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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erschauerte. Er sah, was kein Mann und keine Frau seiner Zeit je gesehen hatte: den Turm von Neskaya in der Blütezeit der Comyn.
    Ein funkelndes Licht erglomm im Hof, und in seinem Schein erkannte Damon einen jungen Mann. Voll Freude erinnerte er sich, dass er ihn schon einmal gesehen hatte, und entschloss sich, das als ein Zeichen auszulegen. Der junge Mann trug Grün und Gold und einen großen, funkelnden Ring an seinem Finger – einen Ring oder eine Matrix? Das feine Gesicht, die grün und goldene Kleidung in altertümlichem Zuschnitt kennzeichneten ihn als einen Ridenow. Ja, Damon hatte ihn schon einmal gesehen, wenn auch nur kurz. Mit einem seltsamen Gefühl der Erleichterung spürte er, wie er wieder feste Gestalt annahm. Der Körper, den er auf dieser komplizierten astralen Reise trug, war aber natürlich nur ein Abbild, der Schatten eines Schattens. Kurz wurde er sich seines wirklichen Körpers bewusst, kalt, verkrampft, komatös, ein nach Atem ringendes, gequältes Stück Fleisch, unvorstellbar anderswo. Der Körper, dessen er sich hier auf der höheren Ebene bediente, kannte keine Bande, war ruhig und frei von Beschwerden. Nach den erschöpfenden Ewigkeiten der Formlosigkeit war selbst der Schatten einer Gestalt eine Befreiung von Spannung, beinahe eine Explosion an Vergnügen. Ein richtiges Gewicht, Blut, das er in seinen Adern pulsieren fühlte, Augen, die sehen konnten... Der junge Mann flackerte und wurde fest. Ja, er war ein Ridenow, sehr ähnlich Damons Bruder Kieran, der einzige Bruder, den Damon liebte und nicht nur des gemeinsamen Blutes wegen höflich tolerierte.
    Damon wurde warm ums Herz vor Liebe zu diesem Fremden, der einer seiner eigenen fernen Vorfahren sein musste. Er trug eine lange, lose goldene Robe, mit Grün gegürtet, und er betrachtete Damon mit ruhigem, freundlichem Blick. Er sagte: »Deinem Gesicht und deiner Kleidung nach bist du gewiss einer meines eigenen Clans. Wanderst du in einem Traum, Verwandter, oder bist du von einem anderen Turm aus auf die Suche nach mir gegangen?«
    Damon antwortete: »Ich bin Damon Ridenow.« Er wollte sagen, dass er nicht in dieser Zeit lebe, aber dann fiel ihm ein, dass die Zeit auf dieser Ebene keine Bedeutung hatte. Wenn alles Geschehen gleichzeitig existierte, dann war die Zeit, als er Psi-Techniker in Arilinn gewesen war, ebenso real, ebenso gegenwärtig wie die Zeit, zu der sein Körper während dieser Suche in Armida lag. »Damon Ridenow, Dritter im Turm von Arilinn, dem Grad nach Techniker, unter der Bewahrerin Leonie von Arilinn, Lady Hastur.«
    Der junge Mann meinte liebenswürdig: »Sicher träumst du, oder du bist wahnsinnig, oder du hast dich in der Zeit verlaufen, Verwandter. Alle Bewahrer von Nevarsin bis Hali sind mir bekannt, und es ist keine Leonie darunter, und auch keine Hastur-Frau.« Er lächelte. »Soll ich dich an deinen eigenen Ort und in deine eigene Zeit entlassen, Cousin? Diese Ebenen sind gefährlich, und ein bloßer Techniker kann hier nicht ohne Gefahr reisen. Du magst zurückkehren, wenn du die Fähigkeiten eines Bewahrers gewonnen hast, Cousin. Dass du die Kraft dazu bereits hast, zeigt mir dein Erscheinen hier. Aber ich kann dich auf eine Ebene schicken, die sicher für dich ist, und ich wünsche dir ebenso viel Vorsicht, wie du Mut hast.«
    »Ich bin weder wahnsinnig, noch träume ich«, erklärte Damon, »und in der Zeit verlaufen habe ich mich auch nicht, obwohl ich mich wahrlich weit von meiner eigenen Zeit entfernt habe. Meine Bewahrerin schickt mich, und vielleicht bist du der, den ich suche.«
    »Ich bin Varzil«, sagte der junge Mann, »Varzil von Neskaya, Bewahrer des Turms.«
    Bewahrer. Damon hatte davon gehört, dass in früheren Zeiten Männer zu Bewahrern gemacht worden waren. Allerdings benutzte der junge Mann das Wort in einer Form, die er noch nie vernommen hatte: Tenerezu. Als Leonie ihm von männlichen Bewahrern erzählte, hatte sie sich des üblichen Ausdrucks bedient, der unveränderlich weiblich war. Von Varzil ausgesprochen, war das Wort ein Schock. Varzil! Der legendäre Varzil, genannt der Gute, der Hali neu erstehen ließ, nachdem die Katastrophe den dortigen See vernichtete. »In meiner Zeit bist du eine Legende, Varzil von Neskaya, besser als Lord von Hali bekannt.«
    Varzil lächelte. Er hatte ein ruhiges, intelligentes Gesicht, doch es hatte nicht den zurückhaltenden, losgelösten, isolierten Ausdruck, den Damon bei jeder Bewahrerin, die er kannte, gesehen hatte. Es war lebendig vor

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