Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
zu vertraute Quälerei und gegenseitige Beschimpfung ausartete, die mittlerweile jeder von einer Ratssitzung erwartete. Die Mattigkeit in seine n Gliedern und eine gewisse Benommenheit drohten ihn einen Moment lang zu überwältigen. Vielleicht hatte Javanne Recht – vielleicht war er trotz seiner auf Laran gründenden Macht in Wirklichkeit nicht fähig, Darkover zu regieren. Aber wenn nicht er, wer dann? Dani kam nicht in Frage, da konnte sich seine Mutter einbilden, was sie wollte, und Domenic war noch zu jung. Er selbst hatte sich sein ganzes Leben lang auf diese verantwortungsvolle Position vorbereitet, und es war ungerecht, dass er sich ihr nun, da ihm die Aufgabe zufiel, nicht gewachsen fühlte.
Dann setzte sich Lew Alton neben Dom Gabriel. Er warf Mikhail einen Blick zu, der dessen eigene Zweifel und Ängste zu spiegeln schien. Lew nickte, und plötzlich war die lähmende Müdigkeit verschwunden. Sein Kopf wurde vollkommen klar, und hätte er nicht gewusst, dass es so gut wie unmöglich war, in diesem Saal Laran einzusetzen, er hätte angenommen, seinem Schwiegervater sei es irgendwie gelungen, seinen erlahmenden Mut mit Hilfe des erzwungenen Rapports neu zu beleben. »Eigentlich gibt es sehr viel Neues zu überlegen, und ich hoffe, wir können unser kleinliches Gezänk heute einmal vermeiden«, begann Mikhail ruhig und versuchte, wie geplant Danilo nachzuahmen. Er sah, wie sich die Wangen seiner Mutter bei dieser Bemerkung röteten, und wusste, er hatte einen kleinen Treffer gelandet. Es war fast schon schändlich, wie viel Freude ihm dieser kleine Sieg bereitete, deshalb verbannte er ihn aus dem Kopf.
»Ich denke, jeder hat inzwischen mitbekommen, dass die Terraner beabsichtigen, sich in nahe Zukunft von Darkover zurückzuziehen. Mir ist bewusst, dass sich einige von uns darüber freuen werden, aber das halte ich für eine kurzsichtige Betrachtungsweise. Wenn die Föderation geht, löst sie sich noch lange nicht in Luft auf deswegen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie die Existenz Darkovers vergisst. Ich weiß, dass einige von euch genau damit rechnen, aber da irrt ihr euch!« »Was willst du damit sagen, Mikhail?«, fragte Lady Marilla mit ihrer sanften Stimme.
»Ich will damit sagen, dass sie jederzeit wiederkommen könnten, in feindlicher Absicht, sofern sie es wollen. Wenn es keine Verträge oder Abkommen mehr zu achten gilt, glauben sie vielleicht, ganz nach Belieben handeln zu können.« Er listete die vielen Möglichkeiten nicht auf – es war besser, wenn er das ihrer Fantasie überließ.
»Aber warum sollten sie das tun?«, fragte Marilla verwirrt.
»Weil sie es können«, knurrte Lew. »Die Föderation, der wir uns heute gegenübersehen, ist nicht mehr dieselbe, die zu Zeiten Lorill Hasturs nach Darkover kam, und wir sollten uns in diesem Punkt nichts vormachen.« »Ja, ja, etwas in der Art erzählst du uns seit Jahren, Lew«, fauchte Javanne. »Du alter Schwarzseher. Ich, für meinen Teil, habe dem nie viel Glauben geschenkt und tue es auch jetzt nicht.« »Das ist dein gutes Recht, Javanne, und ich hoffe nur, du musst nie erleben, dass Armida von Truppen der Föderation besetzt wird.« »Ich bin nicht leicht zu erschrecken«, antwortete sie, dennoch wirkte sie auf Mikhail verunsichert.
»Moment mal«, rief Dom Francisco Ridenow, bevor jemand anderer zu Wort kam. »Wir haben noch kein neues Oberhaupt für den Rat der Comyn gewählt, und ich denke, bevor wir richtig mit der Arbeit beginnen, sollten wir das tun. Ich nominiere Danilo Hastur und …« »Glaubst du vielleicht, du bist hier in einer Demokratie?”, unterbrach ihn Lew scharf. »Als der von Regis erwählte Erbe ist Mikhail das Oberhaupt des Rats, und wir brauchen mit der Diskussion dieser Frage keine Zeit zu vergeuden.« Dom Francisco warf Javanne einen Seitenblick zu und fuhr dann ungerührt fort. »Das sehe ich nicht so. Nur weil du immer davon ausgegangen bist, dass du einmal Regis’ Platz einnehmen wirst, Mikhail, muss es noch lange nicht so sein. Die Nachfolge ist keinesfalls geklärt. Deshalb schlage ich vor, wir wählen Danilo Hastur zum neuen Oberhaupt des Rats, weil er am meisten dazu legitimiert ist, uns zu führen.« Dani, für gewöhnlich ein ausgesprochen ruhiger Mensch, lief unschön rot an und schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Wie kannst du es wagen, einen solchen Vorschlag zu machen, du Wurm!« Dann fiel er über Javanne her, endlich bereit, allem Groll der letzten Tage freien Lauf zu lassen. »Das ist alles dein
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