Darkover 10 - Die zerbrochene Kette
in dieser Unterkunft gibt es zwei Latrinen. Wir haben die da…« - sie zeigte - »… für uns genommen, so daß du nicht an den Männern vorbei mußt, um zu…« Sie sprach völlig unbefangen ein Wort aus, das Magda noch nie aus dem Mund einer Darkovanerin gehört hatte. Sie hatte es nur in Wörterbüchern gesehen, denn kein Mann hätte es vor ihr benutzt.
Am besten rede ich nicht viel. Zumindest unter sich gebrauchen sie die Umschreibungen nicht, die hier als schicklich für Frauen gelten!
Magda bemerkte, daß vor der Latrine, die die Frauen für sich reserviert hatten, ein mit Druckbuchstaben beschriftetes Schild hing, das den Männern den Zutritt verwehrte. Die geschulte Anthropologin lernte schon wieder etwas Neues: Sie setzen voraus, daß ich lesen kann. Und zumindest einige von ihnen können schreiben . Auch das war ein kleiner Schock.
»Hier, komm und iß.« Sherna löffelte heiße Suppe in Magdas eigenen Becher, zerlegte einen der gebratenen Vögel mit einem Messer und reichte ihr ein Stück. Wie die anderen setzte sich Magda zum Essen auf ihre ausgebreiteten Decken. Sei nicht so nervös , schalt sie sich. Schließlich hatte sie schon oft genug in der Gesellschaft von Darkovanern gegessen!
Die Amazone, die von Jaelle als Gwennis vorgestellt worden war - Magda hielt sie für etwa dreißig, und sie war eine schlanke, hübsche Frau in einem blauleinenen Unterhemd -, fragte: »Dürfen wir die Art deiner Mission erfahren, Margali, wenn sie kein Geheimnis ist?«
Magda vermutete, daß diese höfliche Befragung unter Amazonen, die sich noch nicht kannten, üblich war. Keinesfalls konnte sie sich jetzt noch, nachdem sie mit den Frauen Feuer und Essen geteilt hatte, in unfreundliches Schweigen zurückziehen. Ich bin ein verdammter Schwachkopf. Ich hätte im Wald kampieren sollen . Aber das Heulen des Sturms, das auch in der Hütte deutlich zu hören war, machte diesen Gedanken lächerlich.
»Ein Geheimnis ist es nicht, es ist jedoch eine Familienangelegenheit meiner Auftraggeberin.«
Rayna, eine hochgewachsene, schlanke Frau mit Haaren, die sich im Licht des Feuers wie ein Heiligenschein um ihr Gesicht kräuselten, fragte: »Und zweifellos wirst du uns mit Stolz ihren Namen nennen?« Lady Rohana hat das vorhergesehen. Gott segne sie; ich hätte nie gewagt, sie ohne ihre Erlaubnis zu nennen . »Ich habe die Ehre, Lady Rohana Ardais auf einer Mission nach Sain Scarp zu dienen.«
Camilla, die neben Jaelle auf ihren ausgebreiteten Decken saß, schürzte die Lippen und warf einen raschen Blick zu den wild aussehenden Männern hinüber, die, um ihr eigenes Feuer geschart, aus einem großen Kessel aßen und sich laut unterhielten.
Magda dachte: Können diese Männer Räuber sein? Ob sie von Sain Scarp sind? Wieder überkam sie eine »Ahnung«. Sie hörte nicht, was Jaelle zu ihr sagte, und mußte sie bitten, es zu wiederholen.
»Ich sagte: Ist Lady Rohana immer noch lahm von dem Sturz vom Pferd? Die arme alte Frau, und das so bald, nachdem sie ihren Mann verloren hat - welche Tragödie!«
Einen Augenblick lang konnte Magda nicht glauben, was sie hörte. Dann ging ihr ein Licht auf. Sie stellte ihren Teller hin, und es gelang ihr gut, verletzten Stolz zu markieren.
»Du hast neuere Kunde von ihr als ich, oder du stellst mich auf die Probe, Schwester .« Sie sprach die übliche Anrede mit dick aufgetragener Ironie aus. »Als ich Lady Rohana zuletzt sah, war sie gesund und munter, und sie alt zu nennen, wäre eine schwere Beleidigung gewesen. Ich glaube nicht, daß sie zwanzig Jahre älter ist als ich. Was ihren Mann angeht…« - sie suchte in ihrem Gedächtnis nach seinem Namen,»… so habe ich Dom Gabriel nicht kennengelernt, aber sie sprach von ihm als lebend und wohlauf. Oder gibt es eine andere Lady Rohana in der Ardais-Domäne als die, der ich diene?«
Jaelles hübsches Gesicht nahm einen zerknirschten Ausdruck an. »Sei mir nicht böse, Margali. Lady Rohana ist meine Verwandte und die einzige von meiner Sippe, die freundlich zu dem schwarzen Schaf der Familie war. Du kannst dir denken, daß ihre Ehre mir teuer ist, und ich möchte nicht, daß irgend jemand sich ihres Namens ohne ihre Erlaubnis bedient. Ich bitte dich, verzeihe mir.«
Magda erklärte steif: »Du solltest dir besser den Geleitbrief ansehen, den ich bei mir trage.«
»O bitte…« Jaelle sah jetzt sehr jung aus. »Mach dir keine Mühe. Sherna, gieße ihr Wein ein. Trink mit uns,
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