Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
machen ihre Frauen nicht zu ihren Sklavinnen!«
»Trotzdem - sei nicht böse, Jaelle -, mir kommt es vor, als gebe eine Freipartnerin wenig mehr als eine Prostituierte.« Sie benutzte das grobe Wort grezalis , wohl wissend, es würde Jaelle aus ihrem Mund so schockieren, daß sie zuhörte. »Mir scheint, eine Ehe ist es nur, wenn du dich einem Mann für immer gelobst, in guten und schlechten Tagen, in Glück und Leid. Du weißt, als ich verheiratet wurde, war Gabriel für mich nur eine Bürde, die ich tragen mußte, weil ich als Comyn -Tochter geboren war und die Gesetze meiner Kaste von mir verlangten, innerhalb meines Clans zu heiraten und Kinder mit Laran zu gebären.«
»Und du nennst mich eine Hure? Wo du des Adelsstolzes deiner Familie wegen wie eine Sklavin verkauft wurdest und ich mich freiwillig dem Mann hingebe, den ich liebe und begehre?«
Rohana hob die Hand und gebot ihr Einhalt. »Jaelle, liebes Kind, ich habe dich nicht eine Hure oder etwas in der Art genannt! Ich sagte: Das schien meine Ehe zu Anfang zu sein, eine schwere Last, die ich um meiner Familie willen zu tragen hatte. Doch nun ist Gabriel der Mittelpunkt der Welt, die wir uns zusammen aufgebaut haben. Eine Freipartnerin sagt zu ihrem Liebhaber: ›Unserer stürmischen Leidenschaft wegen will ich bei dir bleiben, solange es mir Vergnügen macht. Verlieren wir unser Glück, werde ich dich verlassen. Ich werde das Glück, das wir gehabt haben, und die guten Zeiten, die die Zukunft noch bringen mag, opfern, um nicht ein oder zwei Jahre lang unglücklich sein zu müssen.‹ Es gibt da keine Verpflichtung, zusammenzubleiben und daran zu arbeiten, die schlechten Zeiten wieder in gute zu verwandeln.«
»Wie bringst du das fertig? Empfindest du nicht ständig Bedauern über die Jahre des Unglücks, in denen du keine Möglichkeit des Entrinnens hattest?«
»Eigentlich nicht«, meinte Rohana. »Wir haben lange Zeit dazu gebraucht, das Unglücklichsein zu überwinden, und dabei haben wir ein Band geschmiedet, das bis zum Tod halten wird. Und darüber hinaus«, setzte sie lächelnd hinzu, »falls es etwas darüber hinaus gibt.«
»Du sagst das so tapfer. Ich denke dagegen… oh, Rohana, ich möchte dich nicht erzürnen.«
»Die Wahrheit kann mich nicht erzürnen, Jaelle. Nur vergiß nicht, Liebling, daß deine Wahrheit nicht notwendigerweise meine Wahrheit sein muß.«
»Dann denke ich«, erklärte Jaelle, »daß du dir jetzt, da es zum Bedauern zu spät ist, einredest, du habest es nie bedauert. Ich denke, du wolltest deine Macht und Stellung als Ehefrau des Lords der Domäne einfach nicht aufgeben.«
»Vielleicht.« Rohana war nicht beleidigt. »Eine Ehe wird aus vielen dünnen Fäden gesponnen. Gabriel ist nur ein Teil meines Lebens, aber ein Teil, auf den ich freiwillig nicht mehr verzichten würde. Als wir verheiratet wurden, liebte ich ihn nicht, und heute risse es mein Herz in tausend Stücke, sollte ich von ihm getrennt werden.«
Jaelle erinnerte sich an Rohanas Gesicht, als sie neben ihrem bewußtlosen Mann kniete, und erkannte, daß sie die Wahrheit sprach. Aber sie dachte, das sei nichts als Versklavung unter ein Ideal und etwas ganz anderes als die überwältigende Leidenschaft, die sie fast gegen ihren Willen mit Peters Leben verquickt hatte. Zitternd sagte sie: »Das ist nicht, was ich Liebe nenne!«
»Das kann ich mir denken, Schatz.« Rohana ergriff die kalten kleinen Hände. »Und doch ist es real, und es hat sich als dauerhaft erwiesen.«
»Dann bedeutet deiner Ansicht nach Liebe - Liebe, wie ich sie kenne - gar nichts? Ich habe den Eindruck, du glaubst, eine Ehe könne von irgendwelchen zwei Personen geschlossen werden, ganz gleich, was sie füreinander empfinden, als ob…« - zum erstenmal in einem Dutzend Jahren sprach Jaelle den Namen ihrer Mutter aus -,»… als ob Melora und Jalak, als ob meine Mutter, wenn auch gefangengenommen und vergewaltigt, ein dauerhaftes Glück hätte aufbauen können.«
»Sogar das wäre unter Umständen möglich, Liebling. Aber ich hatte meiner Heirat zugestimmt und hatte die Unterstützung und den Segen meiner Familie. Melora wurde ihrer ganzen Verwandtschaft mit Gewalt entrissen. Trotzdem, hätten Jalak und Melora einander gewählt, wäre sie mit ihm aus eigenem Willen davongelaufen, oder hätte er sie nach der Entführung zu lieben und zu achten gelernt und nicht als Schachfigur für seinen bösen Stolz betrachtet und seinen Haß gegen
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