Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
sagte sie. »Und jetzt mußt du gehen. Sag deiner Dienerin, daß sie deine Sachen packen soll - du weißt doch, daß sie dich nicht nach Arilinn begleiten darf? Dort gibt es keine menschlichen Dienstboten, weil sie nicht durch den Schleier gelangen können - durch die Fallenmatrix, die dich im Arilinn-Turm schützt.«
Fiora erinnerte sich gut an den Schleier und den Turm innerhalb des Schleiers. Aber nicht mit Beklommenheit, denn dank dem Schleier war der Arilinn-Turm der einzige Ort in sämtlichen Domänen, wo ein Telepath vollständig von dem »Lärm« der Gedanken draußen abgeschirmt werden konnte, ohne einen eigenen Schutzschirm errichten zu müssen. Niemals durchdrang ein verirrter Gedanke den Schleier. Marelie hatte gesagt, früher einmal hätten alle Türme eine solche Schutzvorrichtung gehabt. Fiora wünschte sich manchmal, in Dalereuth gebe es sie noch. Ein Turm, der nichts enthielt als ausgebildete, disziplinierte Telepathen, hatte etwas so Friedliches.
Aber das werde ich niemals mehr bekommen, und deshalb hat es keinen Sinn, wenn ich mich danach sehne .
Diese Mitteilung war für Leonie ein kleiner Schreck, was Fiora nicht besonders überraschte. Die Hastur-Tochter hatte sich noch nie im Leben ohne eine Dienerin beholfen. »Muß ich mich dann allein anziehen?« fragte sie und seufzte. Sie dachte an ihre komplizierten Kleider mit Verschnürungen auf dem Rücken, mit langen Reihen von Haken und Ösen oder Knöpfen, an Mieder, die so und nicht anders angezogen werden mußten, und an die Schichten von Unterröcken. Es war schwer, an sie heranzukommen, und noch schwerer war es, selbst mit Hilfe einer Dienerin, sie richtig zu schließen. »Schon gut, wenn Ihr es gelernt habt, werde ich wohl auch lernen, was sein muß.« Sie besaß einfachere Kleidung. Vielleicht kam sie ganz gut zurecht, wenn sie nur diese einpackte. Aber sie mochte es nicht, wenn sie unordentlich aussah, und bis sie sich daran gewöhnt hatte, sich selbst anzukleiden, würde sie wahrscheinlich unordentlich aussehen.
Fiora lachte vor sich hin. »Nein, Liebes, du wirst nicht wie ein halbangezogener Sausewind herumlaufen müssen. Es gibt reichlich Dienstboten dort, aber es sind alles kyrri - Nichtmenschen. Sie werden sich um dich kümmern. Außerdem sind die Roben einer Matrix-Arbeiterin und einer Bewahrerin einfacher als deine Hoftoiletten. Ich habe mich mein ganzes Leben lang allein angekleidet, und es kommen bestimmt Zeiten, in denen du gar kein intelligentes Lebewesen in deiner Nähe haben möchtest. Und du wirst nicht so viele Sachen brauchen, wie du jetzt trägst, denn im Arilinn-Turm ist es zu jeder Jahreszeit so warm wie an einem Hochsommertag.«
»Oh.« Von neuem war Leonie überrascht. Noch nie hatte ihr jemand so viel über Arilinn erzählt - wahrscheinlich weil wenige Leute, die sie kannte, dort gewesen und noch weniger bereit waren, über ihre Erfahrungen zu sprechen.
»Nun hör zu, denn ich muß dir erzählen, wie dein Leben in Arilinn aussehen wird«, sagte Fiora, und gehorsam setzte Leonie sich wieder.
In Arilinn mußte es anders zugehen als hier, wenn Fiora sie eigens darauf vorbereitete. Zweifellos war das Leben dort härter. Aber es winkte ein unvergleichlicher Lohn.
»Erstens, man wird dir keinen Kontakt mit Menschen außerhalb des Turms erlauben«, sagte Fiora. »Das meine ich wörtlich, Leonie. Überhaupt keinen Kontakt. Nicht mit deinem Vater, nicht mit deinem Bruder, nicht mit deiner liebsten Freundin, nicht einmal, wenn deine ganze Familie im Sterben läge. Du sollst alle deine Gedanken auf das konzentrieren, was innerhalb des Turms vor sich geht, und lernen, daß das Geschehen draußen dich nicht zu kümmern braucht, bis du Bewahrerin geworden und fähig bist, eigene Entscheidungen zu treffen.«
»Das weiß ich«, antwortete Leonie. »Ihr habt es mir bereits erzählt; Das werde ich ertragen können.«
Doch sie dachte anders, obwohl sie Fiora das nie geradeheraus gesagt hätte. Man konnte sie nicht in ein Gefängnis sperren und Lorill draußen halten, solange sie das nicht selbst wünschte. Und er wiederum würde mit dem Rest der Welt in Kontakt stehen. Ich werde nicht so isoliert sein, wie Fiora glaubt .
»Du brauchst nicht alles einzupacken, was du mitgebracht hast«, fuhr Fiora fort. »In Arilinn hat man deine Maße, und du wirst die meiste Zeit Roben wie die meine tragen. Nimm ein Kleid oder zwei mit und ein paar Andenken, die zu behalten man dir in den ersten paar
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