Darkover 23 - Asharas Rückkehr
löste neues Entsetzen aus, und sie versuchte, ihn zu vertreiben. Lieber lauschte sie wieder, obwohl sie dabei leichte Schuldgefühle hatte und sich ein bisschen wie ein Schnüffler vorkam. Wie kannst du von normal reden? Also wirklich, Isty! Manchmal kannst du einen rasend machen. Können wir denn gar nichts tun?
Sie hat schreckliche Angst - und ich kann es ihr nicht verübeln. Ich habe Ashara nur durch ihre Augen gesehen und bin zu Tode erschrocken. Und sie läuft seit zwanzig Jahren mit dieser fremden Erscheinung in ihrem Kopf herum! Kannst du dir vorstellen, wie es ist, ein fünf- oder sechsjähriges Mädchen zu sein und vom Willen einer toten Leronis beherrscht zu werden? Wenn wir nur den Kreislauf des Schreckens durchbrechen könnten, ich glaube, dann würde sie zu genesen anfangen.
Nichts von dem, was wir ihr verabreicht haben, bleibt so lange in ihr, dass es wirken könnte! Und ich glaube nicht, dass ihr armer Körper das noch lange mitmacht, sie hat viel Gewicht verloren. Ich weiß, dass wir etwas unternehmen müssen, ich weiß nur nicht, was. Eine Möglichkeit gäbe es schon … An ihren Kanälen wurde herumgepfuscht, als sie noch sehr klein war. Wir haben immer die Theorie vertreten, dass während der Schwellenkrankheit die Kanäle irgendwie in den Geist eingeprägt werden. Ich vermute am ehesten, dass wir gerade die Schaffung neuer Kanäle miterleben, die vorher nicht existiert haben. Es hat etwas mit den merkwürdigen Spuren auf ihrer Hand zu tun.
Neue Kanäle? Du weißt genau, dass das unmöglich ist! Nichts ist unmöglich! Ich hätte nie gedacht, dass der Geist einer längst verstorbenen Bewahrerin durch die Jahrhunderte reichen könnte, um den Willen einer jungen Frau aus ihrem Geschlecht zu beugen, aber genau das ist passiert. Mari - du bist erschöpft. Und du bist mir keine Hilfe, wenn du nur halb bei Sinnen bist. Schick mir Rafaella, und dann leg dich hin.
Aber Rafaella kann nicht überwachen! Ich würde ja M-khail fragen - er ist der Einzige im Haus, der die nötige Ausbildung hat, aber das wäre nicht schicklich!
Gelächter. Das dürfte wohl kaum der passende Moment sein, um sich über Klatsch den Kopf zu zerbrechen, liebe Freundin. Lass Rafaella kommen. Ich habe bemerkt, dass Marguerida in ihrer Gegenwart ruhiger ist, und ich glaube, sie vertraut ihr auf eine Weise, wie sie uns nicht vertrauen kann. Sie waren zusammen auf dem Pfad, und das schmiedet ein Band, das fast so stark ist, wie wir es in den Türmen erfahren.
Margaret hörte ihre »Diskussion« und wünschte, sie hätte die Kraft, ihnen zu sagen, dass sie Rafaella sehr gern in der Nähe hätte. Ihre Lippen waren zu geschwollen und rissig, um verständliche Laute formen zu können, und ihre Kehle schmerzte. Ihr Geist jedoch war im Augenblick klar und ohne Wut oder Angst, und sie kostete es aus. Da war noch etwas: Wenn sie ihr Gehirn nur dazu bringen könnte, sich zu erinnern. Es betraf ihr Gepäck. Sie spürte ein nasses Tuch auf ihrem Gesicht, die Feuchtigkeit auf ihrem Mund war wundervoll. Es tat nicht annähernd so weh, wie sie erwartet hatte. Sie spürte, wie ihre Lider ganz sanft gewaschen wurden, und brachte es tatsächlich fertig, die Augen zu öffnen.
Das Licht schmerzte, und fast hätte sie die Augen sofort wieder geschlossen. Nur der Anblick von Rafaellas Gesicht bewog sie, es nicht zu tun. Rafaella sah erschöpft aus und hatte tiefe Furchen auf der Stirn, und sie wollte nicht, dass ihre Begleiterin sich Sorgen machte. »Ich gebe jetzt eine Salbe auf deine Lippen, Chiya, und es könnte ein bisschen wehtun. Aber sie hilft, damit die Risse heilen und die Schwellung zurückgeht. Ich werde versuchen, dir nicht weh zu tun, versprochen.«
»Gut.« Es schmerzte, das Wort zu sagen, aber Margaret war alles egal. Wenn ihr irgendeine Stelle weniger wehtäte, wäre sie froh. Sie zuckte zusammen, als Rafaella die Salbe vorsichtig mit der Fingerspitze auf ihren Lippen verteilte, die fast im selben Augenblick nicht mehr so sehr schmerzten. »Was ist das?«
»Na ja, wenn ich ganz ehrlich bin, benutzen wir es bei Pferden, gegen Schwellungen und Quetschungen, ich habe es nur etwas anders gemischt.«
»Gut. Für überall?«
»Ich weiß nicht recht. Es enthält Taubnessel. Schleck dir nicht über die Lippen, sonst schläft dir die Zunge ein.«
Taubnessel. Margarets müdes Hirn hielt sich an dem Wort fest, und ihr fiel wieder ein, dass sie sich an etwas aus ihrem Gepäck erinnern wollte. »Medizinkoffer«, lallte sie
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