Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
nicht erzählt, aber wahrscheinlich hast du es erraten. Piedro hat mich gebeten, als seine Freipartnerin in Thendara zu bleiben, und ich habe zugestimmt.«
Traurig blickte Rohana auf Jaelle nieder. Sie liebt ihn so sehr, und ich kann das nicht so ganz verstehen . Rohana selbst war sehr jung verheiratet worden. Gehorsam hatte sie den Mann genommen, den ihre Familie ausgesucht hatte, und eine Leidenschaft dieser Art hatte sie nie erlebt. Mit zurückhaltender Zärtlichkeit fragte sie: »Hast du deinen Eid je bereut, Jaelle?«
»Bis dies geschah, nie auch nur für einen Augenblick«, antwortete Jaelle. Dann zwang sie die Worte hervor: »Trotzdem glaube ich, daß du damals recht hattest, als du sagtest, ich sei zu jung, eine solche Wahl zu treffen.«
Es traf Rohana mit einem fast körperlichen Schmerz ins Herz. Gnädige Göttin, ich habe ihr die Freiheit gegeben, die mir versagt geblieben ist. War das ganz falsch? Vergangenheit und Gegenwart verschmolzen, und Rohana schien es noch einmal der letzte Tag von Jaelles langem Besuch auf Burg Ardais zu sein. Rohana hatte gewußt, daß die fünfzehnjährige Jaelle sich dort nicht glücklich fühlte. Sie verabscheute Kyril und mochte auch Rohanas jüngeren Sohn und ihre Tochter nicht besonders. Gabriel hielt sie für einen engherzigen Tyrannen. Sie hatte sich wütend dagegen gewehrt, sogar beim Reiten Röcke zu tragen. Und am letzten Tag hatte sie Rohana trotzig erklärt, sie werde den Amazonen-Eid an dem gleichen Tag ablegen, an dem das Gesetz es ihr erlaube.
Rohana hatte es vorausgesehen, und doch betrübte es sie. Ihrer Meinung nach hatte Jaelle noch keine Ahnung von dem Leben, dem sie entsagen wollte.
Sie hatte gesagt: »Warte, bis du sicher, ganz sicher bist, Jaelle. Dies ist kein Spiel, es ist eine Entscheidung über dein ganzes Leben. Wirf es nicht auf diese Weise weg!« Und dann hatte sie gefleht: »Jaelle, willst du mir drei Jahre geben, die gleiche Zeit, die du Kindra gegeben hast, um dir zu beweisen, daß mein Leben nicht weniger glücklich ist als ihres?«
Auch Jaelle erinnerte sich daran (oder hatte das Mädchen mit seinem erwachenden Laran ihre Gedanken geteilt?), denn sie sagte leise: »Damals kamen mir drei Jahre wie ein ganzes Leben vor, länger, als ich es ertragen konnte zu warten. Und - verzeih mir, Rohana - du wolltest mir beweisen, dein Leben sei glücklich, und doch wußte ich, daß du nicht glücklich warst. Deshalb schien es mir - Heuchelei zu sein.«
Rohana senkte den Kopf. Nein, sie war damals nicht glücklich gewesen, aber sie hatte geglaubt, es vor Jaelle besser verborgen zu haben. Sie hatte sich nach der kleinen Kostprobe der Freiheit wie in der Falle gefühlt. Ihre heranwachsenden Kinder und der dreijährige Valentin, der im unruhigsten Alter war und viel Mühe machte, ließen ihr keinen Augenblick Ruhe. Und zu alldem war sie schwanger gewesen mit einem vierten Kind, das sie nicht wollte. Das war der Preis, den sie für Gabriels Verzeihung hatte bezahlen müssen. Und obwohl sie das Kind nicht wollte, war Rohana zu sehr Frau, um nicht tiefes Leid zu empfinden, als es tot geboren wurde. Aber in diesem Jahr hatte sie ihre Schwangerschaft in hilfloser Rebellion ertragen und oft gedacht, sie habe für den Frieden in ihrem Haus vielleicht einen zu hohen Preis bezahlt. Jetzt beugte sie vor der zur Frau herangewachsenen Jaelle den Kopf und flüsterte fast unhörbar: »Du hattest recht; ich war damals nicht glücklich. Und ich fühle mich schuldiger als je zuvor, weil mein Unglücklichsein dazu geführt hat, daß du den Amazonen-Eid übereilt ablegtest.«
Jaelle schmiegte ihre Wange an Rohanas Hand. »Mach dir keine Vorwürfe, ich glaube nicht, daß es einen Unterschied bedeutet hätte. Auch Kindra nannte mich stur und dickköpfig und drängte mich, noch ein bißchen zu warten. Vielleicht…« - ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht - »… bin ich meines Vaters Tochter, obwohl ich das nicht gern zugebe.«
Niemals hatte Jaelle vor diesem Tag Rohana gegenüber ihren Vater erwähnt, und Rohana konnte sich vorstellen, was es Jaelle gekostet hatte, das zu sagen. Lange Zeit schwieg sie, dann fragte sie: »Also willst du bei deinem terranischen Liebhaber bleiben?«
»Ich… ich glaube schon.«
Aber sie ist sich nicht sicher . »Ist es fair gegen einen Mann, Jaelle, ihm so wenig von dir selbst zu geben, wie eine Freipartnerin gibt?«
»Rohana, ich gebe ihm, was er von mir will! Die Terraner
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