Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
gewähren, Eure Überlegungen anzuhören, edle Anwesende?«
Hastur sah ein bißchen verärgert aus, aber nichts konnte die Disziplin des langjährigen Diplomaten erschüttern. Er erhob sich und verbeugte sich höflich vor den drei Frauen. »Ich werde euch in diesem Rat nicht willkommen heißen, weil ihr uneingeladen gekommen seid«, erklärte er. »Doch ist dies kein geheimes Konklave zur Abfassung tyrannischer Beschlüsse; keinem Bürger, den das Thema angeht, darf das Recht verweigert werden, zu hören und gehört zu werden.«
Montray sagte, und sein Sohn übersetzte: »Wir begrüßen jede Gelegenheit, von Bürgern Thendaras gehört zu werden. Seien Sie willkommen, meine Damen.«
Hastur wandte sich an Montray. »Als Ihr das letzte Mal vor uns erschienen seid, gewährten wir Eurer Angestellten Magdalen Lorne…« - Magda, die zwischen den Amazonen saß, bemerkte, daß er ihren terranischen Namen aussprach, ohne zu zögern oder im geringsten zu stolpern - »… die Erlaubnis, in die Berge zu reisen und Verhandlungen über die Freilassung Eures Angestellten Peter Haldane zu führen, der zu Sain Scarp gefangensaß. Wie ich inzwischen erfahren habe, begegnete die Frau Lorne einer Schar Freier Amazonen unter dem Befehl von Jaelle n’ha Melora und wurde aufgefordert, durch einen Eid den Beitritt zu ihrer Gilde zu erklären, wie es ihrem Gesetz und der Charta entspricht. Habe ich den Vorgang exakt dargestellt?«
Die Gildenmutter Millea bestätigte: »Nach dem Bericht, den uns unsere Schwestern gaben, ist das wahr.«
Hastur fuhr fort: »Ich verstehe nicht ganz, was es da für Schwierigkeiten gibt. Mir scheint, der Fall kann durch private Abmachungen zwischen den Parteien oder schlimmstenfalls durch ein Schiedsgericht geregelt werden.«
Montray lauschte mit ärgerlichem Stirnrunzeln. Er sagte etwas; sein Sohn schüttelte den Kopf und weigerte sich, es zu übersetzen.
Hastur sprach nun Magda an. »Miss Lorne, habt Ihr diese Frauen zu dem Zweck mitgebracht, daß Ihr in Anwesenheit aller Betroffenen den Antrag auf Entbindung von Eurem Eid stellen könnt?«
Magda sprach leise, aber sehr deutlich. »Nein, mein Lord Hastur. Ich will den Eid, den ich geschworen habe, bis zum Tod halten. Ich weiß nur nicht, ob die terranischen Behörden es mir erlauben werden. Sie könnten vorbringen, mein Eid sei nicht gültig, oder ich hätte wegen einer vorrangigen Treuepflicht kein Recht gehabt, ihn zu leisten.«
Wieder murmelte Montray etwas, und der junge Dolmetscher bemerkte, gerade noch hörbar: »Das habe ich dir doch gleich gesagt.«
Rohana stellte bei sich fest, daß Magda einen sehr klugen Schachzug gemacht hatte. Privat mochte der terranische Gesandte erklären, ein darkovanischer Eid habe für ihn keine Gültigkeit. Doch wenn er das in Anwesenheit Hasturs und dreier Gildenmütter von Thendara vorbrachte, vernichtete er auf Jahrzehnte hinaus die Glaubwürdigkeit jedes Terraners auf Darkover. Und wenn er das nicht wüßte, und nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, hatte er es nicht gewußt, würde es ihm sowohl von dem jungen und fähigen Dolmetscher als auch von Peter Haldane überdeutlich klargemacht werden! Montray wirkte so frustriert, daß Rohana keine Spur von Laran brauchte, um zu erkennen, daß er sie alle, Magda zuerst, in das terranische Äquivalent von Zandrus kältester Hölle wünschte.
Domna Fiona ergriff das Wort. »Der edle Gast von Terra scheint Schwierigkeiten zu haben, die Entscheidung zu akzeptieren. Dürfen wir mit Lord Hasturs Erlaubnis seine Gründe hören?«
Montray erwiderte, ohne auf die Übersetzung seines Sohnes zu warten: »Die Schwierigkeit liegt in folgendem. Miss Lorne ist uns außerordentlich wertvoll. Sie ist die einzige Frau, die Expertin für darkovanische Sprachen ist und uns über die Sitten der Frauen und die sozialen Regeln auf Darkover beraten kann. Es ist uns zur Zeit unmöglich, sie für eine andere Arbeit freizustellen, so wichtig diese sein mag und sosehr wir jene Personen achten, die sie gern bei sich aufnehmen möchten.«
Rohana vermutete, daß die höflichen Phrasen von dem Dolmetscher hinzugefügt worden waren. Montrays Originalrede war wohl heftiger und ungeschliffener gewesen. Nur verstand sie die terranische Sprache nicht gut genug, um sicher zu sein.
»Wenn das die einzige Schwierigkeit ist, kann sie leicht beigelegt werden«, erwiderte Domna Fiona. Die Stimme und der hagere Körper in der Richterrobe
Weitere Kostenlose Bücher