Darkover 12 - Der verbotene Turm
Jahren entgegen. Er hatte ein scharfes, intelligentes Gesicht und so dunkles Haar, das es kaum noch rot wirkte.
»Valdir.« Dom Esteban breitete seine Arme aus, und der Junge kniete zu seinen Füßen nieder.
»Du bist noch so jung, mein Sohn, aber du musst jetzt schon ein erwachsener Mann sein!« Als der Junge sich erhob, zog er ihn eng an sich. »Weißt du, was man mit deines Bruders... « Er erstickte an dem Wort. Valdir antwortete ruhig: »Er ruht in der Kapelle, Vater, und sein Friedensmann ist bei ihm. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, aber... « – er winkte, und Dezi trat zögernd ein – »... mein Bruder Dezi ist mir eine solche Hilfe gewesen, seit ich aus Nevarsin eintraf.«
Damon dachte lieblos, dass Dezi jetzt, wo sein Beschützer tot war, keine Zeit verloren hatte, sich bei dem nächsten Erben einzuschmeicheln. Neben dem dünnen, gelblichen Valdir sah Dezi mit seinem leuchtend roten Haar und sommersprossigen Gesicht mehr nach einem Mitglied der Familie aus als der legitime Sohn. Dom Esteban umarmte Dezi weinend.
»Mein lieber, lieber Junge... «
Damon fragte sich, wie er den alten Mann des Trostes seines einzigen ihm außer Valdir noch verbleibenden Sohns, wie er Valdir seines einzigen lebenden Bruders berauben konnte. Das Sprichwort hatte Recht: Bloß ist der Rücken dessen, der keinen Bruder hat. Auf jeden Fall war Dezi ohne seine Matrix harmlos.
Valdir kam und umarmte Ellemir. »Ich sehe, dass du Damon endlich geheiratet hast. Das habe ich mir gedacht.« Aber gegenüber Callista hielt er scheuen Abstand. Callista hielt ihm ihre Hände hin und sagte erklärend zu Andrew: »Als ich in den Turm ging, wurde Valdir noch auf dem Arm getragen. Seitdem habe ich ihn nur einige wenige Male gesehen, und beim letzten Mal war er noch ein kleines Kind. Du hast mich sicher vergessen, Bruder.«
»Nicht ganz.« Der Junge blickte zu seiner hoch gewachsenen Schwester auf. »Ich erinnere mich ein bisschen an dich. Wir waren in einem Zimmer mit Farben wie ein Regenbogen. Ich muss sehr klein gewesen sein. Ich fiel hin und verletzte mir das Knie, und du nahmst mich auf den Schoß und sangst mir vor. Du trugst ein weißes Kleid mit etwas Blauem daran.«
Callista lächelte. »Jetzt fällt es mir wieder ein. Das war, als du in der Kristallkammer vorgestellt wurdest, wie es bei jedem ComynSohn geschieht, damit man später, wenn er heiratet, sicher ist, dass er keinen verborgenen Fehler und keine Deformierung hat. Ich war damals erst Psi-Überwacherin. Aber du warst noch keine fünf Jahre alt. Es überrascht mich, dass du dich sogar an den blauen Schleier erinnerst. Dies ist mein Mann Andrew.«
Das Kind verbeugte sich höflich, bot Andrew jedoch nicht die Hand, sondern zog sich zu Dezi zurück. Andrew verbeugte sich kalt vor Dezi. Damon umarmte ihn als Verwandten und hoffte, das werde den Argwohn verdecken, den er nicht loswerden konnte. Aber Dezi hatte sich gut gegen ihn abgeschirmt. Damon konnte kein bisschen von seinen Gedanken lesen. Dann ermahnte Damon sich selbst, gerecht zu sein. Als sie das letzte Mal zusammen gewesen waren, hatte er Dezi gefoltert und beinahe getötet. Wie konnte Dezi ihn jetzt mit großer Freundschaft begrüßen?
Dom Esteban wurde in seine Räume gebracht. Er sah Dezi bittend an, und der junge Mann folgte seinem Vater. Als sie fort waren, bemerkte Andrew mit einer Grimasse: »Und ich hatte geglaubt, wir seien ihn los. Aber wenn es unserm Vater ein Trost ist, ihn um sich zu haben, was können wir tun?«
Damon dachte, es sei nicht das erste Mal, dass ein Bastard-Sohn, schurkisch in seiner Jugend, zur Stütze eines Vaters wurde, der seine anderen Kinder verloren hatte. Erhoffte Dom Estebans und auch Dezis willen, dass es sich so entwickeln werde.
Zu Andrew und Callista sagte er: »Wollt ihr mit mir in die Kapelle kommen und nachsehen, was für Domenic geschehen ist? Wenn alles ist, wie es sich gehört, können wir unserm Vater das ersparen, und Ellemir auch. Ferrika hat sie zu Bett gebracht. Sie kannte Domenic am besten... es ist nicht notwendig, ihr noch mehr Schmerz zu bereiten.«
Die Kapelle lag im tiefsten Teil der Comyn-Burg. Sie war aus dem lebenden Stein des Bergs gehauen, auf dem das Bauwerk stand, und hatte die erdige Kühle einer unterirdischen Höhle. Domenic lag in der widerhallenden Stille auf einer Bahre vor einer Statue, die Andrew als die Gesegnete Cassilda, die Mutter der Domänen, erkannte. Andrew meinte, in dem gemeißelten Steingesicht eine schwache Ähnlichkeit mit
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