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Darkover 17 - Die blutige Sonne

Titel: Darkover 17 - Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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keinen Gedanken an ihre eigene Weiblichkeit zu verschwenden.
   »In den alten Zeiten wurde das als eine rituelle Angelegenheit betrachtet«, erläuterte Kennard. »Das halte ich für Blödsinn. Tatsache bleibt, daß es für eine Frau schrecklich gefährlich ist, die zentralpolare Position in einem Matrix-Kreis einzunehmen und die Energonenströme zu halten, ohne Jungfrau zu sein. Das hat etwas mit den Nervenströmen zu tun. Selbst die Frauen an der Peripherie des Kreises leben beträchtliche Zeit vorher in strenger Keuschheit. Was dich betrifft - nun, du wirst heute nacht jedes Fetzchen deiner Energie und Kraft brauchen, und das weiß Taniquel. Daher gehst du jetzt schlafen. Allein. Und ich kann dich auch gleich darauf aufmerksam machen, falls du es nicht schon selbst herausgefunden hast, daß du noch ein paar Tage hinterher nicht für eine Frau taugen wirst. Mach dir keine Sorgen darüber, das ist nur eine Nebenwirkung des Energieentzugs.« Freundlich, beinahe väterlich legte er Kerwin die Hand auf den Arm. »Das Problem ist, Jeff, du bist ganz zu einem Teil von uns geworden, und deshalb vergessen wir ständig, daß du nicht immer hier gewesen bist. Wir setzen voraus, daß du all diese Dinge weißt, ohne daß sie dir einer gesagt hat.«
   Gerührt von Kennards Freundlichkeit, antwortete Jeff mit leiser Stimme: »Ich danke dir… Verwandter.« Zum ersten Mal, ohne Absicht benutzte er dies Wort. Wenn Kennard der Pflegebruder Cleindoris, Jeffs Mutter gewesen war - Kerwin wußte bereits, daß die darkovanische Sitte, ein Kind in Pflege zu geben, Bande schuf, die in vielen Fällen stärker waren als die des Blutes.
   Impulsiv fragte er: »Hast du meinen Vater gekannt, Kennard?«
   Kennard zögerte. Dann erklärte er bedächtig: »Ja. Ich glaube, ich kann sagen, daß ich ihn recht gut gekannt habe. Nicht… nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hätte, oder es wäre vielleicht alles anders gekommen. So konnte ich nichts daran ändern.«
   »Wie war mein Vater?« forschte Kerwin weiter.
   Kennard seufzte. »Jeff Kerwin? Er sah nicht aus wie du; du bist meiner Schwester ähnlich. Kerwin war groß und dunkel, praktisch veranlagt und sachlich. Aber er hatte auch Phantasie. Lewis - mein Bruder - kannte ihn besser als ich. Er stellte ihn Cleindori vor.« Plötzlich runzelte Kennard die Stirn. »Weißt du, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Geh und leg dich hin.« Kerwin spürte, daß Kennard beunruhigt war. Ob es daran lag oder ob er aus Kennards Gedanken ein Bild auffing, jedenfalls fragte Kerwin:
   »Kennard, wie ist meine Mutter gestorben?«
   Kennards Unterkiefer verspannte sich. »Frag mich nicht, Jeff. Bevor sie zustimmten, daß wir dich hierherholten… « Er unterbrach sich. Offenbar überlegte er, was er sagen sollte, und Kerwin merkte, daß der ältere Mann sich fest abschirmte, damit Kerwin auch nicht das Bruchstück eines Gedankens wahrnahm. Er setzte von neuem an: »Ich war damals nicht in Arilinn. Und sie forderten mich auf zurückzukommen, weil sie nach… nach dem, was geschehen war, zu wenig Leute hatten. Aber bevor sie zustimmten, dich kommen zu lassen, mußte ich… mußte ich schwören, bestimmte Fragen nicht zu beantworten, und dies ist eine von ihnen. Jeff, die Vergangenheit ist tot. Denk an heute. Jeder in Arilinn, jeder in den Domänen muß die Vergangenheit hinter sich lassen und daran denken, was wir für Darkover und unser Volk tun sollen.« In seinem Gesicht war eine Andeutung von altem Schmerz zu lesen, er war jedoch immer noch völlig abgeschirmt.
   »Jeff, als du herkamst, hatten wir alle starke Zweifel. Aber jetzt, ob wir siegen oder verlieren, bist du einer von uns. Ein echter Darkovaner - und ein echter Comyn . Der Gedanke mag nicht ebenso tröstlich für dich sein, wie es Tanis Anwesenheit wäre«, setzte er mit einem Versuch zu scherzen hinzu, »aber ein wenig sollte er dir helfen. Jetzt geh und schlafe… Verwandter.«

Man holte ihn bei Mondaufgang. Der Arilinn-Turm wirkte in tiefer Nacht fremd und still, und die Matrix-Kammer war gefüllt von der eigentümlichen, schwingenden Stille. Sie versammelten sich, sprachen mit gedämpften Stimmen, spürten die Stille um sich wie etwas Lebendiges, wie eine sehr reale Präsenz, die zu stören sie fürchteten. Kerwin fühlte sich schlaff, leer, erschöpft. Er bemerkte, daß Kennard stärker hinkte als gewöhnlich. Elorie sah verschlafen und schlecht gelaunt aus, und Neyrissa fuhr Rannirl an, als dieser eine

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