen!
Das mußte eine Halluzination sein. Ryan war Davids Freund. Aber Ysaye konnte ihn nicht leiden und traute ihm nicht. Wahrscheinlich war das der Grund, warum sie sich so etwas einbildete. Bei Halluzinationen verwandelt sich ein leichter Verdacht schnell in eine gräßliche Überzeugung.
»Darf ich sie besuchen?« fragte Elizabeth schüchtern. Aurora war zwar außerhalb der medizinischen Abteilung ihre Freundin, doch in der Krankenstation war die Ärztin nichts als eine professionelle Respektsperson. Und Darwin war ebenso reserviert, wenn nicht noch reservierter.
Aurora schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es keine gute Idee.« Ihr Blick forderte Darwin auf, das zu bestätigen.
Darwin lehnte entschieden ab. »Wir möchten, daß sie isoliert bleibt. Sie redet mit dieser Phantasiegestalt Leonie und davon, sie höre ein Baby vor Schmerz weinen. Elizabeth, Sie mit Ihrem telepathischen Unsinn würden sie in diesen Einbildungen nur noch bestärken. Wir wollen, daß ihre Halluzinationen schwächer werden, und nicht, daß sie an Kraft gewinnen.«
»Aber wenn es nun… « Elizabeth brach mitten im Satz ab. Wenn Ysaye nun tatsächlich telepathisch mit einer ›Leonie‹ sprach? Hatte Lorill Hastur, der heute morgen nach den Domänen abgereist war, nicht erwähnt, so heiße seine Schwester? Lorill und Ysaye hatten bei dem Fest viel miteinander geplaudert. Vielleicht hatte das eine Brücke für Leonie geschaffen, um direkte Verbindung mit Ysaye aufzunehmen. Er hatte Elizabeth auch erzählt, seine Schwester sei eine viel stärkere Telepathin als er. Da war es doch gar nicht so abartig anzunehmen, daß Leonie und Ysaye in Kontakt miteinander standen, vor allem, wenn Leonie neugierig auf die sternenreisenden Terraner war! Und was als Neugier begonnen hatte, mochte sich in Mitgefühl für Ysayes schwierige Lage verwandelt haben, in den Wunsch, im Geist ihre Hand zu halten, da die Ärzte sie von ihren Freunden getrennt hatten.
Und daß sie ihr ungeborenes Kind hörte - es gab zahllose Beispiele von werdenden Müttern, die mit dem Kind in ihrem Leib kommunizierten. Natürlich waren das lauter subjektive Erfahrungen, auch wenn sie gut dokumentiert waren, und Elizabeth fürchtete, der ach so logische Dr. Darwin würde sie kaum überzeugend finden. Was würde ein Darkovaner davon halten? Wenn sie das nur wüßte!
Darwin und Aurora sahen sie an, als erwarteten sie von ihr, daß sie ihren Satz beende. Deshalb fragte sie das erste, was ihr in den Sinn kam.
»Aber wenn es nun nicht besser mit ihr wird?«
»Dann müssen wir die Schwangerschaft unterbrechen«, antwortete Aurora unglücklich.
Elizabeth machte eine kleine protestierende Geste mit der linken Hand, denn die rechte lag schützend auf ihrem immer noch flachen Bauch.
»Es wird dann keine andere Wahl geben, Elizabeth«, setzte Darwin hinzu. »Einem produktiven Mitglied des Raumdienstes steht ein Klümpchen Protoplasma gegenüber, das noch nicht mehr als eine Möglichkeit darstellt. Der Raumdienst hat seine Vorschriften. Als Sie ihm beitraten, haben Sie ihn für Fälle wie diesen de facto zu Ihrem nächsten Verwandten und gesetzlichen Vertreter gemacht. Das steht im Vertrag. Im Interesse des Raumdienstes und in Ysayes Interesse werden wir die Entscheidung fällen, wenn sie gefällt werden muß, ganz gleich, was Ysaye will. Sie ist sowieso nicht bei klarem Verstand.«
Und damit waren sie mit Ysaye und mit allem, was Ysaye wünschen mochte, fertig. Elizabeth verließ die Krankenstation in einem Aufruhr der Gefühle. Sie hatte Angst um Ysaye, sie war wütend darüber, auf welche Weise ihr die Entscheidung abgenommen wurde…
… und sie fühlte sich ernüchtert, weil die beiden Ärzte recht hatten. Es gab keine andere Wahl.
Für keinen von ihnen.
Leonie hätte vor Enttäuschung weinen mögen. Sie wußte noch so wenig
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